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E_1935_Zeitung_Nr.068

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turmpolitik auf strassenbautechnischem Gebiete<br />

unserem Lande enorme Verluste bringen<br />

muss.<br />

Vom verkehrspolitischen Standpunkt aus<br />

dürfte das westschweizerische Strassenprojekt<br />

durch den Simplon zur Zeit Von aktuellster<br />

-Bedeutung sein, lassen doch sowohl<br />

Franzosen wie Italiener nichts unversucht, um<br />

den geplanten Mont Blanc-Durchstich so<br />

rasch als möglich auszuführen. Dabei darf<br />

nicht vergessen werden, dass diese im letzten<br />

Völkerringen Schulter an Schulter kämpfenden<br />

Nachbarn ihr Heu trotzdem nicht immer<br />

auf der nämlichen aussenpolitischen Bühne<br />

Hegen haben.-Darüber hinaus legen die starken<br />

Grenzbefestigungen vom Mont Blanc bis<br />

zum Mittelmeer, sowohl auf italienischer wie<br />

französischer Seite, sprechendes Zeugnis dafür<br />

ab, dass auf beiden Seiten für alle Eventualitäten<br />

.vorgesorgt ist. Beide Länder haben<br />

wahrscheinlich ein weit stärkeres militärisches<br />

Interesse an einer solchen, auf neutralem<br />

Boden liegenden, während des ganzen<br />

Jahres befahrbaren Automobilstrasse, als an<br />

einer direkt in ihr eigenes Territorium führenden,<br />

den motorisierten Truppenkörpern<br />

offenstehenden Einfallinie. Schon aus diesen<br />

rein militärischen Ueberlegungen heraus verdient<br />

der Vorschlag des Umbaues eines der<br />

beiden Simplontunnels, der bekanntlich pro<br />

Fahrrichtung einen Stollen zur Verfügung hat,<br />

näher gewürdigt zu werden, um so mehr, als<br />

es sich hier nicht uni eine Neuanlage, sondern<br />

um einen mit bescheidenen finanziellen Mitteln<br />

auszuführenden Umbau handelt.<br />

Vor kurzem sind die beiden Genfer Ingenieure<br />

Perrin und Tuscher mit einem Projekt<br />

an die Oeffentlichkeit getreten, welchem der<br />

Ausbau des einen der beiden Simplonstollen<br />

für eine Automobilstrasse zugrunde liegt. Der<br />

Eisenbahnverkehr müsste sich alsdann wieder<br />

auf die von 1906 bis 1922 zur Verfügung<br />

gestandene einspurige Linie beschränken, was<br />

allerdings von den Bundesbahnen kaum akzeptiert<br />

werden dürfte, hingegen im Hinblick<br />

auf das schrumpfende Verkehrsvolumen wohl<br />

gefordert werden dürfte. Die Verfasser sehen<br />

zudem vor, das bestehende Geleise in dem<br />

für die Autostrasse umzubauenden Stollen<br />

nur in Beton oder Makadam einzubauen, ähnlich<br />

wie die Strassenbahngeleise im städtischen<br />

Verkehr. Die nötigen Arbeiten, um den<br />

Tunnel in eine Autostrasse umzuwandeln, bestünden<br />

demnach in der Legung einer Fahrbahn<br />

zwischen und neben dem bestehenden<br />

Geleise, dem Bau eines Ausweichbahnhofs in<br />

der Mitte des dem Eisenbahnverkehr zur<br />

Verfügung stehenden Stollens, in der Erstellung<br />

der beiden Zufahrtsstrassen zu der nördlichen<br />

und südlichen Tunnelmündung, sowie<br />

im Bau einer Beleuchtungs- und Ventilationsanlage.<br />

Selbstverständlich würde auf dieser<br />

Grundlage nur der Verkehr in einer Richtung<br />

möglich sein, doch haben die Berechnungen<br />

ergeben, dass unter Zugrundelegung einer<br />

durchschnittlichen Stundengeschwindigkeit<br />

von 60 km pro Stunde in jeder Richtung je<br />

20 Wagen durchgelassen werden könnten.<br />

Bei 20stündigem Betrieb würde das einer täglichen<br />

Transitkapazität von 800 Wagen entsprechen.<br />

