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soziologie heute April 2009

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<strong>April</strong> <strong>2009</strong> <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> 9<br />

Müller: Dieser Gedanke irritiert die<br />

meisten Menschen <strong>heute</strong> und man<br />

fragt sich, wer denn dann gegeneinander<br />

spielen soll. Aber zunächst mal<br />

muss man sich verdeutlichen, dass es<br />

aus der Perspektive funktionaler Differenzierung<br />

gedacht, überhaupt nicht<br />

notwendig ist, dass der Vergleich sportlicher<br />

Leistungen an irgendwelchen<br />

territorialen Genzen halt machen sollte.<br />

Ebensowenig wie dies Geldströme<br />

auf Finanzmärkten oder wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse tun. Grundsätzlich<br />

könnten also die Mannschaftsaufteilung<br />

sowie Wettkämpfe im Fußball anders<br />

organisiert sein.<br />

Ein gutes Beispiel dafür ist der Konföderationen-Pokal,<br />

der ja eigentlich als<br />

Turnier der Kontinente gedacht ist.<br />

Tatsächlich spielen aber nicht etwa<br />

kontinentale Auswahlmannschaften<br />

gegeneinander (also die besten elf<br />

Spieler Europas gegen die besten elf<br />

Spieler Afrikas etc.), sondern es treten<br />

die verschiedenen Kontinentalmeister<br />

gegeneinander an (also Nationalmannschaften).<br />

DEMNÄCHST<br />

IM VS-VERLAG<br />

Marion Müller<br />

Fußball als Paradoxon der Moderne<br />

Zur Bedeutung ethnischer, nationaler<br />

und geschlechtlicher Differenzen<br />

im Profifußball<br />

<strong>2009</strong>. Ca. 300 S. Br.<br />

ISBN: 978-3-531-16608-7<br />

EUR: ca. 29,90<br />

Ethnografie des Fußballs<br />

Die Ursachen für die große Bedeutung<br />

der Nation im Fußball hat historische<br />

Ursachen. Institutionalisierung und<br />

Verbreitung des Fußballs verliefen zeitgleich<br />

mit der Durchsetzung der Idee<br />

der Nation als einziger legitimen Form<br />

staatlicher Organisation. Hier scheinen<br />

vor allem das Zeitalter des Imperialismus<br />

und die beiden Weltkriege<br />

eine wichtige Rolle gespielt zu haben<br />

- und zwar sowohl für die massenhafte<br />

Verbreitung des Fußballs als auch der<br />

Idee der Nation. Hier lassen sich einige<br />

Synergieeffekte beobachten: Der<br />

Fußball (sowie der Sport allgemein)<br />

bot eine besonders geeignete Bühne<br />

zur Inszenierung nationaler Differenzen<br />

und nationaler Einheit. Außerhalb<br />

von Kriegen wurde Nation vor allem<br />

auf dem Fußballplatz erstmals tatsächlich<br />

erfahrbare Wirklichkeit. Und<br />

andersherum erfuhr das Spiel durch<br />

die politische Aufladung und die damit<br />

verbundenen Emotionen eine Steigerung<br />

an Bedeutung und Spannung, die<br />

es für das Publikum besonders attraktiv<br />

machte. In diesem Zusammenhang<br />

scheint vor allem die Militarisierung<br />

der Fußballsprache wichtig zu sein,<br />

die übrigens auch eine entscheidende<br />

Rolle für die Durchsetzung von Fußball<br />

als Männersport spielte.<br />

***<br />

Warum stört sich beim Fußball eigentlich<br />

niemand daran, wenn Franz Beckenbauer<br />

über die „angeborene Geschmeidigkeit der Afrikaner“<br />

sinniert? Warum fi nden wir die Existenz<br />

von Ausländerregelungen in der Bundesliga<br />

so selbstverständlich? Und weshalb ist<br />

die Vorstellung so abwegig, dass Frauen und<br />

Männer gemeinsam Fußball spielen?<br />

In jedem anderen Funktionssystem wären<br />

derartige partikularistische Diskriminierungen<br />

hochgradig legitimationspflichtig. Nur<br />

im Fußball bzw. im Sport werden nationale,<br />

ethnische sowie geschlechtliche Zuschreibungen<br />

unhinterfragt akzeptiert.<br />

Wieso aber gelten Ausländerbeschränkungen<br />

und Geschlechtersegregation nicht als Widerspruch<br />

zum sportlichen Leistungsprinzip und<br />

dem Inklusionspostulat funktional differenzierter<br />

Gesellschaften?<br />

Diese Fragen werden in der vorliegenden Arbeit<br />

anhand einer historischen Analyse des<br />

Fußballsports und ethnografischer Untersuchungen<br />

in drei Bundesligaklubs beantwortet.<br />

Foto: Gerd Altmann, pixelio<br />

Fotos v.l.n.r.: : HAUK-Medien-Archiv, Peter, pixelio

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