März 2018 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne
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INTERVIEW<br />
Fotos (3): RAG<br />
Die Ära des Steinkohlebergbaus in Deutschland endet in diesem Jahr.<br />
Dirk Seemann (44) war bis Ende<br />
2016 Bergmann auf Prosper-Haniel.<br />
Dann hat er dem Bergbau<br />
den Rücken gekehrt – zumindest<br />
ein bisschen. Jetzt arbeitet<br />
er im Deutschen Bergbau-Museum<br />
Bochum (DBM). Er berichtet<br />
von seinem Neuanfang, der<br />
Bedeutung des Bergbaus und<br />
dem Ende einer Ära.<br />
Herr Seemann, wie lange haben Sie unter Tage gearbeitet?<br />
1990 habe ich meine Lehre als Industriemechaniker auf Prosper Haniel<br />
begonnen. Aufgehört habe ich Ende 2016.<br />
Was haben Sie denn nach ihrer Lehre gemacht?<br />
Nach einem Jahr Bund war ich wieder auf Prosper Haniel und war zuerst<br />
im Bergmännischen Revier. Da war man Mädchen für alles, wir waren zuständig<br />
für Baustellen, haben im Schacht gearbeitet oder auch mal ein<br />
Band freigescheppt. Dann bin ich in die Logistik gekommen und habe später<br />
als Aufsichtshauer gearbeitet. Außerdem war ich ehrenamtlich Mitglied<br />
in der Grubenwehr.<br />
Da haben Sie ja unter Tage einiges gesehen und erlebt. Was bedeutet Ihnen<br />
denn der Bergbau?<br />
Der Bergbau ist für mich mein Leben. Mein Vater war Bergmann, auch<br />
mein Opa, meine Onkels, mein Bruder und die jüngste Generation hat jetzt<br />
ihre Lehre gemacht.<br />
Was bedeutet Ihnen denn dann das Ende des Bergbaus?<br />
Foto: Helena Grebe<br />
Ich finde es sehr traurig, dass diese Entscheidung getroffen wurde. So<br />
geht eine Tradition und eine Ära zu Ende.<br />
Für Sie ging diese Ära ja vorher schon zu Ende. Wie sind Sie zum Deutschen<br />
Bergbau-Museum gekommen?<br />
Durch eine Stellenausschreibung an unserem Schwarzen Brett. Da dachte<br />
ich mir: „Das ist was, das hörst du dir mal an.“ Es hat sich gut angehört.<br />
Beim Vorstellungsgespräch hat es sich noch besser angehört.<br />
Warum haben Sie denn überhaupt eine neue Stelle gesucht?<br />
Ich bin einer von denen, die es auf der Zeche nicht mehr in den Ruhestand<br />
schaffen. Ich bin 44 Jahre alt. Wäre ich nur ein Jahr älter, dann hätte ich<br />
es geschafft und könnte in die sogenannte Anpassung gehen. Wir Jüngeren<br />
müssen uns allerdings was Neues suchen.<br />
Bei Ihnen ist es das DBM geworden. Seit wann sind Sie dort und was machen<br />
Sie?<br />
Mein erster Arbeitstag war am 2. Januar 2017. Ich arbeite als Grubenhandwerker.<br />
Wenn unter Tage was kaputt geht oder erneuert werden muss,<br />
dann machen wir das fertig. Aber wir arbeiten auch über Tage. Wir kümmern<br />
uns nach dem Umbau um die Rückführung der Objekte in die Ausstellungsräume.<br />
Haben Sie den Schritt zum DBM bereut?<br />
Nein, ich fühle mich hier pudelwohl! Es ist auch nicht viel anders, als auf<br />
der Zeche. Der Schlag Leute hier passt einfach und ich fahre jeden Morgen<br />
mit einem Lächeln zur Arbeit.<br />
Bedauern Sie es trotzdem, dass sie nicht bis zum Ende auf Prosper Haniel<br />
sein werden?<br />
Klar wäre es schön, auch die letzte Schicht auf Prosper Haniel zu machen,<br />
aber dafür habe ich mit dem Bergbaumuseum einen Sechser im Lotto gezogen.<br />
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