Die Projektverfasser haben ihren<br />

Berechnungen eine jährliche Wagenzahl von<br />

200 000 oder eine tägliche von rund 550 zugrunde<br />

gelegt, eine Ziffer, die, am französischitalienischen<br />

Grenzverkehr gemessen, kaum zu<br />

hoch gegriffen scheint, wurde doch für die Rentabilitätsberechnung<br />

des Mont Blanc-Tunnels<br />

eine Jahresfrequenz von 300 000 Wagen angenommen,<br />

während Ventimiglia, den einzigen<br />

Punkt in der gesamten Westalpenkette,<br />

der für den Automobilverkehr das ganze Jahr<br />

hindurch geöffnet ist, jährlich 600 000 Motorfahrzeuge<br />

passieren. In diesem Zusammenhang<br />

dürften auch die bisherigen Verkehrserfolge<br />

des Merseytunnels zwischen Liverpool<br />

und Birkenhead von Interesse sein. Vor der<br />

Eröffnung, dieser Strecke rechnete man für<br />

das erste Jahr mit einem Verkehr von<br />

1 350 000 Fahrzeugen und einer Einnahme von<br />

135 000 Pfund. Bis Ende Juni <strong>1935</strong> passierten<br />

hingegen nicht weniger als 2 825 777 Automobile<br />

mit 3388 411 Passagieren den Tunnel,<br />

woraus an Tunnel gebühren im gesamten<br />

234 809 Pfund vereinnahmt wurden. Die tatsächlichen<br />

Verkehrsziffern des Strassentunnels<br />

zwischen Liverpool und Birkenhead zeigen<br />

also eine Verdoppelung des amtlichen<br />

Voranschlages, wobei allerdings die Lage dieser<br />

Strecke in einem dichtbevölkerten Gebiet<br />

mitberücksichtigt werden muss.<br />

Bei einer Durchfahrtsgebühr von 10 Fr.<br />

für den Simplontunnel (Mont Blanc 5 Fr.)<br />

würde sich eine Bruttoeinnahme von 2 Mill.<br />

Franken ergeben, wozu folgende Rentabilitätsberechnung<br />

aufgestellt wird:<br />

Baukosten des Tunnels 37,7 Mill. Fr.<br />

Neuinvestierungen 3 .» »<br />

Bei einer 3prozentigen Verzinsung des<br />

alten Kapitals ergibt sich für die Neuinvestierung<br />

abzüglich der auf 500000 Fr. veranschlagten<br />

Verwaltungskosten ein Reingewinn<br />

von 369 000 Fr., was einem Zinsfuss von 12,3<br />

Prozent entspricht. Die Neuinvestationen verteilen<br />

sich auf folgende Posten:<br />

Umbau des Stollens zu einer Autostrasse<br />

Ausweich-Bahnhof im Eisenbahnetollen<br />

Verbindungsstrassen zu den Tunnelmiindungen<br />

Beleuchtungs- und Ventilationsanlage<br />

Unvorhergesehenes<br />

Die Versuchung<br />

des Joos Utenhoven. die da unten schlief, geliebt—.<br />

Von Karl Rosner.<br />

(20. Fortsetzung.)<br />

Und Tag für Tag, wenn er vor ihrem Hügel<br />

stand, suchte er sie zur Zwiesprache über<br />

all das bittere Erleben. Suchte ihr nah zu<br />

sein — soweit ein Mensch, der noch beengt,<br />

durchpulst von allen Sinnlichkeiten, allen<br />

Leidenschaften, auf dieser Erde steht, mit<br />

einem sich zusammenfinden kann, der alle<br />

Schwere überwunden hat —<br />

Und fand sie nicht,<br />

Nicht ihr Gesicht — und nicht die Stimme<br />

•— nichts —<br />

Einmal, da er an ihren Hügel kam, lag an<br />

dem Fussende ein Strauss von weissem Flieder<br />

—<br />

Ja — weissen Flieder hatte sie doch auch<br />

so sehr geliebt, hatte ihm noch in ihren letzten<br />

Tagen die grosse Vase auf dem Schreibtische<br />

damit gefüllt.<br />

Den Gärtner fragte er.<br />

Ein kleiner, arg verwachsener Herr war<br />

ganz frühmorgens schon am Grab gewesen<br />

und hatte diesen Strausss hingelegt.<br />

Simon Marane —<br />

Den armseligen Doktor sah er vor sich, so<br />

wie er da vor wenigen Tagen an diesem<br />

Spätnachmittag in dem Russenrestaurant gesessen<br />

