04.02.2018 Aufrufe

Terracrop Innovation Magazin ab Februar 2018

Das Magazin für die Landwirtschaft

Das Magazin für die Landwirtschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Fünf Lügen<br />

Mit welchen Argumenten die Rentiers (Konzerne/ Investoren/<br />

Spekulanten) ihre enormen Reichtümer rechtfertigen<br />

von Guy Standing<br />

Wir leben im Zeitalter des Rentier-Kapitalismus. Dieser stellt den krisenhaften<br />

Höhepunkt eines globalen Transformationsprozesses dar, der alle<br />

prokapitalistischen Argumente entkräftet. Denn das System, das sich da<br />

herausgebildet hat, ist grundlegend anders, als seine Fürsprecher behaupten. Sie<br />

tragen das Glaubensbekenntnis zur „Freiheit der Märkte“ vor sich her und geben<br />

vor, diese weiter ausbauen zu wollen. Das ist nicht wahr. Die gegenwärtige<br />

Marktwirtschaft ist ganz und gar unfrei.<br />

Wie können Politiker behaupten, wir hätten ein System marktwirtschaftlicher<br />

Freiheit, wenn Unternehmen durch Patente 20 Jahre lang Monopoleinkünfte<br />

einfahren können und damit jeglichen Wettbewerb verhindern? Wie können sie<br />

von freien Märkten sprechen, wenn das Urheberrecht noch 70 Jahre nach dem<br />

Tod des Urhebers dessen Erben ein garantiertes Einkommen zuspricht? Aber<br />

statt diese und andere Negationen der Freiheit des Markts zu unterbinden,<br />

schaffen die Staaten Regeln, die sie noch verstärken.<br />

Das System der Einkommensverteilung des 20. Jahrhunderts ist<br />

zusammengebrochen. Seit den 1980er Jahren geht in den meisten wichtigen<br />

Volkswirtschaften ein immer geringerer Anteil des Gesamteinkommens an die<br />

Erwerbstätigen. Die durchschnittlichen Reallöhne stagnieren oder sind sogar<br />

rückläufig. Heute häuft eine winzige Minderheit von Menschen und<br />

Unternehmen einen gigantischen Reichtum an, und zwar nicht durch „harte<br />

Arbeit“ oder produktive Tätigkeit, sondern durch sogenannte<br />

Renteneinkommen.<br />

Rentiers beziehen ihre Einkünfte aus dem Besitz knapper oder künstlich knapp<br />

gehaltener Vermögenswerte. Am bekanntesten sind die Renteneinnahmen aus<br />

Grund und Boden, Häusern, Rohstoffen oder Finanzinvestitionen. Aber auch<br />

andere Quellen spielen eine immer wichtigere Rolle: Schuldzinsen, die an die<br />

Kreditgeber gehen, Erträge aus „geistigem Eigentum“, Renditen aus<br />

Kapitalanlagen, überhöhte Profite aus Monopolunternehmen, Einkünfte aus<br />

Subventionen oder auch Gewinne von Finanzvermittlern aus Geschäften mit<br />

Dritten.<br />

John Maynard Keynes (1883–1946) tat den Rentier als „funktionslosen<br />

Investor“ <strong>ab</strong>, der seine Einnahmen ausschließlich durch sein Eigentum an<br />

Kapital erziele, dessen „Knappheitswert“ er ausnutze. In seiner bahnbrechenden

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!