REGIOBUSINESS - NR. 186 | 2017-11
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November <strong>2017</strong> I Jahrgang 16 I Nr. <strong>186</strong><br />
Firmen & Märkte 19<br />
Maas-Töchtern steht Abbau bevor<br />
Baustoffhandel profitabel – Die drei weiteren Gesellschaften werden in der Regelinsolvenz restrukturiert.<br />
VON MELANIE BOUJENOUI<br />
Das Unternehmen hat Tradition<br />
Für ihre vier zentralen Unternehmen<br />
– Maas Baustoffe,<br />
Maas Profile, Bemo Systems<br />
und Maas Holding – hatte die mittelständische<br />
Gruppe am 29. August<br />
dieses Jahres Antrag auf Insolvenz<br />
gestellt. Jetzt gibt es neue Regelungen<br />
für die Sanierung: Maas<br />
Profile und Bemo Systems werden<br />
im Regelinsolvenzverfahren neu<br />
strukturiert.<br />
Maas Baustoffe ist davon nicht betroffen,<br />
hier geht es planmäßig<br />
weiter. „Der Baustoffhandel<br />
musste bedingt durch die Insolvenz<br />
der Gruppe ein Eigenverwaltungsverfahren<br />
anmelden. Das Unternehmen<br />
arbeitet profitabel.<br />
Das Verfahren hat keinen Einfluss<br />
auf die Märkte und wir merken,<br />
dass die Kunden weiter zu uns stehen“,<br />
erklärt Geschäftsleiter Stefan<br />
Dowiasch. Dieser bleibt in der<br />
Unternehmensleitung zusammen<br />
mit Dirk Eichelbaum, der als Sanierungsgeschäftsführer<br />
die Leitung<br />
ergänzt.<br />
Alle zehn Baustoffmärkte werden<br />
zu den gewohnten Öffnungszeiten<br />
und mit unverändertem Sortiment<br />
fortgeführt. Damit wird sich für<br />
Mitarbeiter und Kunden auch während<br />
des eröffneten Verfahrens<br />
erst einmal nichts ändern. Der<br />
Stuttgarter Fachanwalt Michael<br />
Pluta bleibt Sachwalter für Maas<br />
Baustoffe: „Wir wollen eine Investorenlösung<br />
erzielen. Der vorläufige<br />
Gläubigerausschuss hat in der<br />
vergangenen Woche grünes Licht<br />
für einen Investorenprozess gegeben.“<br />
Es seien bereits verschiedene<br />
Gespräche am laufen. Anders<br />
sieht die Lage bei den Maas-<br />
Im Jahr 1948 wurde es von Walter Maas als Fuhrunternehmen für<br />
Sand- und Schüttgüter gegründet. 1992 übernahm Reinhard<br />
Maas als alleiniger Gesellschafter die Firma und im Jahr 2000 den<br />
Stehfalzhersteller Bemo aus Reutlingen. Damit wurden die Weichen<br />
gestellt, für das internationale Geschäft mit Partnerfirmen.<br />
Dennoch geriet die Maas-Gruppe in eine finanzielle Schieflage.<br />
Töchtern aus: Für die Dachprofilproduktion,<br />
den Dachkonstrukteur<br />
Bemo sowie die operativ<br />
nicht tätige Holding, wurde Pluta<br />
vom Amtsgericht Heilbronn als Insolvenzverwalter<br />
im Regelinsolvenzverfahren<br />
bestellt.<br />
Handel: Die Hauptniederlassung in Ilshofen-Eckartshausen wird in Eigenverwaltung saniert.<br />
ANPASSUNGEN Das erklärte<br />
Ziel sei es Lösungen für die Fortführung<br />
der Unternehmen zu finden<br />
und möglichst viele Arbeitsplätze<br />
zu erhalten. Während der<br />
aktuellen Prüfungsphase seien<br />
noch keine konkreten Entscheidungen<br />
gefallen.<br />
Sicher sei aber, dass der Fokus<br />
bei Profile und Bemo auf die Umsetzung<br />
lukrativer Aufträge gelegt<br />
werden soll. Das bezieht sich vor<br />
allem darauf, dass es mit der Wirtschaftlichkeit<br />
bei den Aufträgen<br />
wahrscheinlich nicht immer<br />
passte. Denn trotz Vorzeigeprojekten<br />
wie „The Squaire“ am Frankfurter<br />
Flughafen und Referenzen<br />
in allen Klimazonen der Welt, wie<br />
zum Beispiel Velodrom und Center<br />
Court in Griechenland, Wie-<br />
Wu-Ying Center in Taiwan, New<br />
Doha International Airport in Katar,<br />
Dubai Flower Center oder Petrobas<br />
in Brasilien, war die<br />
Gruppe in finanzielle Nöte geraten.<br />
Als weitere Sanierungsmaßnahmen<br />
stünden „die Straffung<br />
des Produktportfolios und die Optimierung<br />
des Produktkonzepts“<br />
an.<br />
PERSONALABBAU Übersetzt<br />
