E_1935_Zeitung_Nr.043
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18 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> - 43<br />
leise. Und Fritz Reichardt sang, bis die<br />
warme Frühlingsnacht den kleinen Raum mit<br />
Schatten füllte. Auf Lene Martens schmalem<br />
Gesicht lag weisses Mondlicht. «Wie apart<br />
und hübsch sie eigentlich ist», das empfand<br />
der junge Mann mit schwerer, plötzlicher<br />
Freude. Und in der einsamen Frau war ein<br />
Aufgetansein, ein inbrünstiges Blühenwollen,<br />
wie ihre geliebten Blumen sich öffnen zur<br />
Zeit der süssen Bereitschaft. Die Maiendunkelheit<br />
trug einen Strom von Zärtlichkeit<br />
aus dem duftenden Garten in das Zimmer.<br />
Der ergriff die beiden Sehnsüchtigen und zog<br />
und trieb sie zueinander mit ernsthafter Gewalt.<br />
Als Lene Martens diesen Abend sehr spät<br />
heimging, schien ihr die alte Kirche wie ein<br />
Vorwurf dazustehen. Doch sie ging hochatmend<br />
mit starker, fast trotziger Freude<br />
vorbei. — Ein Tag reichte dem andern die<br />
Hand zu einer seligen Kette, dass die Menschen<br />
einhergingen wie Begnadete. Zweimal<br />
täglich, wie immer, ging sie an ihre Arbeit<br />
ins Lehrerhaus; viele Menschen sahen sie<br />
gehen und heimkommen; doch wenn sie das<br />
dritte Mal den Weg machte, schlich sie In<br />
der Dunkelheit den einsamen, umbuschten<br />
Pfad vorsichtig wie ein Wild, ohne Angst,<br />
ohne Nachdenken, ohne Beschämung, mit<br />
der starren Inbrunst der Stillen.— In ihrem<br />
Innern lohte eine steile Flamme; die leuchtete<br />
als zärtlicher Strahl aus ihren grauen<br />
Augen, als weiche Röte auf ihren Lippen<br />
und straffte ihren Gang, wenn sie, teilnehmender<br />
und gesprächiger als früher, durch<br />
das Dorf ging. Man merkte wohl die Veränderung<br />
in dem Wesen der Stillen, zerbrach<br />
sich aber nicht den Kopf darüber.<br />
Da musste Fritz Reichardt an die Hochzeit<br />
seiner Schwester und er verreiste für<br />
drei Tage. Die Zeit war lang, aber Lene<br />
wusste eine schöne Arbeit. «In einem Kleid<br />
aus blauer Seide müsstest du aussehen wie<br />
eine Wasserfee», hatte Fritz einmal in bewundernder<br />
Zärtlichkeit zu ihr gemeint. Sie<br />
hatte sich heimlich den Stoff besorgt und<br />
ging nun daran, das Festkleid ihrer Liebe zu<br />
nähen, das so zartblau war wie die See zu<br />
ihren Füssen. — Als Lene Martens vor dem<br />
kleinen Spiegel das blaue Seidenkleid anprobierte,<br />
fand sie sich selbst so hübsch, dass<br />
sich ein glückliches Lächeln um ihren Mund<br />
legte; was tat es, dass sie vier Jahre älter<br />
war als Fritz Reichardt? Er hatte ihr ja oft<br />
starre Gesicht, das merkwürdige Kleid, man<br />
wusste ja auch nicht... — Mit lautem Geschrei<br />
jagte eine Schar Schulkinder zum<br />
Strand hinab, Mieke dazwischen. Neugierig<br />
näherte sie sich der Fischergruppe. Die Männer<br />
sahen sich fragend an und Hessen zögernd<br />
das Kind durch ihren Kreis. Einen<br />
Augenblick stand die Kleine reglos da und<br />
Der Azay-le-Rideau durchschneidet die<br />
hellgrünen Fluten und lässt einen breiten<br />
Schaumstreifen hinter sich, das Meer liegt<br />
still wie ein Oelsee und das blendende Licht<br />
der äquatorialen Breiten spiegelt sich in ihm.<br />
Bisweilen springt ein fliegender Fisch aus<br />
