13.12.2012 Aufrufe

Vom Verbot zur Gleichberechtigung - Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Vom Verbot zur Gleichberechtigung - Hirschfeld-Eddy-Stiftung

Vom Verbot zur Gleichberechtigung - Hirschfeld-Eddy-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

04 | Von der „Aktion Standesamt“ über die Eingetragene Lebenspartnerschaft<br />

<strong>zur</strong> Öffnung der Ehe<br />

So erhält heute die Forderung nach der Öffnung der Ehe für lesbische und schwule<br />

Paare neue Brisanz. Nur durch diesen Schritt können wirklich umfassend alle Diskriminierungen<br />

restlos beseitigt werden. Aber auch darüber hinaus gibt es gewichtige<br />

Gründe, die Öffnung der Ehe als verfassungsrechtlich zulässig und gegebenenfalls sogar<br />

geboten anzusehen. Schließlich ist es fragwürdig, ob es mit Art. 2 GG, dem Recht<br />

auf freie Entfaltung der Persönlichkeit vereinbar ist, wenn schwule und lesbische Paare<br />

gegenüber dritten stets zu einem Coming-Out gezwungen sind, wenn sie ihre Rechte<br />

aus der Eingetragenen Lebenspartnerschaft geltend machen wollen. Angesichts der<br />

Praxis beispielsweise katholischer Träger, Eingetragenen Lebenspartnern zu kündigen,<br />

aber auch der anhaltenden gesellschaftlichen Diskriminierung kann dieses<br />

Zwangs-Outing ein unüberwindliches Hemmnis für heiratswillige Paare darstellen.<br />

Die besten Argumente für die Öffnung der Ehe liefert das Bundesverfassungsgericht<br />

allerdings selbst: Hatte das Gericht in seinem Nicht-Annahmebeschluss von 1993<br />

noch argumentiert, es gäbe keine Hinweise auf ein verändertes Verständnis der Ehe,<br />

so hat es diese Grundlagen nun selbst geschaffen. In einem Beschluss zum Transsexuellengesetz<br />

im Jahr 2008 hat das Gericht erstmals einige wenige Ehen ermöglicht,<br />

die aus zwei Angehörigen desselben Geschlechtes bestehen. 14 Es existieren also bereits<br />

heute mit dem Segen des höchsten Gerichtes Ehen von gleichgeschlechtlichen<br />

Paaren. Auch der Volksmund spricht im Zusammenhang von Eingetragenen Lebenspartnerschaften<br />

vom „Heiraten“, von „Hochzeiten“ oder „Homo-Ehen“ 15 – ein<br />

deutliches Zeichen dafür, dass in der Öffentlichkeit keine Unterscheidung getroffen<br />

wird. In demoskopischen Befragungen zeigen sich aktuell deutliche Mehrheiten für<br />

eine Öffnung der Ehe. So stimmten im Jahr 2011 in einer Befragung 60,3 Prozent der<br />

Menschen in Deutschland der These zu, es sei „eine gute Sache“, Ehen zwischen zwei<br />

Frauen und zwei Männern zuzulassen. 16 Nicht zuletzt zeigt auch ein Blick ins Ausland,<br />

dass die Ehe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Menschen möglich ist. In West-<br />

Europa wird dies mittlerweile eher zum Normalfall. Deutschland befindet sich hier in<br />

der Sonderrolle. All dies zeigt, dass die Öffnung der Ehe machbar und notwendig<br />

ist. 20 Jahre nach der „Aktion Standesamt“ schließt sich hoffentlich bald der Kreis.<br />

.............................................................................................................................................................................................................................................................................<br />

10 1 BvR 1164/07 RN 105. | 11 Ebenda RN 112. | 12 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage von<br />

Volker Beck, BT-Drucksache 17/9002. | 13 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucksache 17/8248. | 14 1 BvR 3295/07. | 15 Der Duden gibt heute als Bedeutung von<br />

„Homo-Ehe“ umgangssprachlich für „gesetzlich anerkannte Lebensgemeinschaft zweier gleichgeschlechtlicher<br />

Partner oder Partnerinnen“ an; ursprünglich war dies ein pejorativer Kampfbegriff von militanten Gegnern der rechtlichen<br />

Anerkennung homosexueller Paare; vgl. Vonholdt, Christl Ruth u.a. (Hrsg.): Homo-Ehe. Nein zum Ja-Wort aus<br />

christlicher Sicht. Grevenbroich 2001. | 16 Zick, Andreas u. a.: Die Abwertung der Anderen. Berlin 2011. S. 204.<br />

75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!