monatliche Leasingrate - Dortmunder & Schwerter Stadtmagazine
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cherchiert und geforscht und sind<br />
dabei auf Dinge gestoßen, die den<br />
Herren im Stadtrat unbekannt sein<br />
müssen. Anders kann man sich<br />
die Entscheidung für einen Abriss<br />
nicht erklären. Welch geschichtsträchtiger<br />
Ort sich hier verbirgt,<br />
scheint den Bürokraten entweder<br />
nicht bewusst zu sein oder es ist<br />
ihnen egal. Wenn dies aber unzähligen<br />
Bürgerinnen und Bürgern<br />
augenscheinlich nicht egal<br />
ist, dann kann und darf es auch<br />
unseren gewählten VertreterInnen<br />
nicht egal sein.<br />
Haarmann, dessen Familie schon<br />
seit mehreren Generationen in<br />
Dortmund lebt, hat in Kleinstarbeit<br />
alte Dokumente und Karten<br />
gesichtet und zu einem Ganzen<br />
zusammengelegt. Er hat Menschen<br />
interviewt, die über das<br />
Gut berichten konnten. Er hat<br />
seine Freizeit geopfert, um Licht<br />
in einen Teil der <strong>Dortmunder</strong> Geschichte<br />
zu bringen und dieses zu<br />
retten. Darüber hinaus sind die<br />
drei wackeren Herren aber nicht<br />
nur einfach gegen einen Abriss<br />
des alten Hofes, sondern haben<br />
schon ganz konkrete Pläne und<br />
sogar mehrere Investoren, die<br />
Interesse haben, das Gut zu nutzen.<br />
Geplant ist hier die Restaurierung<br />
der alten Brauerei, in der<br />
sich dann eine neue Gastronomie<br />
mit Biergarten und einem großen<br />
2<br />
Saal für Veranstaltungen ansiedeln<br />
könnte. „Es gab bereits Gespräche<br />
und eine Ortsbegehung mit einem<br />
Investor, der sehr gerne hier sein<br />
Konzept umsetzen würde“, träumt<br />
Walter Neuhaus von der Verwirklichung<br />
einer Vision. Wie zu Beginn<br />
dieser Reportage beschrieben,<br />
könnte etwas Einmaliges am<br />
Standort von Gut Brünninghausen<br />
entstehen und für ganz Dortmund<br />
plus Umland zu einem attraktiven<br />
Ausflugsziel avancieren. Mit anderen<br />
Worten: es gibt eine Alternative<br />
zum geplanten Abriss.<br />
Gut Brünninghausen: „Ich bin<br />
dann mal weg...“<br />
Hinzu kommt noch ein weiterer<br />
interessanter Punkt, der aus dem<br />
Gut etwas Besonderes macht.<br />
Denn keine 50 m vom ehemaligen<br />
Torhaus entfernt verläuft der<br />
historische Jakobsweg. Just jener<br />
Weg also, der durch das Buch von<br />
Hape Kerkeling eine ungeheure<br />
Renaissance erlebt und der 1987<br />
vom Europarat mit der größten<br />
symbolischen Bedeutung für die<br />
Entstehung Europas ausgezeichnet<br />
wurde. Der Europarat ruft<br />
in seiner Deklaration dazu auf,<br />
den Weg nach Santiago de Compostela<br />
wiederzubeleben und<br />
zu kennzeichnen. Und in der Tat<br />
arbeitet der Landschaftsverband<br />
Westfalen-Lippe momentan akri-<br />
bisch an einer Wiederbelebung<br />
des Pilgerweges. Man denke sich<br />
nochmals ins Jahr 2010 und stelle<br />
sich vor, wie der Jakobsweg am<br />
Gut Brünninghausen entlangführt<br />
und die Pilger aus ganz Europa in<br />
einem Gebäude des alten Hofes<br />
ein Refugium finden, in dem sie<br />
Rast machen können. Die Idee<br />
eines geeinten Europas, das verantwortungsvoll<br />
mit seiner Kultur<br />
und seinen Wurzeln umgeht und<br />
