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STIEPEL HISTORISCH<br />
(ehem. Brockhauser Str. 289)<br />
seinem Onkel, dem Landund<br />
Gastwirt Gustav Hofstiepel<br />
gehörte. Er übernahm<br />
den Betrieb samt Vorräten,<br />
welche auf einer erhaltenen<br />
Inventurliste aufgeführt sind.<br />
Die nun „Haus Spitz“ getaufte<br />
Gastwirtschaft verfügte neben<br />
dem Saal über drei Gesellschaftszimmer<br />
sowie den<br />
Schankraum, wovon ausführliche<br />
Skizzen<br />
aus der Übergabezeit<br />
zeugen.<br />
Dem neuen<br />
Start kam dann<br />
jedoch der<br />
2. Weltkrieg<br />
in den Weg.<br />
Nach den ersten<br />
Bombardements<br />
durch<br />
die Alliierten<br />
kam es zum<br />
31. März 1943<br />
zu einer vom<br />
Bochumer Polizeipräsidenten<br />
erlassenen<br />
Schließung<br />
der Gastwirtschaftsbetriebe,<br />
um Menschen<br />
und sog. kriegswichtiges<br />
Material freizusetzen.<br />
Spitz protestierte vehement<br />
und doch vergeblich gegen<br />
die Schließung, u.a. durch<br />
Verweis auf die Benutzung<br />
der Wirtschaft durch den<br />
Knappenverein „Gute Hoffnung“.<br />
In Folge wurden im<br />
Haupthaus Bombengeschädigte<br />
einquartiert, der Saal<br />
als Getreide- und Möbellager<br />
genutzt und später auch<br />
Heimatvertriebene untergebracht.<br />
Erst 1948 konnte der<br />
geregelte Betrieb wieder aufgenommen<br />
werden.<br />
Im Laufe der Jahre war „Haus<br />
Spitz“ Heimat vieler Vereine<br />
und Veranstaltungen. Bis Mitte<br />
der 1950er Jahre fanden<br />
sonntags Boxkämpfe des<br />
„Boxring 48“ im Saal statt –<br />
Löcher für die Ringpfosten<br />
sind auf der Bühne bis heute<br />
vorhanden. Seit 1955 tritt die<br />
„Volksbühne Bochum“ (vormals<br />
„Kornblume“) mit Theaterstücken<br />
auf, wobei früher<br />
auch Operetten gegeben<br />
wurden. Der Geflügelzuchtverein<br />
„Phönix Stiepel“ stellte<br />
im Saal aus und der Gesangsverein<br />
„Gut Klang “ gab<br />
hier Konzerte. Zudem dient<br />
„Haus Spitz“ als Vereinslokal<br />
der Kompanien Brockhausen<br />
(seit 1977) und Mittelstiepel<br />
(seit 2015) des Bürgerschützenvereins<br />
Stiepel. Früher traf<br />
sich hier auch der Taubenverein<br />
„Rumplertaube“. Neben<br />
der Volksbühne richtet der<br />
Verein Preziosa Stiepel seit<br />
1981 Karnevalsfeiern aus, die<br />
zuvor der Schäferhundeverein<br />
zusammen mit der Ruhrlandbühne<br />
organisierte.<br />
Nach 28 Jahren als Wirt verpachtete<br />
Heinrich Spitz die<br />
Wirtschaft ab 1967 der Reihe<br />
nach an die Pächter Schmidtke,<br />
Pape und zuletzt Horst<br />
Meißner. Das Ehepaar Meißner<br />
betrieb in den 1980er<br />
Jahren auch eine Kaffeestube<br />
in einem ehemaligen<br />
Gesellschaftszimmer im Erdgeschoss.<br />
Heinrich Spitz verstarb<br />
1985 nach seiner Frau<br />
Ida, ohne dass das Ehepaar<br />
Kinder gehabt hatte. So fiel<br />
danach „Haus Spitz“ an seinen<br />
Neffen 2. Grades Gustav<br />
Hoffstiepel.<br />
Nach weiteren Verpachtungen<br />
an die Familien Meißner<br />
und Cramer übernahm 1999<br />
Bettina Hoffstiepel den Betrieb.<br />
Seitdem hat sich vieles<br />
geändert. So wurden Saal<br />
und Wirtschaft modernisiert,<br />
der Bühnenraum samt Technik<br />
auf den neusten Stand<br />
gebracht und neue Veranstaltungsformate<br />
eingeführt. Seit<br />
2016 besitzt die Gastronomie<br />
einen gemütlichen Biergarten<br />
im Innenhof rund um den<br />
1987 errichteten Brunnen, der<br />
nach wie vor zur Bewässerung<br />
des Anwesens genutzt<br />
wird. Heute, 142 Jahre nach<br />
der Eröffnung, steht Haus<br />
Spitz wie nur noch wenige andere<br />
Gastwirtschaften für den<br />
Wandel, den unsere Region in<br />
dieser Zeit erlebt hat.<br />
Text: Maximilian Willner<br />
<strong>Dezember</strong> <strong>2017</strong> | <strong>Stiepeler</strong> <strong>Bote</strong> | 13