E_1931_Zeitung_Nr.050
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Strandbad-Nummer<br />
Bern, Dienstag, 16. Juni <strong>1931</strong> III. Blatt der „Automobil-Revue" No. 50<br />
Strandbad<br />
Braunrot leuchten die nackten Leiber<br />
Und grün oder gelb Kostüm und Pyjama.<br />
Und atle, Männer, Kinder und Weiber<br />
Liegen im Sonnenglaste da<br />
Im heissen, heissen Sand.<br />
Kühlend spült der See den Strand<br />
Und kühlt die feurige Glut.<br />
Es lärmt im Strandbad von Grammophon,<br />
Von Gekreisch und Schelten und Lache.<br />
Dort schreit eine Mutter nach ihrem Sohn,<br />
Der nicht mehr weiss, wo er hingehört,<br />
Dort tut sich was wie ein kleiner Flirt<br />
Und das Ganze ist doch eine herrliche Sache.<br />
Jochen.<br />
Begegnung im Strandbad<br />
Blltss<br />
Der Roman eines WoWhundes.<br />
(Verlag Georg Müller. München.)<br />
(Fortsetzim? aus dem HaiiDtblatt.}<br />
Eine Stunde später machte Moran bei der<br />
Hütte halt, wusch die kleinen roten Beeren in<br />
der eiskalten Quelle und tat sie in eine Zinnschüssel.<br />
Eine Büchse Rahm, den Hauptschatz<br />
seiner geheimen Vorratskammer,<br />
steckte er in die Tasche und ging zu dem<br />
Felsenvorsprung hinauf. Auf halbem Wege<br />
traf er Blitz, von dessen Maul ein kleines gestreiftes<br />
Tier herabbaumelte. Auch er brachte<br />
seine Beute herbei und legte sie dem Mädchen<br />
würdevoll zu Füssen.<br />
«Blitz, mein alter Liebling,» lachte sie. «Du<br />
bist ganz wie ein Mann. Mit deinen Leckerbissen<br />
aus den Bergen willst du um mich<br />
werben und machst mir den Hof, ebenso wie<br />
ein Mann, der seiner Angebeteten Näschereien,<br />
Schokolade und Wein bringt! Es ist dein<br />
«M"<br />
Von H. G. Evarts.<br />
mW •DO<br />
O N<br />
Die Sonne brannte auf meinen Körper nieder.<br />
Ich lag im Sand, die Arme nach hinten<br />
ausgebreitet. Sand rieselte durch meine Finger,<br />
heisser Sand brannte süss-schmerzlich<br />
in meine Haut. Unten dehnte sich das blaue<br />
Wasser, ich hörte das jubelnde Schreien der<br />
Badenden, das Plätschern, die rhythmische<br />
Bewegung der an den Strand rollenden Wellen.<br />
Neben mir ruhten in buntem Durcheinander<br />
sich sonnende Frauen und Männer. Alle hielten<br />
die Augen geschlossen, manche strichen<br />
mit den Armen leise über den Sand. Viele<br />
schliefen. Ueber mir wölbte sich in ungeheurem<br />
Schwung der tiefblaue Himmel. Ich<br />
dachte an die herrlichen Verse:<br />
«Pinienwald und Berg und Au,<br />
Tauchen in das himmlisch tiefe, fleckenlose,<br />
duft'ge Blau.-»<br />
Neben mir las jemand eine <strong>Zeitung</strong>. Meine<br />
halbdumpfen Sinne begriffen langsam. Ich<br />
kam mir so ungeheuer weit weg von allem<br />
dem vor. Im hintersten Winkel der Erinnerung<br />
lebte der Gedanke an mein Pult und<br />
den Buchhaltungschef. Ach, Sonne, Sonne,<br />
weg mit den gespenstischen Gedanken einer<br />
bösen Welt!<br />
Plötzlich fiel ein Häufchen Sand über mein<br />
Gesicht. Ich fuhr erschrocken hoch. Ein junges<br />
