JB_2017
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Richtig ist, dass wir noch erhebliche Anstrengungen unternehmen<br />
müssen, um das Mögliche zeitnah erreichen zu<br />
können. Klar ist, dass wir dazu eine adäquate Infrastruktur,<br />
insbesondere zu Beratungs- und Testmöglichkeiten, aber<br />
auch bzgl. der medizinischen Versorgungslage benötigen.<br />
Und dort, wo dies gegeben ist, wo also etwa checkpoints<br />
mit Beratungs- und Testangeboten (oder gar noch mit Versorgungsangeboten,<br />
wie etwa beim Zentrum für sexuelle<br />
Gesundheit, „WIR“ in Bochum), mit interdisziplinären Fachlichkeiten<br />
entstanden sind, verzeichnen wir seit ein paar<br />
Jahren deutliche Effekte – im Sinne einer Reduzierung der<br />
HIV-Inzidenzen – insbesondere in der besonders relevanten<br />
Gruppe der MSM (Männer, die Sex mit Männern haben).<br />
Das ist allerdings zumeist nur in einzelnen großstädtischen<br />
Räumen der Fall. Und dass die Zahl der Neuinfektionen insgesamt<br />
nicht gesunken ist, liegt unter anderem eben daran,<br />
dass in Regionen mit eher schlechter Infrastruktur ein<br />
Anstieg zu verzeichnen ist (s.u.). Dazu gehört leider auch<br />
unsere Region!<br />
Epidemiologische Eckdaten aus der Region<br />
So ist die HIV-Inzidenz (HIV-Erstdiagnosen / 100.000<br />
Einwohner) nach Angaben des Robert-Koch-Institutes<br />
(RKI-Bulletin Nr. 39 vom 28.09.<strong>2017</strong>) im Berichtsjahr alleine<br />
in der Stadt Duisburg in 2016 auf 6,13 (= 31 Fälle) gestiegen,<br />
damit um 2,2 Punkte gegenüber dem Vorjahr 2015.<br />
Und hier sind nur die aus Duisburg gemeldeten Fälle von<br />
Duisburger*innen registriert sind und natürlich nicht alle diejenigen,<br />
die Teststellen außerhalb von Duisburg wahrnehmen<br />
und keine Angaben zum Wohnort machen wollen.<br />
Das wird sich jedoch aller Voraussicht nach in 2018 verbessern,<br />
denn mit der (Wieder-) Einrichtung und –besetzung<br />
einer vollen Stelle „AIDS-Koordination“ ab November<br />
<strong>2017</strong> stehen die Signale auch auf Erweiterung des Beratungs-<br />
und Testangebotes. Hinzu kommt ebenfalls voraussichtlich<br />
im Verlaufe des Jahres 2018 die Möglichkeit eines<br />
„Selbsttest-Angebotes“ in der AIDS-Hilfe, für das erstmalig<br />
kein Mediziner unmittelbar beteiligt werden muss. Für die<br />
Zulassung sind nahezu alle Weichen schon gestellt. Es benötigt<br />
allerdings noch das letzte GO einer Bundesregierung,<br />
die wir ja vermutlich wieder bekommen werden. Hier würde<br />
das Testangebot natürlich mit einer qualifizierten Beratung<br />
durch Expert*innen einhergehen, damit niemand alleine im<br />
stillen Kämmerlein mit den Ergebnissen klar kommen muss.<br />
Der HIV-Test ist heute eben keine Schande mehr, sondern<br />
eine Chance!<br />
Für den Kreis Wesel verzeichnen wir leider eine sehr gegenläufige<br />
Entwicklung, nämlich eine deutliche Reduktion<br />
der Ressourcen – zumindest im ÖGD. Und das im Jahre<br />
„30“ der Kooperation, im Jahr „1“ ohne Beratungsstelle vor<br />
Ort - keine Anlässe für eine Jubiläumsfeier.<br />
Die Funktion der „AIDS-Koordination“ ist zwar seit dem<br />
Frühjahr <strong>2017</strong> wieder besetzt, aber das Stundenvolumen<br />