dem Wasser und verbreitet weite Wellenkreise<br />
an der Stelle, wo er wieder eintaucht.<br />
Wir nähern uns Ceylon. Vom Norden —<br />
aus Indien — kommend, fahren wir durch eine<br />
Gruppe von Inseln, die steil aus dem Wasser<br />
ragen. Ceylon war einmal mit Vorderindien<br />
verbunden, aber das Meer zerstörte<br />
die Landenge und die vielen Inseln, die unser<br />
Dampfer jetzt langsam umfährt, sind die<br />
einzigen Ueberreste dieser gewaltigen Brücke.<br />
Und dann taucht ein dunkler Landstreifen<br />
am Horizont auf: Ceylon, die sagenumwobene<br />
Insel der Glücklichen, die die tropische<br />
Vegetation des Aequators und die Erdschätze<br />
Indiens in sich zu vereinigen scheint.<br />
Langsam fahren wir in den Hafen von Colombo<br />
ein, an dem Leuchtturm vorbei. In<br />
der Ferne schimmern die weissen Fassaden<br />
der grossen Hotels und die hohen Stämme<br />
der Kokospalmen biegen sich im Winde. Im<br />
Hafen ein lebhaftes Durcheinander. Viele<br />
Passagierdampfer, Cargoboote. Dazwischen<br />
die flinken Motorschaluppen der Hafenbehörden.<br />
Alle ostwärts gehenden Schiffe legen in<br />
Colombo an. Langweilig ist es hier niemals.<br />
Jetzt sind wir auf der breiten Hauptstrasse,<br />
die vom Hafen in die Stadt, führt. Weisse Arkaden<br />
zu beiden Seiten, unter welchen sich<br />
eine bunte Menschenmenge herumtreibt. Wir<br />
sehen Ceylons Bevölkerung, die ebenso<br />
genug gesagt, wie jung und hübsch sie sei. wechselreich ist wie seine Geschichte: Die<br />
Singhalesen, . mittelgross, das Haar rückwärts<br />
im Knoten aufgebunden, so dass man<br />
Heute gegen Abend musste Fritz Reichardt<br />
zurückkommen. Lene Martens, durch ihr anfangs nie weiss, ob man es mit einem<br />
kurzes Aufgerütteltsein und ihr erneutes, Mann oder einer Frau zu tun hat; die Tamils,<br />
weniger gross, die das Zeichen Siwas<br />
tiefstes Versinken in ihre Liebe zu einer<br />
grenzenlosen Empfindung emporgesteigert, auf der Stirn tragen; die Mauren, die die<br />
ging diesem Abend entgegen wie einer Offenbarung.<br />
Sie zog das Wasserfeenkleid an fahren bewahrt haben; Malayen und Burgher.<br />
Kleidung und Sprache ihrer arabischen Vor-<br />
und kämmte lange ihr Haar, dass es lose<br />
und weich über ihr Gesicht hing. So ging Zwischen dieser vielsprachigen Menge, die<br />
starrte auf die Tote. Dann schrie sie mit<br />
schriller Kinderstimme auf: «Mutter, Mutter!»<br />
Und mit ungebändigt lautem Kinderweinen<br />
warf sie sich neben der Stillen nieder.<br />
Ihre rote Haarschleife leuchtete wie<br />
eine Mohnblüte an der Brust der Toten. Etwas<br />
Heisses stieg den harten Männern in die<br />
Augen. Ja, es war also Lene Martens! —<br />
So trug man denn die arme Wasserfee in<br />
ihr Haus. Die Pfarrfrau hielt Mieke fest an<br />
der Hand. Die hat sie nie wieder losgelassen.<br />
— Der Lehrer ging nach Mexiko. —<br />
Das alte Haus steht unbewohnt und schaut<br />
mit toten Augen auf die See. Die bleibt wie<br />
sie ist, grausam und unschuldig.<br />
Singhalesen selbst machen wunderbare Arbeiten<br />
: kleine Elefanten aus Porzellan, Elfenbein,<br />
aus Ebenholz; Elefanten in allen Grossen<br />
und Farben.<br />
Uebrigens ist es interessant zu beobachten,<br />
wie diese grosse Geschäftsstrasse einige<br />
Male im Tage ihr Aussehen ändert. Wo wir<br />