hat: verkauert und zerdrückt, die unruhvollen<br />

flachen Finger an dem kleinen<br />

Glase —. Und auf der sonst so gelben Stirne,<br />

auf den schmalen Backen das dünne hinflackernde<br />

Rot — : auch der hatte die Tote,<br />

800.000 Fr.<br />

•"<br />

An diesem Tage war es, dass Joos Utenhoven,<br />

als er in der Bellevuestrasse vor^<br />

sprach, zum ersten Male wieder bei Marane<br />

vor seiner Arbeitsecke im Gespräch verweilte.<br />

Die dürftige Hand hielt er, und hielt mit seinem<br />

Blick der schwermütigen dunklen Augen:<br />

«Sie haben ihr die Blumen hinausgebracht<br />

— ich danke Ihnen.» Sprach dann von<br />

diesen Rosen, die noch kommen sollten, und<br />

von der Erde, die noch nicht in Ruhe war und<br />

sich erst wieder setzen müsste. Fühlte sich,<br />

während er so redete, dem anderen nah,<br />

empfand ein mattes Staunen über diese Nähe<br />

und wusste sich doch nicht zu deuten, wieso,<br />

woher sie kam —<br />

* Durch den Ausstellungssaal schritt er dann<br />

weiter in sein Büro.<br />

Briefe? — Er Hess die Blätter durch die<br />

Finger gleiten.<br />

Von Herrn Köpke noch immer keine Nachricht<br />

— auch hier so wenig wie in der Wohnung.<br />

Aber das war ja wohl ein gutes Zeichen<br />

dafür, dass alles seinen Weg ging, sich erfüllte.<br />

Schliesslich, was hatte ihm der Kommissar<br />

auch noch zu sagen? Was zu besprechen war,<br />

das war besprochen.<br />

Arbeiten? — Nein — es litt ihn nicht.'<br />

AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> — K° 68<br />

1.000.000 Fr.<br />

400.000 Fr.<br />

500.000 Fr.<br />

300.000 Fr.<br />

Zusammen 3.000.000 Fr.<br />

Bei der Projektierung gingen die beiden<br />

Initianten von der Ueberlegung aus, dass<br />

sich eine internationale Strassenverbindung<br />

durch den Alpenkamm auf möglichst geringer<br />

Höhe zu halten habe. Da Brig nur 684 m<br />

ü.M. Hegt, würde die Autobahn durch den<br />

Simplon selbst den 1316 m hohen in den Seealpen<br />

gelegenen Tendatunnel beträchtlich unterschreiten;<br />

zudem müsste in der grossen<br />

Nord-Südverbindung an keiner Stelle eine<br />

über 800 m liegende Höhe bewältigt werden.<br />

Im Gegensatz zum Mont-Blanc-Projekt, das<br />

die Tunnelanlage in einer Höhe von 1200 m<br />

ü. M. vorsieht, hätte also die Simplontunnelstrasse<br />

schon hinsichtlich der leichten Offenhaltung<br />

in schneereichen Wintermonaten<br />

grosse Vorzüge für sich. Zudem könnte für<br />

den Umbau des einen der beiden Simplonstollen<br />

mit einer Bauzeit von nur einem<br />

Jahr gerechnet werden, wogegen für den<br />

Mont-Blanc-Durchstich eine solche von 4 bis<br />

Jahren notwendig sein wird. Was die Frage<br />

der Zufahrtstrassen anbetrifft, so haben diejenigen<br />

von der West- und Zentralschweiz<br />

durchs Rhonetal den Vorteil grösster Leistungsfähigkeit<br />

für sich, während diejenigen<br />

zum Mont-Blanc-Tunnel sowohl im Arvewie<br />

im Aostatal neu erstellt werden müssten.<br />

Ohne das Projekt der beiden Genfer Ingenieure<br />

einer nähern Prüfung unterziehen zu<br />

wollen, verdient dieser einmal zur Diskussion<br />

gestellte Gedanke, vor allem unter dem Gesichtspunkt<br />

der Erhaltung der verkehrspolitischen<br />

Bedeutung unseres Landes im internationalen<br />

Durchgangsverkehr, eingehend<br />

gewürdigt zu werden. Zweifellos wird man<br />

nach bekannter Methode den Simplonstrassentunnel<br />

als Hirngespinst abkanzeln, denn<br />

für die grossen, unserem Lande erwachsenen<br />

