sportFACHHANDEL 11_2017 Leseprobe
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28 | INDUSTRIE | Mixed <strong>11</strong>.<strong>2017</strong><br />
VIELE MASSNAHMEN, KAUM FORTSCHRITTE<br />
Produktpiraten<br />
entern weiter<br />
Das Thema Produktpiraterie kostet die G20-Staaten laut der 2015 gegründeten Coalition Against Illicit Trade<br />
(CAIT) fast 80 Mrd. Euro pro Jahr. Sport- und Outdoorartikel stehen neben Modefälschungen wieder hoch in<br />
Kurs. Die EU und auch der Verband der europäischen Sportartikelindustrie FESI wollen jetzt strikt dagegen<br />
ankämpfen. Strategiegespräche dazu haben auch auf der OutDoor stattgefunden. Text: Nicolas Kellner<br />
Produktfälscher kosten den Handel<br />
viel Geld und Kunden, den Herstellern<br />
ebenfalls viel Geld und darüber<br />
hinaus Ansehen, denn zumeist ist minderwertige<br />
Ware im Umlauf. Lange schien der<br />
Kampf gegen Fälscher verloren – nicht ganz<br />
ohne eigenes Mittun, denn Überproduktion<br />
und unreflektierte Belieferung aller<br />
möglichen Handelskanäle öffnete dem<br />
Graumarkt Mitte bis Ende der Neunziger<br />
Jahre Tür und Tor. Davon waren nahezu alle<br />
großen Sportartikelmarken, vor allem aber<br />
Asics, Adidas, Converse, Nike und<br />
Puma betroffen. Fliegende Händler<br />
und selbst auch die bekannten<br />
CC-Märkte schienen keine Nachschubprobleme<br />
zu haben ...<br />
Die beliebtesten Einfallstore nach<br />
Europa waren die Containerhäfen in<br />
Rotterdam und Hamburg, aber auch<br />
über die Schweiz blühte das fröhliche<br />
Hin und Her von Graumarktware.<br />
Zu zaghaft wurde versucht,<br />
über Rauskäufe und das Aufdecken<br />
von schwarzen Schafen unter den<br />
Händler das Problem einzugrenzen.<br />
Schließlich drängten wirtschaftliche<br />
Zwänge die Hersteller dazu, ihre Produktionen<br />
zu drosseln beziehungsweise<br />
marktgerechter zu planen.<br />
Die Anbieter bemühten sich immer<br />
stärker, europaweit einheitlich<br />
gekennzeichnete Ware zu vertreiben,<br />
sodass deren Querverschiebungen<br />
im Ernstfall eindeutig nachweisbar<br />
wurden. Die Situation beruhigte<br />
sich – bis Onlinemarktplätze die Rolle<br />
der fliegenden Wochenmarkthändler<br />
übernahmen! Erst Ebay & Co., später<br />
aber auch einst reine Sourcingplattformen<br />
aus Asien wie Alibaba<br />
wurden zu beliebten Tummelplätze für Fälscher<br />
und Graumarktspezialisten. Auch hier<br />
versuchten wieder Hersteller über Abmahnungen<br />
und weitere rechtliche Schritte, dem<br />
Treiben Herr zu werden. Deuter und Asics<br />
wurden sogar vor Gericht gezogen im Kampf<br />
um ihre selektiven Vertriebsvereinbarungen,<br />
über deren Sinn und Unsinn bis heute noch<br />
zuweilen hitzig diskutiert wird.<br />
Letztendlich ist bis heute nur leicht<br />
der Deckel auf dem Topf, in dem es aber<br />
nach wie vor brodelt. Dazu agieren die<br />
Fälscher immer frecher, wie das Beispiel<br />
adidasstorewien.at, einer österreichischen<br />
Website zeigt. Die Website vertrieb<br />
Produkte der Marke Adidas zu günstigen<br />
Preisen. Kunden berichteten darüber, dass<br />
bezahlte Ware nie ankommt, über mangelhafte<br />
Ware oder von überhöhten Kreditkartenabrechnungen.<br />
Laut Watchlist-Internet<br />
handelte es sich bei der angebotenen Ware<br />
um Fälschungen. Kunden, die auf www.<br />
adidasstorewien.at kauften, müssten davon<br />
ausgehen, dass der Zoll die Ware<br />
bei der Einfuhr in die Europäische<br />
Union beschlagnahmt, und – falls<br />
kein Widerspruch erfolgt – vernichtet.<br />
Ebenso sei mit hohen<br />
Zusatzkosten zu rechnen (etwa Einfuhrumsatzsteuer,<br />
Zollgebühren,<br />
Serviceentgelte). Mittlerweile ist<br />
die Website, hinter der Recherchen<br />
zufolge chinesische Abwickler und<br />
Zahlungsempfänger stehen sollen,<br />
wieder abgeschaltet.<br />
Wegen der zunehmenden<br />
Verbreitung von Fälschungen<br />
hat der Trendschuh-Hersteller<br />
Birkenstock im letzten Jahr den<br />
Verkauf seiner Produkte auf der<br />
Amazon-Plattform in den USA<br />
gestoppt. Amazon habe Tür und<br />
Tor geöffnet für den Verkauf von<br />
Billigkopien aus China, so ein Birkenstock-Sprecher<br />
gegenüber der<br />
Deutschen Presse-Agentur. Dabei<br />
gehe es vor allem um die Angebote<br />
von eigenständigen Händlern,<br />
die Amazon als Online-Plattform<br />
nutzen. Die Amazon-Plattform<br />
in Europa sei allerdings nicht<br />
betroffen.<br />
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