eintreten, werden wir franeösisch empfangen<br />
— man weiss, wir fahren unter der Tricolore<br />
— man zeigt den Damen chinesische<br />
Seidenstoffe und empfiehlt den Herren das<br />
Gaüe-Face-Hotel, wo man den besten Aperitif<br />
bekommt. Einige schwarze Banditen wollen<br />
uns zu den singhalesischen Tänzerinnen<br />
führen und das durchdringende «Mossieu»-<br />
Geschrei der Rickshaws erfüllt die Luft. Einige<br />
Stunden nachher spricht niemand mehr französisch;<br />
denn die französischen Passagiere<br />
sind an Bord des Dampfers zurückgekehrt<br />
und ein Steamer aus Australien ist im Hafen<br />
angekommen. Sofort ändert sich das<br />
Bild. Touristenautos fahren an, alles spricht<br />
englisch und ein schwunghafter Handel in<br />
kleinen Elefanten aus- Elfenbein und Ebenholz<br />
beginnt. So geht es jeden Tag hier zu.<br />
So wie Rangoon ist auch Ceylon eine<br />
Hochburg des Buddhismus. Nach Tausenden<br />
zählen die Pilger, die jährlich die heiligen<br />
Orte besuchen, wo Gautama gelebt und gewirkt<br />
hat. Zu den beliebtesten Wallfahrtsorten<br />
gehört der Pic d'Adam, ein hoher, kegelförmiger<br />
Berg in der Umgebung von Colombo.<br />
Auf seiner höchsten Spitze sieht man<br />
in dem Felsen eine Vertiefung, die die Form<br />
eines gewaltigen Fusses hat. Das ist, sagen<br />
die Buddhisten, die Spur, die Buddha hinterliess,<br />
als er hier zum Himmel emporstieg.<br />
Nebenbei — die 1 Anhänger Brahmas behaupten,<br />
dass es Brahma, die Mohammedaner,<br />
dass es Adam war, der hier zum Himmel<br />
stieg. Ueberall, wo man hinkommt, sieht man<br />
die* Dagobas, die buddhistischen Religionstemipel.<br />
Als Buddha starb, wurde seine<br />
Asche an acht geheime Orte gebracht. Zweihundert<br />
Jahre später Hess der König Asoka<br />
die Grüfte öffnen und verteilte die Asche an<br />
sich vor den grossen Geschäften herumtreibt,<br />
leuchten die Tropenhelme der franzöbas<br />
ist immer dieselbe: Auf einer hohen<br />
die 84,000 Tempel. Die Form dieser Dago-<br />
Lene Martens den einsamen Weg auf dem<br />
hohen Ufer. Die Ruine hob sich scharf umrissen<br />
vom blassen Himmel.<br />
sischen Kolonialsoldaten und die weissen Plattform stehen 4 Altäre, unter welchen die<br />
Anzüge der Europäer, die hier auf einige Reliquie ruht. Die buddhistischen Priester<br />
Fritz Reichardt stand in der Tür des<br />
Stunden an Land gegangen sind. In den Geschäften<br />
sieht man herrliche Dinge. Die Ja-<br />
Eine braune Toga, die einen Arm freilässt,<br />
dieser Tempel tragen alle die gleiche Tracht.<br />
Schulhauses. Drei Tage der erregten Auseinandersetzungen,<br />
des Sichaufbäumens, hatpaner<br />
und Chinesen kommen mit ihrem Elfenbein<br />
und Porzellan bis hierher, und die von den Almosen .der<br />
der Kopf ist ganz glatt rasiert. Sie leben nur<br />
Gläubigen...<br />
ten harte Linien um seinen Mund und ein<br />
böses Licht in seine Augen gebracht. Voll<br />
Befremden sah er Lene Martens in dem ungewohnten<br />
Gewand herankommen. — «Ich<br />
dachte, du kämst erst morgen vormittag; ich<br />
habe mir zu heut' abend die Leute zum Singen<br />
bestellt.»<br />
«Heut' abend?» Tonlos fragte Lene es.<br />
«Ja, heute! Du weisst doch, dass ich drei<br />
Abende nicht hier war, und die Sachen müssen<br />
doch sitzen bis Sonntag!» — «Und ich<br />