Schäden aus der rückständigen, mittelalterlichen<br />

Verkehrseinstellung hoher und höchster<br />

Kreise trägt doch niemand die Verantwortung.<br />

Solange unsere «massgebenden<br />

Verkehrspolitiker » nur in lokalen oder kantonalen<br />

Grenzen zu denken vermögen und<br />

sich zu keiner eidgenössischen, geschweige<br />

denn internationalen Betrachtungsweise aufschwingen<br />

können, wird ausländische Initiative<br />

die schweizerische Rückständigkeit auf<br />

dem Gebiete des Alpenstrassenbaues jährlich<br />

um einen nicht mehr einzuholenden Vorsprung<br />

überflügeln.<br />

Wy.<br />

AUTOMOBIL UND HYGIENE<br />

Fortsetzung von Seite 1.<br />

Auch lassen Strandadleben und Sport,<br />

beides in leichter Bekleidung betrieben,<br />

ein allzugrosses Gewicht als unerwünscht<br />

erscheinen, und hygienische Rücksichten<br />

Besorgen den Rest. Man isst viel weniger<br />

als früher und man hat recht. In vielen<br />

Familien bedeutet der Wagen eine etwas<br />

starke Belastung des Budgets und wird dadurch<br />

kompensiert, dass die Nahrung einfacher<br />

gehalten wird, was nicht nur dem<br />

Geldbeutel, sondern auch der Gesundheit zugute<br />

kommt.<br />

Andererseits weiss der gewissenhafte Automobilist<br />

zur Genüge, welche Verantwortung<br />

er mit der Führung eines schnellen Fahrzeuges<br />

übernimmt und dass allzu ausgiebige<br />

Mahlzeiten die Sicherheit im Lenken unbedingt<br />

beeinträchtigen. Wer ein ausgedehntes<br />

Bankett hinter sich hat, ist beim Fahren nicht<br />

mehr im vollen Besitz seiner Mittel, selbst<br />

wenn er seinen Durst alkoholfrei gelöscht<br />

hat; seine Reflexe sind langsamer und ungenauer.<br />

Man kann nicht genug davor warnen,<br />

den Magen auf einer Fahrt zu überlasten;<br />

viel besser ist es, die Zahl der Mahlzeiten zu<br />

erhöhen und den Umfang jeder einzelnen<br />

entsprechend einzuschränken. — Der Einfluss<br />

des Alkohols ist so manches Mal erläutert<br />

worden, dass dieser Punkt eigentlich nicht<br />

mehr erwähnt zu werden brauchte; er ist<br />

aber von so grosser Bedeutung und die Vergehen<br />

dagegen sind so vielfältig, dass wir<br />

auch hier wieder darauf zurückkommen müssen.<br />

Der Alkohol ist der schlimmste Feind<br />

des Fahrers. Für viele bedeutet ein Glas<br />

Wein oder ein Bier schon eine gewisse<br />

Lockerung der Fahrdisziplin, Jeder Alkoholgenuss,<br />

betreffe dies nun Wein, Bier, oder<br />

alkoholische Liköre, vermindert .die Konzentration<br />

und macht schläfrig. Jeder Führer<br />

sollte sich entweder des Alkoholgenusses<br />

vollständig enthalten oder ihn so dosieren,<br />

dass er in der Lage ist, immer noch «eine<br />

ganze Menge zu ertragen».<br />

Das Automobil hat auf die Lebensgestaltung<br />

der Menschen ohne Zweifel einen vorteilhaften<br />

Einfluss. Schon das sachgemässe<br />

Führen des Wagens ist an- sich eine vorzügliche<br />

Uebung, erfordert sie doch eine immer<br />

wachsame Aufmerksamkeit, schnelle und genaue<br />

geistige Reflexe, eine grosse Sicherheit<br />

der körperlichen Bewegungen, Kaltblütigkeit<br />

und Geistesgegenwart, alles Dinge,<br />

die im täglichen Leben immer wieder nutzbringend<br />

angewendet werden können. — Im<br />

Erwerbsleben wie im Strassenverkehr gibt es<br />

Leute, die Glück und eine angeborene Geschicklichkeit<br />

haben, deren Blick sicher ist<br />

und die die Distanzen In der Breite und in<br />

der Länge richtig abzuwägen vermögen; es<br />

Seltsam, wie er die Arbeit, die Erledigung<br />