sie bewahrt, wäre ein gutes Stück<br />
mehr Realität geworden.<br />
Erinnerung an Zwangsarbeiter in<br />
Dortmund<br />
Aber damit noch nicht genug.<br />
Der alte Gutshof hat ebenso eine<br />
Bedeutung für die deutsche Geschichte<br />
des letzten Jahrhunderts<br />
und das dunkelste Kapitel unseres<br />
Volkes. Denn in einem Teil des<br />
Gutes waren während des Zweiten<br />
Weltkrieges Gefangene und<br />
Zwangsarbeiter aus Belgien und<br />
Frankreich untergebracht. In Stein<br />
gemeißelte Inschriften mit Namen,<br />
Jahreszahlen und Symbolen<br />
legen darüber Zeugnis ab. Kann<br />
es sein, dass genau in dem Jahr, in<br />
dem sich die Machtergreifung der<br />
Nationalsozialisten zum 75. Mal<br />
jährt, etwas, das an deren Greueltaten<br />
erinnert, einfach zerstört und<br />
für die kommenden Generationen<br />
unzugänglich gemacht wird? Ist<br />
das der Umgang mit Mahnmalen,<br />
den sich unsere Gesellschaft<br />
wünscht? Ist das der Umgang, den<br />
wir von zivilisierten Menschen erwarten<br />
oder ist das nicht eher der<br />
Ausdruck von Banausentum? Liegt<br />
es mal wieder am lieben Geld,<br />
dass hier so entschieden wurde?<br />
Wenn es um Industriekultur geht,<br />
dann hat die Stadt doch auch einen<br />
prallen Etat.<br />
Wie gesagt, vielleicht wussten die<br />
Damen und Herren im Stadtrat<br />
von alldem nichts, als sie für den<br />
Abriss, euphemistisch Rückbau<br />
genannt, gestimmt haben. Wenn<br />
dem so sei, dann stellt sich einerseits<br />
die Frage, auf welchem Wissensstand<br />
dort entschieden wird;<br />
andererseits bliebe dann die Hoffnung,<br />
dass der Rat den Beschluss<br />
revidiert und auf Grundlage der<br />
neuen Erkenntnisse neu berät<br />
und abstimmt. Vielleicht sollte<br />
Herr Haarmann diesem Gremium<br />
mal einen Einblick in sein reiches<br />
Wissen über <strong>Dortmunder</strong> Lokalgeschichte<br />
gewähren und die Damen<br />
und Herren in die Situation<br />
versetzen, kompetent und verantwortungsvoll<br />
über uns und unsere<br />
Stadt zu entscheiden!?<br />
Neuhaus & Co. nach Santiago!?<br />
Wir setzen einfach mal auf die<br />
Vernunft unserer Politiker und<br />
hoffen darauf, dass sie diesen<br />
kultur-historischen Skandal abwenden<br />
und im Sinne der nächsten<br />
Generationen entscheiden.<br />
Also, wohin geht die Reise? Wird<br />
die Kulturhauptstadt 2010 auf den<br />
Ruinen unserer Geschichte und<br />
Kultur errichtet oder beweist die<br />
<strong>Dortmunder</strong> Politik Rückgrat und<br />
gesteht einen Fehler ein?<br />
Wenn nicht, dann bleibt Neuhaus<br />
und seinen Mitstreitern wohl nur<br />
der Pilgerweg nach Santiago de<br />
Compostela, um in der dortigen<br />
Kathedrale für Gut Brünninghausen<br />
zu beten. Doch im Ernst, wollen<br />
wir das den betagten Herren<br />
zumuten? Die IN-<strong>Stadtmagazine</strong><br />
werden jedenfalls weiter berichten<br />
und für den Erhalt des Gutes<br />
kämpfen. In unseren nächsten<br />
Ausgaben werden in der Rubrik<br />
„Anno dazumal“ ausführliche<br />
Berichte von Herrn Haarmann<br />
über die Geschichte und die Bedeutung<br />
des Gutes zu lesen sein.<br />
Wenn auch Sie sich für den Erhalt<br />
des Gutes einsetzen möchten,<br />
können Sie uns gerne schreiben<br />
oder mailen und abstimmen.