VSAO JOURNAL Nr. 5 - Oktober 2017
Sauber - Diabetes/Mineralstoffe, Zulassungssteuerung: nächste Runde
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FOKUS ▶ SAUBER<br />
«Es gehört zum Leben»<br />
Ekelgefühle und zu viel Empathie darf Alexander Häusler nicht entwickeln. Als Tatortreiniger<br />
muss er respektvoll, aber professionell seine Arbeit erledigen. Oftmals trifft er auf total<br />
vermüllte Wohnungen, in denen Menschen verstorben und während einer gewissen Zeit<br />
unentdeckt geblieben sind. Wichtig ist es ihm, trotz widerlichen Zuständen nicht über die<br />
ehemaligen Bewohner zu richten.<br />
Mit Alexander Häusler, Tatortreiniger, sprach Catherine Aeschbacher, Chefredaktorin <strong>VSAO</strong>-Journal. Bilder: Martin Guggisberg.<br />
Waren Sie ein ordentliches Kind?<br />
Alexander Häusler: Nein eigentlich<br />
nicht. Aber offenbar war ich nie speziell<br />
heikel. Als ich zehn Jahre alt war, starb<br />
meine Mutter zuhause. Meine Eltern lebten<br />
getrennt; ich war bei meinem Vater.<br />
Mit ihm zusammen ging ich nach ihrem<br />
Tod in die Wohnung, wo wir das Blut wegwischten.<br />
Das hat mir damals nichts ausgemacht.<br />
Wie sind Sie Tatortreiniger<br />
geworden?<br />
Wohl eher zufällig. Ursprünglich habe ich<br />
Koch gelernt. Danach habe ich verschiedenste<br />
Dinge gemacht, u.a. habe ich als<br />
Maler gearbeitet, Magnetspulen gewickelt<br />
und war auch als Verkäufer tätig. An meiner<br />
letzten Arbeitsstelle bin ich mit einem Tatortreiniger<br />
ins Gespräch gekommen. Seine<br />
Arbeit interessierte mich, und ich habe ihn<br />
eine Zeitlang begleitet. Danach habe ich<br />
beschlossen, mich selbstständig zu machen.<br />
Wo haben Sie Ihr Handwerk<br />
gelernt?<br />
Eine eigentliche Lehre gibt es nicht, und<br />
der Titel ist nicht geschützt. Eine sehr rudimentäre<br />
Ausbildung habe ich anfänglich<br />
von meinem Kollegen erhalten. Den<br />
grössten Teil meines Wissens, rund 95<br />
Prozent, habe ich mir jedoch selbst angeeignet.<br />
Ich lerne täglich dazu und kann<br />
auf meinen Erfahrungen aufbauen. Heute<br />
bin ich so weit, dass ich wohl als einziger<br />
Tatortreiniger Blut restlos von den<br />
Wänden entfernen kann.<br />
Was muss man sich genau<br />
unter einem Tatort vorstellen?<br />
Unter Tatort versteht man einen Ort, wo<br />
eine Leiche gelegen hat. Das muss nicht<br />
zwingend ein Gewaltverbrechen sein, oftmals<br />
sind es Suizide oder Menschen, die<br />
eines natürlichen Todes gestorben, aber<br />
nicht sofort aufgefunden worden sind. Ich<br />
habe schon Orte gereinigt, an denen ein<br />
Verstorbener drei Monate lang gelegen<br />
hat. Oftmals treffe ich auf eine Situation,<br />
wo ein völlig verwahrloster Mensch verstorben<br />
ist, d.h. auf eine Kombination<br />
zwischen Tatort und Messiewohnung.<br />
Wie viele Tatorte reinigen Sie<br />
durchschnittlich pro Jahr?<br />
Ungefähr zwischen vierzig und sechzig.<br />
Ich würde sagen durchschnittlich einen<br />
pro Woche.<br />
Von wem erhalten Sie Ihre<br />
Aufträge?<br />
Das ist ganz unterschiedlich. Zum einen<br />
sind es Behörden, die Polizei, Sozialdiens-<br />
<strong>Nr</strong>. 5 <strong>Oktober</strong> <strong>2017</strong><br />
<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />
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