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blu Januar 2018

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GESUNDHEIT<br />

und unterstützen das Projekt. Die HIV-Schwerpunktversorgung in<br />

Deutschland funktioniert gut. Die Zahlen der dagnä-Versorgungsforschung<br />

zeigen aber, dass deutlich über vierzig Prozent der therapienaiven<br />

Patienten Late Presenter sind. Es handelt sich zudem um ein<br />

Problem, das schon seit Jahren existiert – und bei dem Fortschritte<br />

überfällig sind. Der Ansatz zielt auf eine effizientere „Vermittlung“<br />

von Betroffenen in die Schwerpunktversorgung.<br />

TECHNIK<br />

Vernetzungsvorteile<br />

endlich nutzen<br />

Die Digitalisierung wird aktuell breit im Gesundheitswesen<br />

diskutiert. Ein Modellprojekt im Bereich soll jetzt<br />

Diagnosen verbessern. Robin Rüsenberg, Geschäftsführer der<br />

dagnä (Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in<br />

der Versorgung HIV-Infizierter e.V.) erklärt, wie das funktioniert.<br />

Welches Problem soll das Versorgungsmanagement<br />

angehen?<br />

Vorweggeschickt: Es handelt sich um ein Projekt der Axa Krankenversicherung<br />

und von ViiV, aber wir als dagnä standen beratend zur Seite<br />

Wie funktioniert das System?<br />

Diagnostiziert der Hausarzt bei einem Versicherten von AXA eine<br />

typische HIV-Indikatorerkrankung und erfasst ihn im Computerprogramm<br />

erscheint ein Versorgungshinweis, dass aufgrund dieser<br />

Risikoerkrankung ein HIV-Test ausdrücklich empfohlen wird. Bei<br />

nachfolgender Eingabe eines positiven Testergebnisses erscheint ein<br />

weiterer Versorgungshinweis zur Kooperation von AXA mit der dagnä<br />

und dem Angebot, darüber einen HIV-Schwerpunktarzt der dagnä<br />

für den Patienten zu finden. Während die allgemeine Versorgung<br />

des Patienten im folgenden Prozess auch weiterhin beim Hausarzt<br />

verbleibt, sollte die weitere Behandlung und Betreuung der HIV-<br />

Infektion so früh wie möglich durch den dagnä-Arzt erfolgen.<br />

Welche Vorteile ergeben sich?<br />

Betroffene profitieren von einer rascheren Diagnostik und damit<br />

besseren – weil zu einem medizinisch günstigeren Zeitpunkt einsetzenden<br />

– Versorgung. Denn: Bei Late Presentern sind die Therapieoptionen<br />

aufgrund der spät erfolgenden Diagnose anschließend medizinisch<br />

schwieriger und zugleich teurer. Hier liegt auch ein Vorteil<br />

des Projekts für Kostenträger, langfristig auch für die Gesellschaft.<br />

Allerdings: Für einen breiten Nutzen ist auch eine breite Anwendung<br />

notwendig. Deswegen hoffen wir, dass sich einem erfolgreichen<br />

Pilotprojekt möglichst viele weitere Akteure, vor allem Kostenträger,<br />

anschließen.<br />

HIV<br />

Wie mit der Psyche umgehen?<br />

Der HIV-positive schwule Mann<br />

gehört zu einer Minderheit<br />

innerhalb der Minderheit. Das verursacht<br />

erheblichen seelischen Stress.<br />

Besonders belastend sind neben<br />

einem positiven Testergebnis der<br />

Beginn oder eine Umstellung<br />

der Behandlung. Auch das Outing<br />

gegenüber Freunden und Partnern<br />

kann eine große Hürde darstellen.<br />

Dr. med. Steffen Heger ist Facharzt<br />

für Psychosomatische Medizin und<br />

Psychotherapie mit eigener Praxis in<br />

Köln und unter anderem Fachmann<br />

für das Informationsangebot von<br />

www.my-micromacro.net. *ck<br />

Welche psychischen Probleme beobachten<br />

Sie bei HIV-Positiven?<br />

Am häufigsten treten in diesen Zusammenhängen<br />

depressive und Angstreaktionen<br />

oder psychosomatische Symptome auf,<br />

die jeweils mit Schlafstörungen einhergehen<br />

können. Mancher reagiert auch<br />

mit gesteigertem Alkohol- oder<br />

Drogenkonsum. Das schafft dann<br />

mittelfristig eine Menge weiterer<br />

Probleme.<br />

Sind Behandler in den Schwerpunktpraxen<br />

darauf vorbereitet?<br />

Ärzte in den Schwerpunktpraxen sind<br />

üblicherweise die ersten und wichtigsten<br />

Ansprechpartner für Betroffene. Sie sind<br />

in den meisten Fällen sehr gut darauf<br />

vorbereitet, die Betroffenen in Krisensituationen<br />

aufzufangen und zu unterstützen.<br />

In bestimmten Fällen werden sie dennoch<br />

begleitend eine spezialisierte psychotherapeutische<br />

oder psychiatrische Behandlung<br />

empfehlen.<br />

Was können Freunde und Familie<br />

eventuell tun bzw. wo können sie sich<br />

informieren, wenn sie Veränderungen<br />

feststellen?<br />

Zunächst sollte man den Betroffenen<br />

offen auf wahrgenommene Veränderungen<br />

ansprechen, ohne ihn zu bedrängen:<br />

da sein, ihm zuhören, ihn ernst nehmen.<br />

Freunde sind meist die wichtigste Stütze<br />

für Menschen, die mit HIV leben. Im Idealfall<br />

können sie der Fels in der Brandung sein,<br />

indem sie unbeirrt an der Seite des Betroffenen<br />

stehen und sich nicht zurückziehen,<br />

selbst wenn die Wogen gerade hoch gehen.<br />

Das ist natürlich leichter gesagt als getan.<br />

Wenn man sich damit unsicher fühlt, kann<br />

man sich selbst Unterstützung holen. Die<br />

lokalen Aidshilfen informieren und beraten<br />

nämlich auch Angehörige und Freunde.<br />

Darüber hinaus kann man sich im Internet<br />

zum Thema HIV und Psyche informieren.<br />

Man sollte allerdings darauf achten, dass<br />

entsprechende Seiten fachlich kompetent<br />

betreut werden.

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