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E_1934_Zeitung_Nr.054

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V AUTOMOBIL-REVUE <strong>1934</strong><br />

Qualität der schweizerisch-amerikanischen<br />

Plymouth- und Dodge-Wagen nur die Versicherung<br />

eines anlässlich unseres Besuches<br />

in Arbon weilenden amerikanischen Automobilingenieurs<br />

zitieren, der erklärte, nirgends<br />

iin der Welt ein so verständiges, gewissenhaftes<br />

und handwerklich geschicktes<br />

Personal angetroffen zu haben, wie hier in<br />

der Schweiz. Es ist klar, dass der Vorzug,<br />

über durchwegs geschulte Arbeiter disponieren<br />

zu können, auch dem Arbeitsprodukt zugute<br />

kommt. Man darf sich also über diesen<br />

neuen Zweig unserer Automobilfabrikation,<br />

aufrichtig freuen. Er stellt eine glückliche<br />

Kombination der besten Werte aus zwei<br />

Ländern dar und zeigt einen sehr interessanten<br />

Ausweg aus dem Irrgarten der übersetzten<br />

Importe und der eigenen Arbeitslosigkeit,<br />

b.<br />

Rundgang<br />

durch die Montagehalle.<br />

Der Umfang und Charakter der Einrichtungen,<br />

die Saurer für die Montage der<br />

Plymouth- und Dodge-Wagen getroffen hat,<br />

bieten ein vorzügliches Beispiel für wohlüberlegte<br />

Organisation. Bei den vorgeseduktionszahlen<br />

— ca. 600 Plymouth- und<br />

henen verhältnismässig bescheidenen Pro-<br />

200 Dodge-Wagen — konnten natürlich Anlagen,<br />

wie sie etwa die Amerikaner für die<br />

Massenherstellung von Automobilen verwenden,<br />

nicht in Frage kommen. Der Besucher<br />

späht also umsonst nach Konveyern, laufenden<br />

Bändern und anderen ähnlichen Einrichtungen,<br />

durch welche die Handarbeit und der<br />

Zeitbedarf auf das letzte Minimum herabgesetzt<br />

werden. Es handelt sich ja auch nicht<br />

darum, die vorgesehene Serie Wagen in<br />

einem Tag fertigzustellen und die^ Arbeitskräfte<br />

und Einrichtungen hierauf brach liegen<br />

.zu lassen, im Gegenteil. So wie die Organisation<br />

getroffen ist, bietet sie höchste<br />

Garantie für bestmögliche Ausnützung der<br />

schon bestehenden Werte.<br />

Im übrigen ist natürlich durch scharf<br />

durchdachte Planmässigkeit dafür gesorgt,<br />

dass jede vermeidbare Leerlaufarbeit vermieden<br />

wird. Dje einzelnen Arbeitsvorgänge<br />

schliessen sich in der Reihenfolge aneinander<br />

an, die sich in langen Versuchen als die<br />

günstigste herausgestellt hat, und die Werkzeuge<br />

und Hilfsmaschinen, die ganz bedeutende<br />

Kapitalinvestitionen erforderten, wurden<br />

in ihrer Art oind, Anzahl genau-den-^orgesehenen<br />

Produktionszahlen angepässt<br />

Es versteht sich von selbst, dass man daneben<br />

aber auch so gut wie möglich von den<br />

Tricks und Erfahrungen des amerikanischen<br />

Automobilbaues zu profitieren suchte. Für<br />

die ersten Monate hat man sich zur Mitberatung<br />

in organisatorischen Fragen und zur<br />

Schulung und Instruktion der Arbeitskräfte<br />

einen amerikanischen Vorarbeiter verpflichtet.<br />

Die Bestandteile des in Entstehung begriffenen<br />

Wagens wandern von Montage-<br />

Station zu Montage-Station in zeitlich genau<br />

festgelegten Intervallen, so dass sie automatisch<br />

in einem bestimmten Moment zusammenlaufen.<br />

Jede Montage-Station hat ihre<br />

ständig gleichen Arbeitskräfte, ihre eigenen,<br />

sorgfältig ausgewählten Werkzeuge und<br />

Vorrichtungen. Das mehr oder weniger rasche<br />

Gelingen einer Arbeit ist überall vom<br />

Zufall weitgehend unabhängig gemacht. Ein<br />

Suchen nach Einzelbestandteilen oder ein<br />

weitläufiges Herholen von Hilfsmitteln gibt<br />

es nicht, denn alles ist vorbedacht und überall<br />

herrscht System.<br />

Die zur Fertig-Montage eines Wagens notwendige<br />

Arbeitszeit beträgt heute noch etwa<br />

300 Stunden. Mit der Zeit hofft man aber die<br />

Blick in eine der Spritzboxen, in denen die Karosserien ihren Anstrich erhalten.<br />

Eine Serie von Karosserien, die bereits den ersten Grundierungsanstrich aufweisen.<br />

