soziologie heute April 2009
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32 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>April</strong> <strong>2009</strong><br />
Foto: Stephanie Hofschlaeger, pixelio<br />
Soziologie<br />
weltweit<br />
Ausmaß der Jugendgewalt ist rückläufig<br />
Mitte März wurde die bislang größte europäische Studie über Jugendgewalt<br />
vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) präsentiert.<br />
Das überraschende Ergebnis: In den letzten zehn Jahren sind die Gewalttaten<br />
Jugendlicher in Deutschland vielerorts leicht zurückgegangen. Allerdings<br />
sorgen sich die ExpertInnen hinsichtlich rechtsextremer Einstellungen<br />
unter den Schülern.<br />
In 61 zufällig ausgewählten Landkreisen wurden insgesamt rund 45.000 Schüler<br />
der neunten Klassen nach ihrer Einstellung zur Gewalt befragt. Mehr als<br />
drei Viertel der Jugendlichen hatten im Jahr vor der Befragung keinerlei Gewalt<br />
erfahren. Knappe 17 Prozent wurden mindestens einmal Opfer einer Gewalttat.<br />
2,9 Prozent der Jugendlichen verübten schwere Körperverletzungen.<br />
Jugendliche erfahren mehr Gewalt in ihren Familien als durch Gleichaltrige.<br />
Von schwerer Gewalt, wie z. B. durch Fausthiebe, berichteten 5,7 Prozent<br />
der Befragten. Laut Statistik ist die Zahl meldepflichtiger Rauf-Unfälle, bei<br />
denen ein Arzt eingeschaltet werden musste, zwischen 1997 und 2007 um<br />
31,3 Prozent gesunken.<br />
Obwohl die Straftaten der Polizeilichen Kriminalstatistik ein konträres Bild<br />
ergeben, meint der KFN-Direktor, dass der seit 1998 registrierte Anstieg von<br />
Jugendgewalt um 28,4 Prozent zum Großteil auf die höhere Anzeigebereitschaft<br />
zurückzuführen ist. Bei den befragten Jugendlichen hat die Akzeptanz<br />
von Gewalt deutlich abgenommen. Darüber hinaus hat sich in den Schulen<br />
auch eine „Kultur des Hinschauens” entwickelt.<br />
Die Ergebnisse des kriminologischen Forschungsberichts decken sich mit<br />
den Ergebenissen vieler anderer Studien. So spricht etwa die Shell-Studie<br />
2006 davon, dass die Jugend sehr pragmatisch und konstruktiv sei. Die Jugend<br />
wolle wieder etwas erreichen.<br />
Als unerfreulich betont die KFN-Studie den relativ starken Zulauf Jugendlicher<br />
zu rechtsextremen Gruppen. 4,9 Prozent der Befragten gaben an, Mitglied<br />
einer rechten Gruppe oder Kameradschaft zu sein. Knappe 30 Prozent<br />
vertraten die Auffassung, in Deutschland gebe es zu viele Ausländer. Darüber<br />
hinaus begehen Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger Gewalttaten<br />
als deutsche Jugendliche. Mit 9,4 Prozent bei den Mehrfachtätern erzielen<br />
Jugendliche aus dem einstigen Jugoslawien den höchsten Wert, gefolgt<br />
von Türken mit 8,3 Prozent.<br />
Verwahrlosung und Gewalt sind soziale Probleme und keine ethnischen. Eine<br />
Schlüsselrolle spielt dabei die Bildung. In Hannover hat sich in den Jahren<br />
1998 bis 2006 der Prozentanteil, welche einen Realschulabschluss oder das<br />
Abitur anstrebten, von 52 auf 67,5 Prozent erhöht; ihre Mehrfachtäterquote<br />
halbierte sich auf 7,2 Prozent.