bedeutet das: Kürzungen in der Angebotspalette,<br />
der Produktion<br />
und schlussendlich auch bei der<br />
Mitarbeiterzahl. Wie viele Arbeitsplätze<br />
im Zuge der Anpassungen<br />
tatsächlich abgebaut werden, ist<br />
noch nicht klar. „Unser Team<br />
wird die Restrukturierung umsetzen.<br />
Maas Profile und Bemo Systems<br />
Engineering haben Zukunftschancen“,<br />
verkündet Pluta.<br />
Zu seinem Sanierungsteam gehören<br />
Betriebswirt Reinhard<br />
Wünsch, Diplomkauffrau Martina<br />
Hengartner sowie Sanierungsmanager<br />
Helmuth Rauscher. Derzeit<br />
sind 251 Mitarbeiter bei den beiden<br />
Gesellschaften beschäftigt.<br />
Insgesamt arbeiten 370 Mitarbeiter<br />
bei der Gruppe, davon <strong>11</strong>9 im<br />
Baustoffhandel. Auch hier laufen<br />
die Gespräche. Bei dem Unwetter<br />
im Jagst- und Kochertal vor einem<br />
Jahr, ging die Maas-Baustoffe Filiale<br />
in der Gaisbacher Straße 29,<br />
in Künzelsau buchstäblich unter.<br />
Das war sicher nicht der Auslöser<br />
für die Abwertsbewegung der<br />
Maas-Kette, passt aber zur Stimmung.<br />
Allerdings ist die Filiale wieder<br />
vollkommen hergestellt.<br />
www.maasbaustoffe.de<br />
www.maasprofile.de<br />
www.bemo.com<br />
Foto: Maas<br />
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RECHTS-TIPP<br />
Neues Baurecht ab 2018<br />
Durchgreifende Änderungen im Bau- und Architektenrecht<br />
Mit Wirkung zum 01.01.2018 tritt das<br />
„Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts<br />
und zur Änderung der kaufrechtlichen<br />
Mängelhaftung“ in Kraft und<br />
führt unter anderem zu durchgreifenden<br />
Änderungen im Bau- und Architektenrecht.<br />
❚ Die gesetzliche Neuregelung umfasst<br />
knapp 50 Paragraphen. Teilweise werden<br />
die bereits bestehenden Regelungen nur<br />
modifiziert, teilweise schafft das Gesetz<br />
eine völlig neue Rechtslage, auf die<br />
sich die Beteiligten ab dem 01.01.2018<br />
zwingend einstellen müssen. Es wird<br />
daher für all diejenigen, die mit Bauund<br />
Architektenrecht zu tun haben, aber<br />
auch für alle, die mit Baustoffen handeln,<br />
unumgänglich sein, sich mit den Neuregelungen<br />
auseinanderzusetzen, um rechtliche<br />
Nachteile zu vermeiden. Ein Schwerpunkt<br />
der Gesetzesinitiative ist es auch,<br />
die Rechte der Verbraucher zu schützen.<br />
Daher wird es insbesondere bei Bauverträgen,<br />
die mit Verbrauchern im Sinne<br />
des Gesetzes geschlossen werden, erhebliche<br />
Veränderungen geben, auf welche<br />
entsprechend zu reagieren ist. Einmal<br />
abgesehen davon, dass der ganz<br />
überwiegende Teil der Neureglungen<br />
zwingend sein wird, wenn ein Verbraucher<br />
als Vertragspartner eines Unternehmens<br />
oder eines Baustoffhändlers<br />
involviert ist, führt die Gesetzesänderung<br />
insbesondere auch für mittelständische<br />
Unternehmen, und zwar teilweise zwingend,<br />
zu nicht unerheblichem zusätzlichen<br />
Aufwand bei der Abwicklung von<br />
Bauverträgen.<br />
Die Neuregelungen, die allerdings nur für<br />
diejenigen Verträge gelten, die ab dem<br />
01.01.2018 neu geschlossen werden (sie<br />
gelten also nicht, wenn der Vertrag noch<br />
vor dem 01.01.2018 geschlossen wurde,<br />
aber möglicherweise erst nach diesem<br />
Stichtag abgewickelt wird) sehen stichpunktartig<br />
folgende Regelungen vor:<br />
1.) Erstmalig wird im BGB für den Auftraggeber<br />
einer Bauleistung das Recht vorgesehen,<br />
dem Werkunternehmer Änderungsanordnungen<br />
zu erteilen, die für<br />
diesen auch verbindlich sind. Dieses<br />
Recht des Bestellers korrespondiert<br />
dann mit entsprechenden Vergütungsanpassungsansprüchen<br />
des Werkunternehmers.<br />
2.) In der Hoffnung, dass sich Streitigkeiten<br />
über solche zusätzlichen und geänderten<br />
Leistungen künftig schneller<br />
klären lassen, sieht die Gesetzeslage<br />