der täglich neuen Angelegenheiten in diesen<br />

Tagen völlig in die Hände des Doktors hatte<br />

gleiten lassen. So beinahe belanglos schien<br />

ihm alles das, gemessen an dem anderen, was<br />

wartend in ihm lag. Gerade dass er sich vorbehalten<br />

hatte, die Briefe, die das Fräulein<br />

Erler ihm zur Unterschrift hinlegte, zu unterzeichnen.<br />

Und manchmal dachte er: Wenn es erst<br />

'so weit wäre, dass ich reisen könnte. Ausspannen<br />

müsste ich — richtig mich lösen aus<br />

all den Zusammenhängen. All dieses hier, die<br />

Menschen und die Umwelt, für eine Weile<br />

nicht mehr sehen —<br />

Sizilien — der kleine Doktor hatte vielleicht<br />

recht. Wenn man sich da in San Domenico<br />

ein Zimmer nahm — eine von diesen<br />

kleinen umgebauten ehemaligen Mönchszellen,<br />

die längst des alten Kreuzgangs lagen.<br />

Und wenn man dann des Morgens im frühen<br />

Licht da oben stand in dem gigantischen<br />

Trümmerfeld des riesigen Theaters von Taormina<br />

— zu Füssen blau und silbern leuchtend<br />

das Mare Jonio, und in der Ferne, über<br />

dieser See und ihren Buchten, über dem paradiesisch<br />

milden Land und über drohend<br />

schwarzen Lavabergen, die sich in den Himmel<br />

türmen, die Rauchfahnen des Götterthrones<br />

— des Aetna —.<br />

Einmal, in einer dieser Nächte, in denen<br />

das durchschrittene Erleben sich immer<br />

wieder meldete und mit den Brocken der Erinnerung<br />

den kaum erkämpften Schlaf zerschlug,<br />

fiel es ihm ein, dass bei dem einen der<br />

Besuche'des "Herrn"Köpke aiicli von jenem<br />

gibt andere, Pechvögel, für die die Strasse<br />

voller Fallen zu sein scheint, die in das Hindernis<br />

hereinrennen, statt es zu umgehen<br />

und die bei der ersten auftauchenden Schwierigkeit<br />

sofort den Kopf verlieren. All das<br />

wäre an und für sich noch nicht schlimm,<br />

wenn diese Unglücksvögel es verständen, ihr<br />

Tempo diesen reduzierten Fähigkeiten anzupassen.<br />

Unglücklicherweise kommt es allzuhäufig<br />

vor, dass diese mittelmässigen Fahrer<br />

sich als Meister im Fach betrachten und<br />

glauben, sich alles erlauben zu dürfen, die die<br />

Strassenkreuzutigen «im Schnellzugstempo»<br />

nehmen und die stolz darauf sind, möglichst<br />

viele andere Wagen zu überholen, auch wenn<br />

die Panik oder der Schnitter Tod ihnen auf<br />

dem Fusse folgt. Man darf nie vergessen,<br />

dass nur eine lange Fahrpraxis ermöglicht,<br />

den Wagen fest in den Händen zu halten, um<br />

jedem Hindernis augenblicklich richtig zu begegnen.<br />

Nur geschickte und erfahrene Fahrer<br />

dürfen sich grosse Geschwindigkeiten<br />

und ein immer riskantes Ueberholen anderer<br />

Wagen erlauben und dies auch nur dann,<br />

wenn die Bremsen wirkungsvoll und gut einreguliert<br />

sind.<br />

Das über die Hygiene Gesagte betrifft in<br />

erster Linie denjenigen Fahrer, der nur selten<br />

am Lenkrad sitzt; für den Geschäftsmann,<br />

der einen grossen Teil des Tages im<br />

Wagen verbringt, ist eine zweckentsprechende<br />

Hygiene noch viel wichtiger. Obschön<br />

er immer draüssen ist, ist seine Lebensweise<br />

vornehmlich eine sitzende, weshalb er, um<br />

eine gute Kondition beizubehalten, seine Erholungsstunden<br />

der Körperkultur, der Erstarkung<br />

von Herz, Lungen und Muskeln<br />

widmen sollte. Er vermeide allzureichliche<br />

Mahlzeiten, alkoholische Getränke und erkenne<br />

die Anzeichen nahender Ermüdung.<br />