Mädchen in grünem Trikot stammelte errötend.<br />
Wir erkannten uns sogleich und wurden<br />
verlegen. Ich war nicht gefasst, eine unserer<br />
Stenotypistinnen hier anzutreffen. Sie<br />
wäre beim Springen beinahe über mich gestolpert,<br />
entschuldigte sie sich. Ich dachte,<br />
wie sie seit vier Jahren im billigen Dutzendkleid<br />
tagaus, tagein vor der Schreibmaschine<br />
sitzt, wie sie immer schrieb, schrieb, schrieb!<br />
Gott im Himmel! Jetzt stand sie nur mit einem<br />
grünen Kostüm bekleidet vor mir, Sonne<br />
spielte in ihrem Blondhaar: wie schön sie<br />
aussah! Sie blieb scheu, strich mit ihren Augen<br />
langsam über mein Gesicht und traf<br />
meine Augen. Am Ufer plätscherte das Wasser,<br />
der Sand knirschte in meinen Händen,<br />
Sonne strahlte heiss. Sie wollte gehen, frei<br />
wie sie war. Endlich frei! Ein stechender<br />
Schmerz durchfuhr mich, als sie sich wandte;<br />
ich sagte schneller als ich es begriff: « Bleiben<br />
Sie, bitte! »<br />
Sie drehte sich wieder; ihre Hände, die seit<br />
männlicher Trieb, das Liebchen zu füttern,<br />
nicht wahr?»<br />
Sie blickte auf — Moran stand vor ihr.<br />
Auch er war mit Näschereien gekommen.<br />
Einen kurzen Augenblick wich sie verlegen<br />
seinem Blicke aus und sah hinaus über die<br />
Berge. Gern hätte sie gewusst, ob er ihre<br />
Worte gehört hatte. Dann blickte sie ihm<br />
voll ins Gesicht und streckte ihre Hände aus.<br />
«Oh, was bringen Sie da?» rief sie. «Ich<br />
lechze nach irgend etwas Frischem!» Langsam,<br />
geniesserisch begann sie zu schmausen<br />
und bei jedem Bissen dankte sie ihm. Moran<br />
hatte ihre Worte gehört! Der Ton, den Blitz<br />
schon lange in seines Herrn Stimme gemerkt<br />
hatte, verbarg sich nicht mehr. In Jedem<br />
Wort, das er sprach, offenbarte er sich, auch<br />
das Mädchen konnte ihn hören und sie wusste,<br />
was es zu bedeuten hätte. Ein Schauer überlief<br />
sie, und ebenso wie sie nach den köstlichen<br />
Beeren verlangt hatte, ebenso lechzte<br />
sie nun nach vollem Ausdruck seines hervorbrechenden<br />
Gefühls, ja, tausendmal stärker<br />
— und doch wusste sie, dass dieses Sehnen<br />
nie Erfüllung hoffen durfte.<br />
zwei Jahren nichts als «Geehrte Herren»<br />
schrieben, spielten unschlüssig, die Augen<br />
hielt sie zu Boden gesenkt. Lächelte sie ?<br />
Sie legte sich neben mich in den Sand. Wir<br />
sagten nichts mehr, unsere Blicke verloren<br />
sich in der uegeheuren Tiefe des Himmels.<br />
Zwei Jahre hatten wir uns nur widerwillig<br />
geduldet, Konkurrenten des äussern Lebens<br />
— jenes Lebens, aus dem die <strong>Zeitung</strong> neben<br />
mir kam — nun ruhten wir in Sonne, Luft,<br />
Licht, wartend auf unsere Güte, herzklopfend.<br />
Ich dachte daran, dass ihre Hände seit<br />
vier Jahren einer Schreibmaschine gehören.<br />
Sagen konnte ich ihr es nicht. Jetzt badeten<br />
sie sich in der Freiheit der Sonne. Gütige,<br />
liebe Sonne!<br />
Sebastian.<br />
Strandbad und Automobil<br />
Die dbadbewegung ist noch relativ<br />
jungen Datums. Noch vor etwas mehr als<br />
