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März 2018 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne

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FFAHRRAD & OUTDOOR<br />

FAHRRAD & OUTDOOR<br />

FAHRRAD & OUTDOOR<br />

„DAS STERNENZELT IST MEIN EINZIGER UNTERSCHLUPF.“<br />

„Micro Adventure“ nennt der moderne Städter von heute kleine, abenteuerliche Ausflüge in die stadtnahe Natur,<br />

zu denen auch eine Übernachtung im Freien gehört. Justus S.* hat selbst schon den Schlafsack auf wilden Wiesen<br />

zwischen Duisburg und Dortmund ausgerollt und erklärt Lukas Vering im Gespräch, welche Ausrüstung benötigt<br />

wird, wie legal das wilde Campen ist und wieso es ihn überhaupt vom Bürostuhl in den Mischwald zieht.<br />

Was genau ist ein Micro Adventure?<br />

Im Grunde ist „Micro Adventure“ ein Trendwort, das auf den britischen<br />

Outdoor-Abenteurer Alastair Humphreys zurückgeht. Der versteht darunter:<br />

Kurze, simple, lokale Abenteuer. Also im Grunde: Einfach mal raus in<br />

die Natur vor der Haustür! Wie groß das Mini-Abenteuer wird, entscheidet<br />

man selbst: Man kann einfach morgens in den Wald und abends<br />

zurück, die Nacht durchmachen oder eine Übernachtung einbauen. Das<br />

geht zu Fuß oder auf dem Rad. Oder man paddelt einfach über den heimischen<br />

See zu einer verborgenen Ecke. Ein bisschen abseits der geregelten<br />

Pfade gehört schon dazu, aber wirklich in die wilde Natur geht es<br />

für die meisten Micro Adventurer nicht. Viele der Wälder, die es in der<br />

Region gibt, gehen als solche auch gar nicht durch.<br />

so betreten werden. Naturschutzgebiete sind in jedem Fall tabu. Ohne<br />

Weiteres auf einer Wiese schlafen, liegt in Fragen der Legalität vielleicht<br />

in einer Dunkelgrauzone, aber wer auf seine Umwelt achtet, Müll mitnimmt,<br />

keine Brandgefahr riskiert und keine Schäden anrichtet, verhält<br />

sich zumindest moralisch richtig.<br />

Wo warst du in der Region schon unterwegs?<br />

Ganz ehrlich: Das bleibt geheim. Obwohl ich riesiger Fan bin, will ich<br />

niemandem Flausen in den Kopf setzen. Wer sich beim Thema Outdoor<br />

so gar nicht auskennt, sollte beim Thema Micro Adventure erst mal klein<br />

anfangen. Wer schon Erfahrungen gesammelt hat, wird sich ausmalen<br />

können, welche Räume sich rund ums Ruhrgebiet eignen.<br />

Warum macht man das?<br />

Besonders wer seinen Alltag im lauten, hektischen Stadtleben verbringt,<br />

kann mal eine Auszeit von alledem gebrauchen. In der Natur kann man<br />

ausspannen, die Ruhe genießen, eine Pause machen und auch über<br />

vieles Nachdenken, wofür man sonst keinen Kopf hat. Mich persönlich<br />

bringt so eine Nacht unter freiem Himmel einfach zurück auf den Boden,<br />

wenn mir alles zu viel wird. Das Alleine-Sein gehört für mich genauso<br />

dazu wie die Gerüche und Geräusche des Waldes.<br />

Gab es Grenzerfahrungen?<br />

Nichts Wildes. Ich bin schon einem Förster begegnet, der so gar kein<br />

Verständnis für das aufbringen konnte, was ich mir seiner Meinung nach<br />

da erlaubt habe. Der wollte dann auch gleich die Polizei rufen. Da hilft<br />

nur: Einsicht zeigen und weiterwandern, zur Not den Ausflug abbrechen.<br />

Auch grenzwertig war ein Regenguss, der direkt aus der Hölle gekommen<br />

sein muss – ich war innerhalb von Sekunden nass bis auf die Socken<br />

und es wurde richtig kühl. Es folgte der geordnete Rückzug.<br />

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Welche Ausrüstung braucht man?<br />

Im Grunde nicht viel: Gute Kleidung, Verpflegung, vor allem Wasser,<br />

die üblichen Hygieneartikel und sicherheitshalber Erste-Hilfe-Kit und<br />

GPS-Gerät. Taschenmesser und Taschenlampe sollte man immer dabei<br />

haben. Für die Nacht im Freien dann natürlich Schlafsack und Isomatte<br />

– und wer will, ein Zelt. Ich verzichte aufs Zelt und schlafe unter freiem<br />

Himmel. Das Sternenzelt ist mein einziger Unterschlupf.<br />

Wie gefährlich ist das?<br />

Wilde Tiere sind in stadtnahen Wäldern selten, mir ist bisher keines begegnet.<br />

Sollte man ein Wildschwein erspähen, heißt es auf jeden Fall:<br />

Rückzug! Das Wetter sollte man nicht unterschätzen und sich für sein<br />

Abenteuer einen Tag mit solider Vorhersage aussuchen. Selbst wenn<br />

man in die Baumgruppe hinterm eigenen Haus auswandert, sollte man<br />

nicht leichtsinnig etwas riskieren!<br />

Wie legal ist das?<br />

Ich sage so oft „freie Natur“, dabei ist das, was uns hier in der Umgebung<br />

als „Natur“ zur Verfügung steht, im Grunde auch kultiviertes Land. Und<br />

als solches fällt es unter etliche Reglungen. Generell ist das Zelten auf öffentlichen<br />

Gebieten untersagt und nur in gekennzeichneten Flächen erlaubt.<br />

Alles, was durch Zäune und Hecken begrenzt oder durch Schilder<br />

als solches ausgewiesen wird, gilt als Privatgrund und darf nicht einfach<br />

Was waren die Momente, die sich am meisten eingeprägt haben?<br />

Wenn man in aller Frühe aufwacht und den Morgentau im Sonnenaufgang<br />

glitzern sieht oder in einer lauwarmen Sommernacht die Sterne<br />

zwischen Baumkronen zählt, ist der Stress eines ganzen Jahres vergessen.<br />

Das sind einfach ganz persönliche Momente, in denen man ganz bei<br />

sich ist und weiß, wer man ist und wo man steht.<br />

* Name von der Redaktion geändert<br />

Naturschutzgebiete sind fürs<br />

Nächtigen in der Wildnis tabu.<br />

Fotos: u. Lukas Vering; o. AdobeStock alexlukin

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