gleiche Arbeit in 220 Stunden erledigen zu<br />

können.<br />

Ein erster allgemeiner Ueberblick über die<br />

Montage Iässt drei Haupt-«Linien» erkennen:<br />

die Montage-Linie der Karosserien, diejenige<br />

des Chassis und diejenige der Motoren. Etwa<br />

in der Mitte der Halle mündet die Motoren-<br />

Linie in die Chassis-Linie ein, während kurz<br />

vor dem Ausgang der Halle, durch den die<br />

fertigen Wagen ins Freie rollen, die Karosserie-Unie<br />

in die Chassis-Linie übergeht.<br />

«Am Anfang war das «Chaos». Hier gilt<br />

das allerdings nur insofern, als man beim<br />

Eintritt in die Halle noch nichts von den<br />

Montage-Linien erkennen kann. Soeben hat<br />

der grosse Laufkran eine riesige Kiste abgesetzt,<br />

die nun von einigen Spezialisten geöffnet<br />

wird. .Raffiniert ausgeknobelt, sinnreich<br />

ineinandergeschachtelt, enthält die<br />

Kiste die Bestandteile von nicht weniger als<br />

einem halben Dutzend Automobilen. Das<br />

Entfernen der äussersten Verschalung bringt<br />

Karosserie-Bestandteile zum Vorschein :<br />

Qrosse gepresste und gestanzte Blechtafeln,<br />

welche die Seiten- und Rückwände der Karosserien<br />

darstellen. Aufeinandergelegt sind<br />

6 Seitenwände von Karosserien, nicht viel<br />

dicker als 6 Handbreiten. Auch die Karosserie-Rückwände<br />

und Torpedo-Vorbauten passen<br />

so vollkommen ineinander hinein, dass<br />

man glauben könnte, sie hätten ihre besondere<br />

Form speziell im Hinblick auf die günstige<br />

Verpackungsmöglichkeit erhalten. Weg<br />

damit, im Schwung an der Krankette hinüber<br />

mit ihnen ins Lager, wo schon Dutzende<br />

gleicher Bestandteile auf ihre Abberufung zu<br />

den «Linien» warten.<br />

Nun stehen wir vor einem hochgetürmten,<br />

regelmässigen Stapel eiserner Rahmen, den<br />

Chassisrahmen. Ihre unverrückbare Lage erhielten<br />

sie durch eine kleinere Kiste, die ihren<br />

ganzen Innenraum einnimmt. Der Stapel<br />

Chassisrahmen bildete derart auch gleichsam<br />

die Armierung dieser « Kiste in der Kiste ».<br />

deren Volumen wiederum bis zum letzten<br />

No 54<br />

Kubikdezimeter ausgenützt ist. Zu unterst<br />

auf schweren Bolen, sind die Motoren verankert.<br />

Ueber ihnen, wiederum unverrückbar<br />

eingebaut, finden wir Achsen, Federn und<br />

anderes «Kleinzeug».<br />

Gleich neben der Stelle, an der das angekommene<br />

Material ausgepackt und sortiert<br />

wird, beginnt<br />

die Karosserle-Montage-Linie.<br />

Gehen wir ihr nach. Zuerst werden die<br />

beiden Karosserieseitenwände mit der Rückwand<br />

vereinigt. Die Vorderkanten der Seitenwände<br />

stecken in Bodenvertiefungen, so<br />

dass die Rückwand auf Brusthöhe der-Arbeiter<br />

zu liegen kommt. Einige Klammern<br />

geben den drei Teilen den provisorischen Zusammenhalt.<br />

Die definitive Vereinigung der<br />

Stossfugen geschieht durch autogene Schweissung.<br />

In wenigen Minuten haben geübte<br />

Schweisser Schweissnähte von etwa 1,5 Meter<br />

Länge fertiggestellt. Die nächste Operation<br />