einem Dezennium war der Begriff «Strandbad»<br />
ziemlich neu, und grosse Volksteile<br />
Bade-Freuden!<br />
(Photo Keller, Bern)<br />
Hessen sich — allerdings nur ganz im Anfang<br />
— widerstrebend von den Vorzügen<br />
des Badens in Luft und Sonne überzeugen.<br />
Zu lange hatte die offizielle Moral ihre<br />
Warnungsschilder «Nur für Männer» oder<br />
«Nur für Frauen» auf die Badeanstalten gegelegen<br />
von menschlichen Behausungen an<br />
Flüssen oder Seen seiner Begeisterung frönen.<br />
Mit der Welle von freierer, gesünderer<br />
Lebensauffassung, die nach dem Kriege<br />
viele überlieferte Traditionen wegschwemmte,<br />
erlebte auch das Strandbad eine rasche<br />
Sie sprachen nur wenig. Die Dämmerung<br />
senkte sich herab und hüllte sie ein. Abendnebel<br />
trieben über die Hügel hin, verdüsterten<br />
sich zu purpurnem Rot und schon lagen die<br />
Täler in tiefem Dunkel unter-ihnen, während<br />
die fernen, schneeglitzernden Bergesspitzen<br />
noch im Sonnenlicht erstrahlten. Des Mädchens<br />
Gemüt war traurig und umschattet,<br />
Morans Herz aber sonnig wie die funkelnden<br />
Bergesspitzen. Endlich war ringsum Nacht<br />
und nur auf dem höchsten, schneeschimmernden<br />
Gipfel der Sunlight Peaks lag einsamer<br />
Glanz.<br />
Moran nahm das Mädchen in seine Arme-<br />
Sie ruhte dort, eine lange, lange Minute hielt<br />
sie ihn umklammert. Als der letzte Schimmer<br />
in der Ferne verblasst war, entwand sie<br />
sich seiner Umarmung.<br />
«Vielleicht war es unrecht von mir,» flüsterte<br />
sie, «aber ich bin nur ein Mensch.<br />
Recht oder unrecht — ich musste diese einzige<br />
Minute mit dir haben. Eine grosse und<br />
unaussprechliche Sünde lastet auf mir, die<br />
ärgste, die ein Mädchen begehen kann.»<br />
Moran wollte sprechen, aber sie schüttelte<br />
den Kopf.<br />
klebt, und wer sich dem Genuss des erfrischenden<br />
Wassers in heissen Sommertagen<br />
hingeben, wollte, musste wohl oder übel in<br />
feucht-morschen Badekäfigen oder weit abaorxiixirxmarxaaixDrjxnxjD^<br />
Im Auto über den<br />
Vierwaldstättersee<br />
Auferstehung. Man sah plötzlich keine Unmoral<br />
mehr darin, seinen Körper der Sonne<br />
und dem Wasser offen darzubieten; die Lüsternheit,<br />
mit der man zum erstenmal das<br />
Strandbad betrat, verschwand mit den<br />
freien, gesunden Winden des offenen Bades.<br />
Mit einem Schlag erlebte das Baden am<br />
Strand, am Fluss oder an einem kleinen<br />
Gebirgssee einen gewaltigen Aufschwung.<br />
Nachdem die erste Scheu vor dem unbekannten<br />
Neuen, Reizvollen überwunden<br />
war, trat als Reaktion auf die stets mehr<br />
um sich greifende Technisierung unseres<br />
modernen Zeitalters, dieser Drang nach<br />
Wiedererleben der Natur in Sonne, Wasser<br />
und Licht auf. Das Strandbad wurde der<br />
ideale Ort für psychische und physische<br />
Ausspannung; es wurde zum Wallfahrtsort<br />
des heutigen Menschen, der seinen Bureaux,<br />
seinem drückenden, müden Alltag entrinnen<br />
und sich selbst wieder in der Wärme und<br />
