einSteiger 2018

Text: Nadine Höhne, Fotos: Hanns Peter Bacherle
Ihre Pralinenrezepturen hat uns
Ingrid Ritter-Hesse nicht verraten,
aber wie wir einen leckeren
Zwetschgenkuchen backen,
hat sie uns aufgeschrieben
Gerne nimmt sie alte Fachbücher
hervor. Es lag ihr am Herzen ihren
Kunden Cremespezialitäten wieder
zu vermitteln. „Aus den 70er und
80er Jahren, wo jede Hausfrau
angefangen hat, selber Torten
zu machen – aber zum Teil sehr
unsachgerecht – haben viele Menschen
einen Horror vor Cremespezialitäten,“
sagt sie, „weil Creme in
Riesenmengen verwendet wurde“.
Das Geheimnis einer guten Cremetorte
liegt aber darin, gute Buttercreme
herzustellen, die Cremetorte
gut zu tränken und dann nur so
viel Creme zu verwenden, dass die
Schichten zusammenhalten.
Ein Jahr lang hat sie fast keine
Hochzeitstorten mehr verkauft, erinnert
sie sich. Alle träumten von
einer Hochzeitstorte mit zuckrigsüßem
Fondant-Überzug. Über
Geschmack wurde dabei nicht
geredet, die Show war wichtig.
Sie ist froh ihren Qualitätsgrundsätzen
treu geblieben zu sein, denn
allmählich kommen die jungen
Leute wieder und fragen gezielt
nach Hochzeitstorten ohne Fondant.
Von Kaffee und Kuchen alleine
könnte das Geschäft jedoch nicht
mehr existieren, zu groß ist die
Konkurrenz und die Einkaufswege
sind andere als früher. Auch daher
hat sich Ingrid Ritter-Hesse spezialisiert
- und zwar auf die Verwendung
regionaler Zutaten. Die
Feinschmeckermesse in Iphofen
nutzt sie, um sich mit regionalen
Anbietern zu verknüpfen. Mit dem
Holunderlikör aus Equarhofen
entwickelte sie den Holundertrüffel
und mit dem Quittenschnaps
aus Geckenheim den Quittentrüffel.
Für die regionalen Hoffeste
kreiert sie dann auch schon einmal
etwas Besonderes. So entstand
mit dem Zwetschgenbrandy der
Brennerei Kner aus Neuherberg
eine zart schmelzende Praline in
Vollmilchummantelung mit dem
charakteristischen Geschmack vollreifer
Zwetschgen.
Trotz ihres Ideenreichtums,
der Lust Neues auszuprobieren und
ihrem Gespür für das Besondere –
eine Sache beschäftigt die 61-jährige:
Sie hat niemanden, der den
Betrieb irgendwann einmal übernehmen
möchte. Das Geschäftsmodell
ist mit Wochenendarbeit
und einem Zwölf Stundentag verbunden.
Da muss schon eine süße
Leidenschaft in einem brennen.
Das, was Ingrid Ritter-Hesse an
ihrem Beruf so liebt, sind die Vielfalt
und die Freiheit immer wieder
neue köstliche Kompositionen
zu kreieren und ihre zufriedenen
Kunden, die immer wieder gerne
ins Café Ritter kommen.
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