besteht in der Glättung dieser Nähte.<br />

Eine mit einem Elektromotor angetriebene<br />

Schmirgelscheibe besorgt die Vorarbeit. Die<br />

endgültige Glättung geschieht durch Auftragen<br />

von Lötzinn, das zuerst in Klümpchen<br />

direkt vom Zinnstaub weg längs der ganzen<br />

Schweissnaht aufgeschmolzen, nachher, nach<br />

nochmaliger Erhitzung, mit einem Bunsenbrenner,<br />

mittels eines Holzlöffels glattgestrichen<br />

und schliesslich mit einer Schmirgelscheibe<br />

plangeschliffen wird.<br />

Zum Einbau der Torpedo-Haube mit<br />

den Dachpfeilern bedient man sich eines<br />

leicht montier- und abmontierbaren starren<br />

Rahmens, der wie eine Lehre die genaue<br />

Masshaltigkeit und das genaue Auswinkeln<br />

der Karosserieteile garantiert. Die in diesen<br />

Rahmen eingespannten Seitenwände und der<br />

Karosserievorderteil werden dann wiederum<br />

durch autogene Schweissung weniger Nähte<br />

in ein paar Minuten zu einem starren Ganzen<br />

vereinigt. Anschliessend folgt die Glättung<br />

der Schweissnähte, wie oben beschrieben.<br />

Das Stahlblech-Gebilde, das nun, nachdeipf<br />

auch noch die Türen eingesetzt worden sinct,"<br />

der späteren Karosserie schon sehr ähnlich<br />

sieht, wandert weiter in die erste Spritzbox,<br />

um hier, nachdem es gründlich entfettet<br />

wurde, die erste Lackgrundierung zu erhalten.<br />

Nach kurzer Trockenzeit kommt es in<br />

eine zweite Box, wo ein Spezialist wiederum<br />

in kürzester Zeit mit der Spritzpistole die<br />

erste Farbschicht aufträgt. Jede Karosserie<br />

erhält ausser der Grundierung drei Farbaufträge<br />

mit Nitrocelluloselack, deren ohnehin<br />

schon kurze Trockenheit in einer der vier<br />

Heizboxen verkürzt wird. Alle zum Anstrich<br />

der Karosserien dienenden Boxen wurden<br />

längs der Karosserie4Montage-Linie neu errichtet.<br />

Sie zeigen modernste Durchbildung,<br />

haben schattenfreie iMehrfach-Beleuchtung<br />

und werden durch grosse Ventilatoren, welche<br />

die Luft aus einer Oeffnung der Rückwand<br />

absaugen, fortlaufend gründlich mit<br />

Frischluft versorgt. Die isolierten Tröcknungskammern<br />

werden durch automatische<br />

Regler stets auf gleicher Temperatur gehalten.<br />

Im Anschluss an die Spritzboxen werden<br />

die Karosserien von Politur-Spezialisten in<br />

Empfang genommen, die teils mit mechanisch<br />

angetriebenen Polierscheiben, teils von Hanü<br />

dem Lack seinen Spiegelglanz verleihen. So<br />

einfach diese Arbeit auch aussieht, verlangt<br />

gerade sie doch auch wieder grosse Sachkenntnis<br />

und Erfahrung. Die mit ihr betrauten<br />

Spezialisten haben auch auf eventuelle<br />

Mängel der Spritzarbeit zu achten und für<br />

deren Beseitigung zu sorgen. Einige Schritte<br />

weiter befinden wir uns im Bereich der Satt-<br />

Ein Teil der Sattlerei-Abteilung. Hier werden die Polster mit ihrer Wattierung und ihrem Ueberzug<br />

versehen.<br />

Ausarbeitung des Karosserie-Innern. Die Innenwände und Türen haben soeben ihre Bespannung erhalten.

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