Hinz&Kunzt 293 Juli 2017
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
WWW.HINZUNDKUNZT.DE<br />
Stadtgespräch<br />
Respekt getan haben, die ihm auf St.<br />
Pauli entgegengebracht wurden. Wie er<br />
es dadurch geschafft hat, von den Drogen<br />
loszukommen und Stabilität in sein<br />
Leben zu bringen.<br />
Peter liebte die Frauen. Sein größter<br />
Wunsch war es, eine Frau für immer<br />
zu finden. Gemeinsam wären sie dann<br />
in einem kleinen Wohnmobil um die<br />
Welt gereist. „Davon hat er immer geträumt“,<br />
sagt Karrenbauer. Doch dazu<br />
ist es nicht mehr gekommen. Im Gegenteil,<br />
Peters letzte große Liebe endete<br />
tragisch: Die Frau war drogenkrank,<br />
und so baute auch Peter nach langen<br />
Jahren einen Rückfall.<br />
viele, die Peter kannten: alteingesessene<br />
Kiezianer. Kollegen von Hinz&<strong>Kunzt</strong>.<br />
Studentinnen aus der Nachbarschaft,<br />
die Peter stets freundlich grüßte. Und<br />
vier Rocker aus Baden-Württemberg,<br />
die zufällig im Silbersack waren, als die<br />
Trauergesellschaft einmarschierte. Sogar<br />
ihnen war Peter bekannt. Einer erzählt,<br />
dass er jedes Mal, wenn er in<br />
Hamburg war, eine Zeitung bei ihm gekauft<br />
hat. „Ich habe noch nie einen Zeitungsverkäufer<br />
erlebt, der so dankbar<br />
war“, erzählt er.<br />
Peters letzter Abend geht erst nach<br />
Stunden zu Ende. Pastor Sieghard<br />
Wilm ist gerührt: „Das gehört zu den<br />
schönsten Momenten, die ich als Pastor<br />
erleben kann. Dass Leute jemanden<br />
nicht vergessen, der gestorben ist.“ •<br />
Kontakt: benjamin.laufer@hinzundkunzt.de<br />
Video vom Trauermarsch:<br />
www.hinzundkunzt.de/thema/peter<br />
Die Jukebox<br />
spielte Lieder,<br />
die Peter sich<br />
gewünscht hatte.<br />
Dabei war Peter einer, der sich nicht<br />
leicht unterkriegen ließ: Nach einer<br />
Operation konnte er sich nicht mehr<br />
gut bewegen. Sein Halswirbel war versteift,<br />
seitdem ging er gebückt. Danach<br />
wollte er alles geregelt wissen, fertigte<br />
sogar ein Testament an, für den Fall der<br />
Fälle. Weiter ging es für ihn dennoch:<br />
Mit Gehwagen und Elektroroller konnte<br />
er noch verkaufen.<br />
Als ihm sein Rolli eines Tages geklaut<br />
worden war, zeigte sich, wie gut<br />
Peter auf dem Kiez vernetzt war: Seine<br />
Nachbarn vom Schmidt Theater sammelten<br />
für ihn und schenkten ihm einen<br />
neuen Rolli.<br />
Im Silbersack schwelgen die Gäste<br />
in Erinnerungen. Die Jukebox spielt dazu<br />
Lieder, die sich Peter in seinem Testament<br />
für seine Trauerfeier gewünscht<br />
hatte. Auf den dunklen Holztischen im<br />
verrauchten Silbersack stehen pinkfarbene<br />
und gelbe Rosen in mit Wasser gefüllten<br />
Saftflaschen. Drumherum sitzen<br />
Tschüss, Peter! Im Silbersack<br />
saßen alle noch lange zusammen,<br />
die dem Verkäufer das Geleit gaben.<br />
Die Hinz&<strong>Kunzt</strong>-Kollegen Sigi,<br />
Jens und Sergej (oben, von links)<br />
nahmen genauso Abschied wie<br />
Studenten aus der Nachbarschaft.<br />
9