im Lichte der offenen Landschaft finden<br />
will.<br />
Die Schweiz ist in mehreren Beziehungen<br />
für die Anlage von Strandbädern ideal<br />
geeignet. Kurz nachdem einmal der erste<br />
Bann gebrochen war, bauten unternehmungslustige<br />
Hotels und Kurorte grosszügige<br />
Strandbadeinrichtungen, die zum<br />
Anziehungspunkt weiter Kreise wurden.<br />
Di.».Bewegung des Strandbades ging so denn<br />
auch eigentlich von den verschiedenen Kurorten<br />
aus, die als neue Attraktion den Besuchern<br />
ein Strandbad zu bieten versuchten.<br />
An dem Aufschwung, den die Strandbäder<br />
in den letzten Jahren genommen haben,<br />
ist in ganz hervorragendem Masse das<br />
Automobil, beteiligt. Es wäre fast undenkbar,<br />
die bekannte rapide Entwicklung sich<br />
auszumalen, wenn die verschiedenen Strandbäder<br />
unseres Landes nur auf die Besucher<br />
aus der nächsten Umgebung oder auf die<br />
eisenbahnreisenden Besucher angewiesen gewesen<br />
wären". Wie kein zweites Verkehrsmittel<br />
eignete sich das Automobil zum Besuche<br />
der Strandbäder in Kurorten, an Seen<br />
und Flüssen. Die ungehemmte Beweglichkeit<br />
des idealen neuen Fahrzeuges erlaubte,<br />
in relativ kurzer Zeit aus der Stadt hinaus<br />
sich in die Erfrischung des Strandbades<br />
zu flüchten, und dabei war gleich die Möglichkeit<br />
geboten, sich ohne Mühe mit den<br />
notwendigen «Strandbadutensihen» zu versehen,<br />
die auf der Reise mit der Eisenbahn<br />
sich bald genug als höchst umständlicher<br />
Ballast erwiesen hätten. Die Bedeutung, die<br />
beute dem Automobil als Förderer des<br />
Strandbades zukommt, lässt sich schon ohne<br />
«Eines Tages vielleicht werde ich dir alles<br />
sagen — bald, noch bevor du weggehst. Du<br />
hast ein so tiefes Verständnis für Tiere, du<br />
bist so nachsichtig gegen ihre Fehler, du<br />
wirst vielleicht auch für mich Verzeihung<br />
finden.»<br />
«Was immer du auch begangen haben<br />
magst, ich will nicht darnach fragen,» sagte<br />
Moran. «Ich will es nicht wissen, es ist geschehen<br />
und damit vorbei. Du gehörst mir<br />
und bist mein durch das Gesetz der Natur.<br />
Und mich verlangt nach dir — jetzt!»<br />
«Nicht jetzt!» erwiderte sie. «Eines Tages<br />
— vielleicht. Ich kann nicht sprechen — nur<br />
hoffen. Und wenn diese Zeit kommt, dann<br />
werde ich dich rufen. Damit lass es genug<br />
sein!»<br />
«Für jetzt,» stimmte er zu. «Aber nicht für<br />
lajige mehr. Wir gehören zueinander, das ist<br />
nicht zu ändern. Nichts, gar nichts kann es<br />
auf Erden geben, das uns noch lange trennen<br />
könnte. Ein inneres Gebot hat uns zusammengeführt,<br />
das zwingendste Gesetz — die Natur.<br />
Alles Menschenwerk, das sich zwischen uns<br />
stellen will, werde ich vernichten.»<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
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Einzige und schönste Seerundfahrt<br />
Fahrplan in den schweizerischen Kursbüchern<br />
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