Tassilo, Ausgabe November/Dezember 2017 - Das Magazin rund um Weilheim und die Seen
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iologisch wirksam durch Auszüge der<br />
Ölessenzen von Zitrone, Lavendel <strong>und</strong> Eukalyptus<br />
Ehrliche Worte zu einem äußerst sensiblen Thema: Schwester Angela<br />
Kirchensteiner im Gespräch mit „tassilo“-Redakteur Johannes Schelle<br />
in den Rä<strong>um</strong>en des ambulanten Hospizes in Bernried.<br />
Sommer <strong>und</strong> sehr heiß. Sie hat<br />
gesagt, noch einmal ihre Füße in<br />
den See strecken zu wollen. Ich<br />
habe im Krankenhaus gefragt, ob<br />
ich sie im Rollstuhl an den See<br />
fahren darf, ich habe auch gesagt,<br />
dass ich mir das als gelernte<br />
Krankenschwester zutraue. Dann<br />
bin ich mit ihr im Auto an einen<br />
großen Strand zwischen Feldafing<br />
<strong>und</strong> Niederpöcking gefahren,<br />
habe <strong>die</strong> Frau in den Rollstuhl gesetzt,<br />
sie ein gutes Stück ans Ufer<br />
<strong>und</strong> dann vorsichtig, nicht tief, ins<br />
Wasser geschoben. <strong>Das</strong> sind dann<br />
schon verrückte Sachen, <strong>die</strong> man<br />
macht. Schließlich hätte mir <strong>die</strong><br />
Dame auf dem Weg sterben können.<br />
Aber sie hat sich das so innig<br />
gewünscht, dass ich das Risiko<br />
eingegangen bin. Am Tag nach<br />
<strong>die</strong>sem Ausflug ist sie gestorben.<br />
<strong>Das</strong> Risiko hat sich defi nitiv gelohnt.<br />
Apropos Lohn. Auch Hospizarbeit<br />
kostet Geld. Finanziert sich<br />
der Verein noch immer ausschließlich<br />
durch Spenden?<br />
Nein. Der ambulante Dienst bekommt<br />
mittlerweile Zuschüsse<br />
von den Krankenkassen, von denen<br />
unter anderem <strong>die</strong> Gehälter<br />
der hauptamtlichen Mitarbeiter<br />
größtenteils bezahlt werden. Auch<br />
Sachkosten können wir z<strong>um</strong> Teil<br />
angeben, <strong>die</strong> dann von der Kasse<br />
bezahlt werden. Aber: Der Hospizverein<br />
als Träger muss allein<br />
für den ambulanten Dienst <strong>r<strong>und</strong></strong><br />
50 000 Euro an Spenden <strong>und</strong> Beiträgen<br />
pro Jahr einbringen, <strong>um</strong><br />
alles zu finanzieren. Im stationären<br />
Hospiz in Polling gibt es einen<br />
Tagespflegesatz, der zu 95 Prozent<br />
von der Kranken- <strong>und</strong> Pflegekasse<br />
bezahlt wird. Aber auch dort brauchen<br />
wir mindestens 150 000 Euro<br />
Spendengelder <strong>und</strong> Mitgliedsbeiträge<br />
pro Jahr.<br />
Bekommen Sie <strong>die</strong> 50 000 bzw.<br />
150 000 Euro zusammen?<br />
Im Moment decken sich <strong>die</strong> Kosten,<br />
wofür wir der Bevölkerung für<br />
<strong>die</strong> vielen Spenden sehr dankbar<br />
sind. Aber das funktioniert auch<br />
nur, wenn man gute Arbeit macht<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Leute zufrieden sind.<br />
Sie leben für <strong>die</strong>sen Beruf. Viel<br />
Freizeit haben <strong>und</strong> gönnen Sie sich<br />
vermutlich nicht?<br />
Brauche ich auch nicht. Ich stehe<br />
jeden Tag <strong>um</strong> halb fünf auf <strong>und</strong><br />
meditiere bei mir im Zimmer für<br />
eine halbe St<strong>und</strong>e. Danach geht’s<br />
z<strong>um</strong> Morgengebet <strong>und</strong> zur Eucharistiefeier.<br />
<strong>Das</strong> ist für mich wie<br />
