Hinz&Kunzt 293 Juli 2017
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Hinz&Künztler<br />
Bernd<br />
Bürgermeister<br />
Olaf Scholz<br />
City Managerin<br />
Brigitte Engler<br />
Der G20 und die<br />
Obdachlosen<br />
Das ist der Gipfel: 895 Container hat die Stadt eingelagert – für teures Geld.<br />
Wenn man die nutzen würde, wären alle Hamburger Obdachlose auf einen Schlag<br />
untergebracht. Aber das will der Bürgermeister wohl nicht, nicht mal zum G20.<br />
TEXT: BENJAMIN LAUFER<br />
W<br />
er während des G20-<br />
Gipfels in Hamburg im<br />
Freien schlafen darf,<br />
war in den vergangenen<br />
Wochen hoch umstritten. Die Gegner<br />
des Gipfeltreffens hatten Camps in<br />
Stadt- und Volkspark angemeldet, die<br />
ihnen verboten worden waren. Zunächst<br />
von den Bezirksämtern, dann<br />
von der Polizei. Gegen die Verbote zogen<br />
die Aktivisten vor Gericht – nicht<br />
ohne zu betonen, dass sie ihre Zelte<br />
notfalls „überall in der Stadt“ aufstellen<br />
würden. Was die Polizei zum Anlass<br />
nahm, eine „Null-Toleranz-Politik“ gegen<br />
wildes Campen auszurufen.<br />
Und mittendrin die Obdachlosen.<br />
Sie haben ohnehin einen schlechten<br />
Stand, ihre Zelte und Platten werden<br />
von den zuständigen Bezirksämtern<br />
häufig nur zähneknirschend geduldet –<br />
wenn überhaupt. Wie sehr sie die angekündigte<br />
Null-Toleranz-Politik treffen<br />
wird, ist unklar. Man werde<br />
Protestler und Obdachlose schon auseinanderhalten<br />
können, heißt es aus der<br />
Innenbehörde. Die Sorgen vor Vertreibung<br />
seien unbegründet.<br />
Das zu glauben fällt vielen schwer, zum<br />
Beispiel Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Sozialarbeiter<br />
Stephan Karrenbauer. „Selbst ich hätte<br />
meine Schwierigkeiten, Obdachlose<br />
von Aktivisten zu unterscheiden“, sagt<br />
er. Wie schon im Mai fordert er von<br />
„Setzen Sie<br />
zum G20 ein<br />
Zeichen!“<br />
BIRGIT MÜLLER<br />
20<br />
der Stadt Unterkünfte oder eine Ausweichfläche<br />
für alle Obdachlosen, die<br />
wegen des G20-Gipfels ihre Platten<br />
räumen müssen.<br />
Diese Forderung hat Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
im Juni noch einmal unterstrichen – mit<br />
einem offenen Brief an den Ersten Bürgermeister<br />
Olaf Scholz, Sozialsenatorin<br />
Melanie Leonhard und Innensenator<br />
Andy Grote (alle SPD). „Der Gipfel löst<br />
bei Normalbürgern ja schon Unsicherheit<br />
und Ängste aus“, schreibt Chefredakteurin<br />
Birgit Müller darin. „Vielleicht<br />
können Sie dann ermessen,<br />
welche Verunsicherung und Ängste das<br />
zu erwartende Polizeiaufgebot und die<br />
Vorkehrungen bei Menschen auslösen<br />
können, die physisch wie psychisch an<br />
der Wand stehen.“ Müllers Wunsch:<br />
Die adressierten Politiker mögen ein<br />
Zeichen setzen, „indem Sie zeigen, dass<br />
Hamburg sich gerade jetzt um seine<br />
schwächsten Bürger kümmert“.<br />
Zumal das ganz einfach wäre: Das<br />
Winternotprogramm am Schaarsteinweg<br />
steht leer – und die Stadt lagert<br />
derzeit 895 Container ein. „Wenn man<br />
die nutzen würde, hätte Hamburg keine<br />
Obdachlosen mehr“, sagt Sozialarbeiter<br />
Karrenbauer.<br />
Schutz der Obdachlosen zum G20,<br />
mit dieser Forderung steht Hinz&<strong>Kunzt</strong><br />
nicht alleine da. Auch das City Management,<br />
ein Zusammenschluss von<br />
Hamburger Geschäftstreibenden, sieht<br />
Handlungsbedarf: „Die Innenstadt ist<br />
auch ein Lebensraum für Obdachlose“,<br />
sagt Geschäftsführerin Brigitte Engler<br />
im Gespräch mit Hinz&<strong>Kunzt</strong>. Sie sei-<br />
FOTOS (VON LINKS): DMITRIJ LELTSCHUK, FLORIAN JAENICKE, CITY MANAGEMENT,<br />
G2 BARANIAK, BINA ENGEL, AMBULANTE HILFE HAMBURG E. V.