erstmals die Durchführung eines Eilverfahrens,<br />
namentlich die Beantragung<br />
einer einstweiligen Verfügung bei Streitigkeiten<br />
über das Anordnungsrecht<br />
des Auftraggebers vor, für die künftig<br />
immer unabhängig vom Streitwert die<br />
Landgerichte zuständig sein werden.<br />
3.) Ebenfalls in der Hoffnung, Baustreitigkeiten<br />
künftig einzudämmen, sieht das<br />
neue Gesetz Regelungen zur fiktiven<br />
Abnahme und zur Zustandsfeststellung<br />
von Bauleistungen vor, wenn der Auftraggeber<br />
die Abnahme der Leistung<br />
wegen tatsächlich vorhandener oder<br />
möglicherweise nur vorgeschobener<br />
Mängelbehauptungen verweigert. Hier<br />
mussten die Parteien bislang auf richterliche<br />
Rechtsfortbildung zurückgreifen.<br />
4.) Eine echte Neuerung stellen die gesetzlichen<br />
Regelungen zu den Inhalten von<br />
Architekten- und Ingenieurverträgen<br />
und Bauträgerverträgen dar. Selbiges<br />
gilt für gesonderte Regelungen, wenn<br />
der Auftraggeber eines Bauvorhabens<br />
ein Verbraucher ist (Verbraucherbauvertrag).<br />
In letztgenanntem Fall ergeben<br />
sich für den Werkunternehmer<br />
teilweise in erheblichem Umfang neue<br />
Dokumentations- und Aufklärungsverpflichtungen.<br />
Hinzu kommt, dass ein<br />
Verbraucher künftig ein erleichtertes<br />
Recht zum Widerruf eines Bauvertrages<br />
hat.<br />
5.) Um der teilweise schleppenden Zahlungsmoral<br />
der Auftraggeber von Bauvorhaben<br />
entgegenzuwirken, sieht das<br />
Gesetz schließlich verschiedene Neuregelungen<br />
für Abschlags- und Schlusszahlungen<br />
vor.<br />
6.) Während in der Vergangenheit schon<br />
immer das Recht der Kündigung aus<br />
einem wichtigen Grund gegeben war<br />
und sich der Kern der juristischen Auseinandersetzung<br />
darauf konzentrierte,<br />
wann ein solches Recht denn bestehen<br />
kann, sieht das Gesetz nun erstmalig<br />
eine Normierung der Voraussetzungen<br />
vor, wann eine Kündigung aus wichtigem<br />
Grund zwischen den Parteien<br />
eines Bauvertrages erfolgen kann.<br />
7.) Für die Gerichtspraxis wird es eine<br />
erfreuliche Erleichterung werden, dass<br />
RA Dr. jur. Bernd Kober<br />
Fachanwalt für<br />
Bau- und Architektenrecht<br />
Fachanwalt für<br />
Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
es künftig zwingend an den Landgerichten<br />
für Bau- und Architektenstreitigkeiten<br />
die Zuständigkeit der Baukammer<br />
als Spezialkammer geben<br />
wird. Für die Streitparteien sollte diese<br />
Regelung zu einer Verfahrensverkürzung<br />
sowie zu einer höheren Qualität<br />
gerichtlicher Entscheidungen führen.<br />
Die neuen Regelungen sind das Ergebnis<br />
langjähriger und teilweise heftig geführter<br />
Diskussionen während der Vorbereitung<br />
der Gesetzesentwürfe und des Gesetzgebungsverfahrens.<br />
Die Baurechtspraxis wird<br />
zeigen, ob die Zweifler der Reform Recht<br />
haben werden, dass nämlich die Neuregelungen<br />
faktisch zu keiner durchgreifenden<br />
Veränderung und insbesondere Vereinfachung<br />
von Baustreitigkeiten führen werden.<br />
Wie bereits eingangs erwähnt, werden<br />
alle Beteiligten des Bauwesens sowie<br />
diejenigen, die mit Baustoffen handeln, die<br />
neue Gesetzeslage berücksichtigen müssen.<br />
Ansonsten können teilweise gravierend<br />
einschneidende Konsequenzen drohen.<br />
Wird etwa ein Verbraucher bei<br />
Abschluss eines Bauvertrages über das<br />
ihm zustehende Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß<br />
belehrt, besteht die Gefahr,<br />
dass der Bauherr dieses Widerrufsrecht zu<br />
einem sehr späten Zeitpunkt ausübt, ohne<br />
dass dem Werkunternehmer trotz aller von<br />
ihm bislang im Zusammenhang mit diesem<br />
Vertrag erbrachten Aufwendungen<br />
und Bemühungen ein Erstattungsanspruch<br />
gegenüber dem Verbraucher zusteht.<br />
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