Eine kleine Fahrtunterbrechung zur rechten<br />

Zeit ist das beste Mittel gegen Unglücksfälle.<br />

Die Fortschritte im Automobilbau, die Verbreiterung<br />

der Strassen, die Signalisierung<br />

haben nach und nach die früher so komplizierte<br />

Arbeit des Fahrens bis zu einem solchen<br />

Grade vereinfacht, dass die Gefahr,<br />

nachlässig und unaufmerksam zu werden,<br />

immer vorhanden ist. Der Lenker soll aber<br />

nicht vergessen, dass die Erhöhung der Geschwindigkeit<br />

eine ständige Gefahrenquelle<br />

bedeutet, die durch die Verbesserung der<br />

Verkehrsverhältnisse nicht aufgewogen wird.<br />

Bei der grossen Geschwindigkeit des modernen<br />

Autos und Lastwagens muss sich der<br />

Fahrer unbedingt in jedem Augenblick vollständig<br />

auf die Umgebung konzentrieren können.<br />

Sein Tempo soll sich nicht nach der Lei?<br />

stungsfähigkeit des Motors, sondern nach der<br />

Zuverlässigkeit des Bremsmechanismus unter<br />

Berücksichtigung des, Zustandes der Strassenoiberfläche,<br />

ihres Gefälles, ihrer Feuchtigkeit<br />

und ihrer Griffestigkeit richten. Mit dem<br />

Tage, wo diese elementaren Tatsachen auch<br />

dem letzten Fahrer voll zum Bewusstsein<br />

gekommen sind, wird die Zahl der Unfälle<br />

sofort und mit Sicherheit ganz bedeutend ab"<br />

nehmen.<br />

Zusammenfassend sei gesagt, dass das<br />

Automobil vieles zur Hebung der Volksgesundheit<br />

beitragen kann und soll. Der verantwortungsbewusste<br />

Fahrer wird sich dank<br />

einer zweckmässigen Ernährungsweise und<br />

einer entsprechenden körperlichen Ausbildung<br />

so in Form zu halten wissen, dass. er<br />

dabei an Sicherheit und Vergnügen immer<br />

das beste herauszuholen versteht. Auch wird<br />

er dem Spruche des alten Weisen Sokrates<br />

gemäss versuchen, «sich selbst kennen zu<br />

lernen».<br />

Revers gesprochen worden war, den er den<br />

Rave damals nach der Wechselfälschung<br />

hatte unterschreiben lassen. Und von den<br />

Pumpbriefen, die der ihm in den Jahren geschrieben<br />

hatte, «möchten wir haben —»,<br />

hatte Herr Köpke gesagt —<br />

Da stand er auf aus seinem Bett und<br />

machte Licht, ging im Schlafanzug und in<br />

Hausschuhen hinüber in sein Arbeitszimmer,<br />

Vor seinem Schreibtisch kramte er dann eine<br />

Stunde lang in alten Briefen und Skripturen,<br />

bis er gefunden hatte, was er suchte. ;'<br />

Er las die weichlich-jämmerlichen Briefe,<br />

las die hart hämmernde Erklärung, sah auf<br />

die Unterschrift, die breit, charakterlos hinfliessend<br />

unter diesen Zeilen stand.<br />

An den Köpke wollte er die Papiere senden.<br />

In einen Umschlag steckte er die Blätter,<br />

sehrieb ein paar Zeilen als Begleitbrief.<br />

Dann, als er dieses Blatt schon falten^?<br />

wollte, las er es noch einmal, verlor sich mit<br />

dem Blick dabei im Fernen —. Fuhr erst empor,<br />

als ihn ein Frösteln überlief.<br />

Den Brief zerriss er, Hess die kleinen Flokken<br />

in den Papierkorb sinken. Den weissen<br />

Umschlag mit den Briefen Raves schlpss er<br />

wieder ein.<br />

Mochte der Kommissar sich melden, wenn<br />

er die Belege haben wollte — sie lagen jetzt<br />

bereit.<br />

Am achten Tage nach der Bestattung war<br />

das, und Joos Utenhoven war eben im Be*<br />

griff, sich an dem einsamen Frühstückstisch<br />

niederzulassen, als draüssen die Klingel anschlug.<br />

Fortsetzung im «Autler-Fderabend» Seite 26

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