dachte...» Als ein klangloses Flüstern zitterten<br />
Lene,s Worte zu dem jungen Manne<br />
empor. «Ja, was dachtest du eigentlich! Hast<br />
du vielleicht gedacht, ich sollte dich heiraten?<br />
Ich muss es dir doch einmal sagen:<br />
Uebermorgen kommt meine jüngste Schwester<br />
her und führt mir die Wirtschaft; es ist<br />
auch besser; wir haben auf der Hochzeit alles<br />
besprochen.» Das schreckliche Gefühl des<br />
Angekettetseins, das ihn bei der Rückkunft<br />
ins Dorf angefallen hatte, goss Kälte und<br />
Bitterkeit in sein Herz und seine Worte. Als<br />
er in plötzlichem Mitleid noch etwas Sagen<br />
wollte, sah er die hellblaue Gestalt schon<br />
hinter den Stäben des Zaunes verschwinden.<br />
Vom Dorf her kamen die ersten Leute zur<br />
Uebungsstunde heran. — " •••<br />
Lene Martens schritt langsam den umbuschten<br />
Pfad zurück. Ihre Arme hingen<br />
herab; durch die hellen Wimpern "rannen unaufhaltsam<br />
die Tränen. Ueber das kaum fussbreite<br />
Uferstück ging sie in die Kirche, deren<br />
Dach der Himmel mit ersten blassen<br />
Sternen war. Die Abendluft trug Klänge eines<br />
alten, frommen Fischerliedes vom Lehrerhaus<br />
herüber... «Nirgends Rettung, nirgends<br />
Land... vor des Sturmwinds Schlägen...»<br />
Lene schritt die vielen Stufen zum<br />
Strand hinab. Die See lag reglos, eine opalene<br />
Schale.<br />
Am nächsten Morgen standen ein paar Fischer<br />
um eine Tote, die die Wellen an den<br />
Strand getragen hatten. — «Du, ist das<br />
nicht?» Der Befragte zuckte die Achseln.<br />
Man ist vorsichtig auf dem- Lande.-Und das<br />
Die Jnset des ewigen JnäMmqs<br />
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Naturwunder I. Ranges.<br />
Von Manfred Mieschel.<br />
Und wenn du nach des Tages Last<br />
still heimgehst durch die stillen Gassen,<br />
dann lass mich tröstend deine Hände fassen<br />
sowie du mich dereinst getröstet hast.<br />
Lass mich — wenn in den Abendstunden<br />
hoch über deinem Haus die Nacht ersteht —;<br />
dir Bruder sein, bis all dein Leid verweht<br />
und deine müden Augen Schlaf gefunden.<br />
Ich werde nie nach deiner Sehnsucht fragen.<br />
Ich will nur bei dir sein in dieser Zeit,<br />
um meine tiefe Dankbarkeit<br />
für das, was du mir warst, ein wenig abzu~<br />
tragen.<br />
Wenn man von Colombo ins Innere des<br />
Landes fährt, so fühlt man sich wie in den<br />
Alleen eines grossen tropischen Gartens von<br />
unerhörter Pracht. Die Natur ist hier so<br />
freigebig, dass man sich fast beengt fühlt<br />
unter diesen Bambusgruppen, die 20, 30 Meter<br />
hoch sind, unter den Lianen, die ineinander<br />
so dicht verschlungen sind, dass nur die<br />
Tiere der Dschungel sich durchwinden können.<br />
Gruppen von baumartigen Farnkräutern,<br />
riesige Bambussträucher und Palmen<br />
verstellen uns den Weg. Um ihre Stämme<br />
und Zweige winden sich Schlingpflanzen, die<br />
über dem Boden eine dichte Laube bilden<br />
und nur einige Sonnenkringel durchlassen.<br />
Hier wächst der Dendro-Calmus, welcher in<br />
der Frühlingszeit täglich 90 cm grösser<br />
wird. Der betäubende Duft des Urwalds erfüllt<br />
die Luft, ein Gemisch von Jasmin-, Pfeffer-<br />
und Sandelholz-Gerüchen. Der ganze<br />
Zauber der äquatorialen Vegetation vereinigt<br />
sich auf dieser Insel des ewigen Frühlings.<br />
