Web-Jahresmagazin2011-Deutsch - Alumni Halenses - Martin ...
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Seine Arbeit ist unter anderem Teil des an der MLU<br />
angesiedelten Landesexzellenznetzwerks „Nanostrukturierte<br />
Materialien“ und der DFG-Forschergruppe<br />
1145. Er interessiert sich vor allem für die<br />
Entwicklung neuer Möglichkeiten zur Erzeugung<br />
komplexer flüssigkristalliner Strukturen.<br />
Bisher bekannte Flüssigkristalle etwa haben noch<br />
sehr einfache Strukturen, weit entfernt zum Beispiel<br />
von der Komplexität lebender Systeme. In<br />
ihrer Arbeit „Complex multicolor Tilings and Critical<br />
Phenomena in Tetraphilic Liquid Crystals“ beschrieben<br />
die Wissenschaftler rund um Tschierske, wie<br />
sich spezifisch entwickelte „tetraphile“ Moleküle<br />
zu hochkomplexen flüssigkristallinen Strukturen<br />
spontan selbst organisieren können.<br />
Alle für die Strukturbildung notwendigen Informationen<br />
müssen detailliert in der molekularen<br />
Struktur festgeschrieben sein. Dies wird in diesem<br />
Fall erreicht durch eine gezielte Kombination von<br />
vier (daher „tetraphil“) unverträglichen und sich<br />
daher gegenseitig abstoßenden Molekülteilen mit<br />
anderen, sich anziehenden Teilen. „So wird die abstoßende<br />
Wirkung aufgehoben und es bilden sich<br />
komplexere Strukturen. Derartige Moleküle können<br />
sich in Waben organisieren, die von der Struktur her<br />
Bienenwaben ähnlich sind“, erläutert Tschierske.<br />
„Während die allgemein bekannten Bienenwaben<br />
alle die sechseckige Form aufweisen und mit identischem<br />
Inhalt, dem Honig, gefüllt sind, bestehen<br />
die molekularen Wabenstrukturen jedoch aus periodischen<br />
Gittern von Einzelwaben unterschiedlicher<br />
Form. Sie sind etwa dreieckig, viereckig oder<br />
sechseckig und haben einen Durchmesser von nur<br />
jahresmagazin 2011 forschen und publizieren<br />
wenigen Nanometern.“ Diese „Nanowaben“ sind<br />
zudem unterschiedlich gefüllt. Und die Waben sind<br />
nicht fest wie Bienenwaben, sondern stellen flüssige<br />
dynamische Strukturen dar.<br />
Diese Fließeigenschaft ist entscheidend für einen<br />
zweiten Aspekt dieser Arbeit. Er zeigt, dass sich<br />
bei höheren Temperaturen die Inhalte verschiedener<br />
Waben vermischen können. Das verringert die<br />
Komplexität, da nun alle Waben wieder die gleichen<br />
Inhalte haben können. Die Wissenschaftler<br />
konnten nachweisen, dass der Übergang zwischen<br />
Strukturen niedriger und höherer Komplexität kontinuierlich<br />
ist. Damit ermöglichen diese Arbeiten<br />
ein generelles fachübergreifendes Verständnis der<br />
Ausbildung von Komplexität in selbstorganisierten<br />
Strukturen chemischer Systeme.<br />
Gedanken über mögliche Anwendungen für die in<br />
„Science“ publizierte Erkenntnis hält Tschierske<br />
zwar für spekulativ: „Wir betreiben Grundlagenforschung,<br />
bauen neue Moleküle, um zu sehen: Wie<br />
organisieren sie sich?“, beschreibt der hallesche<br />
Forscher die Arbeit seines Teams. Einige Beispiele<br />
kann er aber dennoch nennen: „Holographische<br />
Informationsspeicherung, ‚Nanolithographie’ und<br />
die Strukturierung organischer elektronischer Materialien<br />
in organischen Solarzellen und Transistoren.“<br />
Ulf Walther<br />
Kontakt: Prof. Dr. Carsten Tschierske<br />
Institut für Chemie<br />
Telefon: 0345 55 25664<br />
E-Mail: carsten.tschierske@chemie.uni-halle.de<br />
Texturen von Flüssigkristallen,<br />
durch das Polarisationsmikroskop<br />
betrachtet<br />
(Abbildungen:<br />
MLU, Institut für Chemie)<br />
„Science“-Veröffentlichung<br />
„Complex Multicolor Tilings<br />
and Critical Phenomena in<br />
Tetraphilic Liquid Crystals“,<br />
Science Vol. 331 (2011), Seite<br />
1302 ff.<br />
Autoren: Xiangbing Zeng,<br />
Robert Kieffer, Benjamin<br />
Glettner, Constance Nürnberger,<br />
Feng Liu, Karsten Pelz,<br />
Marko Prehm, Ute Baumeister,<br />
Harald Hahn, Heinrich<br />
Lang, Gillian A. Gehring,<br />
Christa H. M. <strong>Web</strong>er, Jamie<br />
K. Hobbs, Carsten Tschierske,<br />
Goran Ungar<br />
Link zum Artikel:<br />
www.sciencemag.org/content/331/6022/1302.full.pdf<br />
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