unternehmen Sonderausgabe Juli 2016
unternehmen Sonderausgabe Juli 2016
unternehmen Sonderausgabe Juli 2016
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>unternehmen</strong> [!] <strong>Sonderausgabe</strong> DonauMasters | <strong>Juli</strong> <strong>2016</strong><br />
[sehen]<br />
Bunt, quirlig und fröhlich<br />
So viele Partys und Übernachtungsgäste gibt es wohl in kaum einer anderen Ausstellung. Das Mercedes-Benz-Museum<br />
in Stuttgart lockt junge Leute und Kronprinzen an – und zeigt wie lebendig der Mythos Mercedes ist.<br />
Bässe wummern, Lichter glimmen und<br />
tanzende Körper huschen übers Parkett.<br />
Draußen verwandelt die aufgehende<br />
Sonne den Himmel über Stuttgart in<br />
ein rot-goldenes Meer. Ein typisches Wochenende<br />
im Partyviertel? Nicht ganz. Es ist Donnerstag<br />
5:24 Uhr. Anstelle von Cocktails<br />
schlürfen Feiernde Fruchtsmoothies oder Kaffee.<br />
Der DJ beißt beherzt in eine Karotte, während<br />
die Rhythmen ineinanderfließen. Mit<br />
ihm genießen 250 Gäste den Panoramablick<br />
über die erwachende Stadt. Sie frühstücken,<br />
plaudern und feiern auf Stuttgarts erster Pre-<br />
Work-Party im Mercedes-Benz-Museum.<br />
Mit diesem Paukenschlag läutete der Autobauer<br />
die Feierlichkeiten zum Museumsgeburtstag<br />
ein. Vor zehn Jahren, genau am 19.<br />
Mai 2006, öffnete der Prunkbau im Stadtteil<br />
Bad Cannstatt seine Pforten. 160 Automobile<br />
zieren das neunstöckige Gebäude. Dazu Motoren,<br />
Formel-1-Anzüge und Tafeln, welche die<br />
Exponate in ihren zeitgeschichtlichen Zusammenhang<br />
stellen. Gemeinsam erzählen<br />
sie eine Legende von Leidenschaft und Erfindergeist,<br />
von einem Vermächtnis, das aus unserem<br />
heutigen Leben nicht wegzudenken ist<br />
– dem Automobil. Markenschöpfer Carl Benz<br />
und Gottlieb Daimler waren nicht nur Mobilitätspioniere.<br />
„Sie verstanden früh, dass ein<br />
Unternehmen Wurzeln braucht“, erzählt Ralf<br />
Glaser, Pressesprecher des Museums. Viele der<br />
historischen Fahrzeuge auf der Ausstellungsfläche<br />
stammen aus dem Privatbesitz der<br />
Gründerväter. Gezielt für spätere Generationen<br />
aufbewahrt.<br />
Diese Sammlerstücke formen den Charakter<br />
des Museums. Das Leben aber hauchen ihm<br />
seine vielseitigen Besucher ein. 7,3 Millionen<br />
Menschen aus aller Herren Länder haben die<br />
16.500 Quadratmeter große Ausstellungsfläche<br />
bis heute erkundet. 160 verschiedene Nationalitäten<br />
wurden bereits gezählt. Bei so<br />
viel Multikulti bleiben Kuriositäten nicht aus.<br />
Etwa der lebertransplantierte Hollywood-Veteran,<br />
der darauf besteht, seinen Rotwein in<br />
Auch das gibt es in der „Langen Nacht der Museen“: Faszination Auto-Rennbahn.<br />
einem Kaffeebecher serviert zu bekommen.<br />
Zur Tarnung versteht sich. Oder die chinesische<br />
Reisegruppe, die ihr „Vesper“ auf mitgebrachten<br />
Gaskochern zubereitet. Bunt, quirlig<br />
und fröhlich. „Genau so soll es sein“, sagt Glaser<br />
und schmunzelt.<br />
NACHTS IM MUSEUM<br />
Selbst außerhalb der Öffnungszeiten, kehrt<br />
keine Ruhe ein. Dann wird das Automobil-<br />
Paradies zur Event-Location. Von Social-Media-Nights<br />
über Indoor Cycling Marathons bis<br />
hin zu Konzerten oder eben Pre-Work-Partys:<br />
(Fast) alles ist erlaubt. Wer bloggt, kann sogar<br />
im Museum schlummern. So spielten anlässlich<br />
des Jubiläums 25 Blogger „Nachts im Museum“.<br />
Mit Schlafsack und Waschzeug bepackt,<br />
streiften die Jungs und Mädels vorbei<br />
an schwarzen Oldtimern. „Geschlafen haben<br />
sie in ausgestellten Autos und Lkw“, sagt Glaser.<br />
Eine Erfahrung, welche die Meisten irgendwo<br />
zwischen traumhaft und gruselig<br />
einordnen. In jedem Fall aber als einzigartig.<br />
Ob die Silberpfeile nach Kassenschluss zum<br />
Leben erwachen, wie das die Exponate im Hollywoodfilm<br />
tun, bleibt geheim.<br />
Pressesprecher Glasers Wunschbett wäre vermutlich<br />
der 300 SLR, das sogenannte Uhlenhaut-Coupé,<br />
gewesen. Eine enge Angelegenheit,<br />
denn das teuerste Auto der Welt ist ein<br />
Sportwagen. Ursprünglich für die Rennstrecke<br />
gebaut, raste der silberne Flitzer nie mit<br />
anderen um die Wette. „Mercedes stieg 1955<br />
aus der Formel-1 aus“, erklärt Glaser, „eigentlich<br />
hätte der 300 SLR nie gebaut werden müssen.“<br />
Entwickler Rudolf Uhlenhaut tat es<br />
trotzdem. Sein Team fertigte sieben Exemplare,<br />
von denen heute noch zwei existieren und<br />
im Konzernbesitz sind. Sie sollen jeweils 80<br />
bis 100 Millionen Euro wert sein.<br />
Dass der Mercedes-Stern mehr verkörpert als<br />
hohe Wiederverkaufswerte bei Gebrauchtwagen,<br />
wird beim Schlendern durch die Sonderausstellung<br />
„Meisterstück-E“ deutlich. Im Fokus<br />
steht die E-Klasse. Jahrelang das<br />
meistverkaufte Auto der oberen Mittelklasse<br />
in Deutschland. Das Modell hat den Markenmythos<br />
mitgeprägt. „Viele Menschen verbin-<br />
23