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Fachwerk 2018

Das Magazin der Denkmalpflege des Kantons Bern

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36 BERICHTE | RAPPORTS<br />

BERICHTE | RAPPORTS 37<br />

01 Kindergerechte «Latärnli»-Stimmung am äusserlich weitgehend<br />

unveränderten Bau in der Abenddämmerung.<br />

02 Treppe und Tee-Küche sind Teil des erweiterten Nutzungskonzepts<br />

und unterstützen den freundlichen Raumeindruck.<br />

03 Die breiten Bretter entlang der Fensterfronten dienen weiterhin als<br />

gut belichtete Arbeitsplätze oder als grosszügige Ablage-Flächen.<br />

01 02 03<br />

Minimale Eingriffe – maximaler Denkmalwert<br />

Nach kurzer, aber intensiver Bauzeit wurden die Umbauarbeiten am 1955 errichteten<br />

Kindergarten Horbern rechtzeitig auf den Beginn des neuen Schuljahrs abgeschlossen.<br />

Der Kindergarten Horbern entstand zusammen mit der<br />

gleichnamigen Schulanlage, die die Gemeinde Muri Mitte<br />

der 1950er Jahre an zentraler Lage bauen liess. Auf einer<br />

unweit davon gelegenen Parzelle im Spickel zwischen<br />

Rainweg und Belpstrasse projektierte der Architekt Hans<br />

Rudolf Gasser einen pavillonartigen Putzbau. Zwei grosszügige<br />

Säle flankieren einen leicht eingezogenen Zugangsund<br />

Servicebereich und bilden so ein einfaches, nach funktionalen<br />

Gesichtspunkten ausgerichtetes Grundrisskonzept.<br />

Es entsprach den in jener Zeit intensiv geführten Diskussionen<br />

um die architektonische Gestaltung der noch jungen<br />

Bauaufgabe Kindergarten. Man bemühte sich, basierend<br />

auf pädagogischen Erkenntnissen, die Proportionen von<br />

Raum und Mobiliar dem Kindesalter anzupassen und den<br />

natürlichen Aussenraum einzubeziehen. Der Kindergarten<br />

Horbern repräsentiert seine Entstehungszeit eindrücklich,<br />

nicht nur bezüglich der Gestaltung seines Baukörpers, sondern<br />

auch mit seinen Details.<br />

Projektwahl für die Sanierung mittels Wettbewerb<br />

Nach über 60 Jahren intensiver Nutzung ohne nennenswerten<br />

baulichen Eingriff bestand ein erheblicher und dringender<br />

Sanierungsbedarf. Die Behebung bautechnischer<br />

Mängel, der Ersatz der Installationen, eine energietechnische<br />

Ertüchtigung und die Aufwertung der inneren Oberflächen<br />

waren unumgänglich. Die Gemeinde Muri entschloss<br />

sich zu einem Wettbewerb. Als denkmalpflege rische<br />

Rahmenbedingungen sollten die eingereichten Projekte<br />

Substanz, Charakter und Gestaltungselemente aus der Erstellungszeit<br />

beachten und möglichst beibehalten. Gleichzeitig<br />

war auch eine Erweiterung der Raumverhältnisse zu<br />

prüfen.<br />

Die Ausführung des prämierten Projekts hatte eine Änderung<br />

des bisherigen Erschliessungs- und Nutzungs-Konzepts<br />

zur Folge: Indem die Haupteingänge samt Sanitärräumen<br />

und Lehrerzimmer ins Untergeschoss verlegt<br />

wurden, konnten die bisherigen Garderoben im Eingangsbereich<br />

neu zu Gruppenräumen umgenutzt werden. Ein<br />

vergrössertes und flexibleres Raumangebot ist der Gewinn,<br />

dazu sind beide Klassenräume völlig unabhängig<br />

voneinander nutzbar.<br />

Energetische Anpassungen<br />

Aus energetischen Gründen erwies sich der Ersatz der<br />

Fenster und Aussentüren als unvermeidbar. Die originalen<br />

Espagnoletten und Beschläge konnten wiederverwendet,<br />

Abmessung, Profilierung und Sprossierung 1:1 beibehalten<br />

werden. Um das äussere Erscheinungsbild mit<br />

den charakteristischen Feinheiten der 1950er Jahre zu erhalten,<br />

wurde die Dämmschicht im Innern angebracht. Die<br />

Innengestaltung blieb dadurch trotzdem im Wesentlichen<br />

unverändert. Wo etwas ersetzt werden musste, geschah<br />

dies mit grosser Sorgfalt und mit Rücksicht auf Material,<br />

Farbe und Struktur. Die Weichfaserplatten an der Decke<br />

zeigen so nach wie vor ihr ausgeprägtes, dunkelgrün gefasstes<br />

Fugenbild. Strukturierte Akustikplatten, die auch<br />

die Rollladenkästen abdecken, ergänzen das Bild und sind<br />

Teil des zeittypischen, funktionalen Dekors.<br />

Bauzeitlicher Charme ist erhalten geblieben<br />

Am komplett sanierten Dach blieben die Schindeln der Untersicht<br />

und das Stirnbrett erhalten. Die originale Gneisplatten-Treppe<br />

dient nun – um wenige Meter versetzt –<br />

nicht mehr der Erschliessung, sondern ist Teil des hochwertigen<br />

Gartenbereichs, der durch das neue Konzept<br />

eher noch an Charme zugelegt hat.<br />

Die Gesamtsanierung ist ein Musterbeispiel dafür, wie mit<br />

wohlüberlegten, minimalen Eingriffen die Substanz und<br />

damit der Denkmalwert maximal respektiert werden können.<br />

Die gleichzeitige Einhaltung aktuell gültiger Energiewerte<br />

ist bei solchen Vorhaben eine Selbstverständlich ­<br />

keit.<br />

Hans-Peter Ryser<br />

Muri bei Bern, Kindergarten, Belpstrasse 15<br />

Massnahmen: Gesamtsanierung, 2016/17<br />

Bauherrschaft: Einwohnergemeinde Muri bei Bern<br />

Architekten: wbarchitekten, Bern<br />

Handwerker: Schreinerei Geiser AG, Bern; Keller & Schär AG (Dachdeckund<br />

Spenglerarbeiten), Muri bei Bern; Herrmann Gartenbau AG, Burgdorf;<br />

Könitzer + Hofer AG (Fenster), Worb; Lars Neuenschwander Malerei + Gipserei,<br />

Münsingen<br />

Denkmalpflege: Hanspeter Ruch<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)

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