eher als „Alibi“ (vermutlich nur 0,1 VZÄ) zu bezeichnen.<br />
Leider hat der Gesetzgeber es versäumt, den Umfang<br />
der Pflichtaufgabe zu regeln. Darüber hinaus ist der Kreis<br />
Wesel aus der Präventionsarbeit mit Jugendlichen (v.a. in<br />
schulischen Zusammenhängen) komplett ausgestiegen.<br />
Das Beratungs- und Testangebot (in Moers zwei Stunden<br />
wöchentlich zwischen 14 und 16 Uhr; in Wesel nur zweimal<br />
1,5 Stunden zwischen 14 und 15:30 Uhr im Monat) ist weiter<br />
reduziert worden (aus unserer Sicht ist vor allem die Aufgabe<br />
eines Abendangebotes, das recht gut angenommen<br />
worden ist, besonders bedauerlich! Weiterhin gibt es keine<br />
aufsuchenden Angebote mehr). Das ist gemessen an der<br />
Größe des Kreises und seiner Einwohnerzahl äußerst bescheiden!<br />
Und hier geht es ja schon lange nicht mehr „nur“<br />
um HIV und AIDS, sondern in zunehmendem Maße auch<br />
um andere STI`s, bei denen wir leider andere epidemiologische<br />
Zahlen konstatieren müssen – nämlich zum Teil deutliche<br />
Anstiege – auch in der sog. Allgemeinbevölkerung (s.<br />
RKI-Daten). Zudem mussten wir unsere Beratungsstelle in<br />
Wesel (das einzige spezifische Vor-Ort-Angebot) zum Jahresende<br />
2016 aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben.<br />
Gleichzeitig aber waren wir gefordert, das Berichtswesen<br />
für den Kreis Wesel zu modifizieren, was im Berichtsjahr<br />
unverhältnismäßig viele Ressourcen (auf beiden Seiten!)<br />
gebunden hat. Die Auswertung des Verhältnisses von Aufwand<br />
und Nutzen steht noch aus. Statt dem Ziel eines<br />
möglichst einheitlichen Berichtswesens für die verschiedenen<br />
föderalen Ebenen näher zu kommen –wie es die -><br />
Rahmenvereinbarung eigentlich einfordert- sehen wir uns<br />
inzwischen mit fünf bis sechs verschiedenen Dokumentationssystematiken<br />
konfrontiert und werden zunehmend an<br />
den Schreibtisch und an den Computer gedrückt (für die<br />
der Kreis Wesel leider keinen Cent refinanziert)! Und das<br />
modifizierte Berichtswesen bildet mit der hauptamtlichen<br />
Beratung und den Youthwork-Aktivitäten noch dazu nur Teilaspekte<br />
unseres Leistungsspektrums ab.<br />
Wenn wir in der ein oder anderen Beratungsvorlage für den<br />
Fachausschuss und den Kreistag lesen mussten, dass die<br />
vorgenommenen Maßnahmen als einvernehmlich erzielte<br />
„Synergieeffekte“ dargestellt wurden, so kann man das<br />
nur als „Hohn“ bezeichnen. De facto handelt es sich hier<br />
um „Einsparpotentiale“, die die sog. „Jamaika-Koalition“ zur<br />
Senkung der Kreisumlage intendiert hat. In wie weit es sich<br />
dabei auch um nachhaltige Einspareffekte für die Sozialkassen<br />
und Ausgabetöpfe für das Gesundheitswesen und<br />
damit für Kassenbeiträge und Steuern der Bevölkerung<br />
handelt – dies zu beurteilen überlassen wir Ihnen, liebe Leser*innen.<br />
Gemeinsam gegen AIDS<br />
Angesichts der ambitionierten aber erreichbaren Ziele erachten<br />
wir es für entscheidend, dass die partnerschaftliche<br />
und partizipative Kooperation zwischen staatlichen Strukturen<br />
(hier die unteren Gesundheitsbehörden) und den freien<br />
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