eine Art Freizeit – <strong>und</strong> erst danach<br />
geht’s zur Arbeit.<br />
Ein klassisches freies Wochenende<br />
gibt es bei Ihnen nicht?<br />
Doch. Wir wechseln uns mit der<br />
24-St<strong>und</strong>en-Rufbereitschaft so ab,<br />
dass auch ich als Hospizleiterin<br />
alle paar Wochenenden frei habe.<br />
Um dann ihren Hobbys nachzugehen?<br />
Ich genieße gerne das Freisein,<br />
lese sehr gerne <strong>und</strong> bin wie schon<br />
erwähnt viel draußen. Außerdem<br />
pflege ich sehr intensiv <strong>die</strong> Kontakte<br />
zu meiner Familie. Einer<br />
meiner Brüder ist ohnehin ganz<br />
in der Nähe, er ist der Pfarrer in<br />
Dießen am Ammersee.<br />
Weil Sie das Thema Familie ansprechen:<br />
Hatten Sie nie Sehnsucht<br />
nach einer eigenen Familie? Und<br />
gab’s Momente, in denen Sie den<br />
Schritt ins Kloster bereut haben?<br />
Eigentlich nicht. Ich bin 24-fache<br />
Tante, habe alle Kinder, Neffen<br />
<strong>und</strong> Nichten aufwachsen sehen,<br />
bin mittlerweile schon Großtante,<br />
was auch sehr schön ist. Und… ich<br />
habe einfach immer schon meine<br />
Liebe zu den Kranken gehabt. Um<br />
<strong>die</strong>sen Dienst mit Herzblut ausüben<br />
zu können, muss man auf<br />
irgendetwas verzichten.<br />
en<br />
Man hört sehr häufi g,<br />
dass <strong>die</strong> Entscheidung<br />
für ein Leben<br />
im Kloster mit „Eingebung<br />
von ganz oben“<br />
verb<strong>und</strong>en ist.<br />
Ich habe meinen n<br />
Beruf als Krankenschwester<br />
von Beginn n<br />
an sehr geliebt, habe<br />
gedacht, dass wenn n ich<br />
jetzt<br />
eine Familie gründe, der<br />
Beruf<br />
zu kurz kommt. Deshalb habe<br />
ich mich dafür entschieden, es<br />
ganz zu machen <strong>und</strong> bin mit 22<br />
Jahren in den Missionsorden der<br />
Benediktinerinnen eingetreten.<br />
Ich wollte einfach für <strong>die</strong> kranken<br />
Leute da sein <strong>und</strong> habe das bis<br />
heute mit großer Freude gemacht.<br />
Anderen Liebe zu schenken <strong>und</strong> zu<br />
sehen, wie gut es ihnen tut, gibt<br />
mir unglaublich viel. Von daher<br />
geht mir nichts ab <strong>und</strong> ich sehe in<br />
meinem Tun seit jeher einen tiefen<br />
Lebenssinn.<br />
Sie sind jetzt 64, haben das offi zielle<br />
Rentenalter bald erreicht. Wie<br />
lange möchten Sie <strong>die</strong>sen emotional<br />
sehr intensiven Beruf noch<br />
ausüben?<br />
Ich bin schon am Überlegen, aber<br />
meine Vorgesetzten haben gesagt,<br />
ich müsste unbedingt noch bleiben.<br />
Letztlich kommt es auf mein<br />
eigenes Befinden an. Sobald ich<br />
merke, dass ich der Sache sowohl<br />
körperlich als auch seelisch <strong>und</strong><br />
psychisch nicht mehr gewachsen<br />
bin, werde ich <strong>die</strong> notwendigen<br />
Konsequenzen ziehen.<br />
Was Stand jetzt nicht der Fall ist?<br />
Nein. Ich werde das ebenso auf<br />
mich zukommen lassen wie es<br />
damals bei der Gründung des<br />
ambulanten Hospiz<strong>die</strong>nstes der<br />
Fall war. <strong>Das</strong> habe ich auch nie<br />
geplant – <strong>und</strong> trotzdem hat es mir<br />
wahnsinnig viel Freude eingebracht,<br />
wofür ich schon jetzt sehr<br />
dankbar bin.<br />
js<br />
november/dezembe<br />
dezember <strong>2017</strong>|13<br />
13<br />
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