Von Colombo fahren wir nach Kandy, der<br />
alten Hauptstadt der singhalesischen Könige.<br />
Zu beiden Seiten des Weges liegen Reisfelder<br />
und Gummiplantagen und man hört den<br />
Lärm der Maschinen. Auffallend ist überall<br />
die grosse Zahl der arbeitenden Frauen. Sie<br />
tragen Tonkrüge auf dem Kopfe und gleichen<br />
mit ihren bronzefarbenen Körpern griechischen<br />
Statuen. Die Männer sind hier faul und<br />
lassen die Frauen das Geld verdienen. Wir<br />
kommen an dem grossen zoologischen Garten<br />
vorüber. Die englische Regierung hat<br />
hier etwas geschaffen, was seinesgleichen<br />
auf der Welt nicht hat. In einem weiten umzäunten<br />
Gebiete bewegen sich die Tiere des<br />
Dschungels in vollkommener Freiheit. Unser<br />
singhalesischer Chauffeur, der bisher für<br />
sämtliche Wunder der Natur unempfänglich<br />
war, hält sein Auto an: zwei majestätische<br />
Tiger stehen am Strassenrande und mustern<br />
uns geringschätzig. Wir sind in diesem Augenblick<br />
alle froh, dass es zwischen uns und<br />
ihnen ein festes Eisengitter gibt.<br />
Dann kommen wir in eine Gegend, die etwas<br />
höher liegt und mehr an unsere südeuropäischen<br />
Waldgegenden erinnert. Freilich<br />
sind die Bäume hier dichter und die<br />
Kakteen verraten die Exotik des Ortes. Wenn<br />
nur die Sonne nicht so unerbittlich brennen<br />
würde! Ich spüre sie durch den Helm durch<br />
und am Abend, nach der Rückkehr,, haben<br />
wir alle Fieber, trotz der erdenklichen Vorsichtsmässnahmen.<br />
Wir nähern uns Kändy. Die Zahl der zahmen<br />
Elefanten, die hier zur Bebauung der<br />
Felder verwendet werden, wird immer grösser.<br />
Wir fahren durch den Peradenya-Garden,<br />
der selbst in der Vegetation von Ceylon<br />
eine Sonderstellung einnimmt, so prächtig<br />
und üppig ist hier die Pflanzenwelt. Die<br />
Kautschukbäume erreichen eine Höhe von<br />
30 m und Kolibris flattern in allen Sträuchefn;<br />
das Bambusrohr wird so gross, dass<br />
wir Europäer es für Bäume halten. Noch einige<br />
Minuten Fahrt, dann sehen wir einen<br />
See, in dessen gelblichem Wasser eine Unzahl<br />
Fische herumschwimmen. Hier liegt die<br />
Tjerühmte Dalada Maligawa, einer der heiligsten<br />
Tempel Buddhas, in welchem ein<br />
Zahn des Gottes aufbewahrt wird.<br />
Von Kandy aus kann man prächtige Spaziergänge<br />
ins Innere des Landes machen, wo<br />
die majestätische Ruhe der Dschungel<br />
herrscht. Vereinzelt sieht man einige Seen,<br />
wo die wilden Elefanten abends zum Trinken<br />
kommen. Auffallend ist die grosse Zahl<br />
der Tempel, die auch an den verlassensten<br />
Stellen zu finden sind. Sie wurden vor 2000<br />
Jahren erbaut, als Anarapadhura noch die<br />
heilige Hauptstadt Ceylons war. Ueberall<br />
auch Buddhastatuen in Ueberlebensgrösse.<br />
Sie zeigen alle das geheimnisvolle Lächeln<br />
des Gottes; vor jeder brennt eine kleine<br />
Lampe und abends bringt der Priester frische<br />
Blumen...<br />
Die" Nacht kommt schnell und unvermittelt.<br />
Im .trüben Schein des Mondes erseheinen die<br />
Bäume gigantisch gross und kleine leuchtende<br />
Punkte gleiten vorüber, phosphoreszierende<br />
Insekten. In der Ferne hört man die<br />
Schläge eines Gönges: es ist die Stunde des<br />
Blumenopfers in einem einsamen Tempel<br />
-Buddhas. J. W.