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SOCIETY 373 / 2018

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gen. Deswegen besuche ich alle Bundesländer,<br />

Landesregierungen und Institutionen. Wichtig<br />

ist auch die Pflege wirtschaftlicher Kontakte. Die<br />

Förderung der Investitionen von polnischen Firmen<br />

hier und von österreichischen Firmen, die<br />

schon in Polen ansässig sind, wie Strabag, PORR,<br />

Kapsch, die Raiffeisenbank und viele mittelständische<br />

Unternehmen aus allen Regionen und<br />

Branchen. Wir haben in Österreich momentan<br />

fünf Honorarkonsuln und möchten diese Präsenz<br />

noch verstärken. Ich finde, es ist ein großer Vorteil,<br />

sehr aktive Vertreter zu haben, die in ihren<br />

Orten anerkannte Persönlichkeiten sind und<br />

gute Beziehungen pflegen.<br />

Glauben Sie, dass es für eine weibliche Botschafterin<br />

schwieriger ist Beruf und Familie miteinander<br />

zu verbinden, als für einen Mann?<br />

Ja, manchmal schon. Obwohl die Rollenverteilung<br />

heutzutage anders ist. Es findet ein gesellschaftlicher<br />

Wandel statt. Früher waren Frauen<br />

oft nur gezwungen, wegen der materiellen und<br />

sozialen Situation beruflich aktiv zu sein. Heute<br />

haben sie die freie Entscheidung bei der Ausbildung<br />

und der Berufswahl. Viele Frauen studieren<br />

und können sich z.B. auch für eine wissenschaftliche<br />

Karriere entscheiden.<br />

Heutzutage sind jüngere Frauen selbstbewusst.<br />

Es ist gut, dass die Frauen selbst entscheiden,<br />

welchen Weg sie gehen. Die Familie ist trotz<br />

allem wichtig und wir brauchen und fördern sie<br />

in der Politik. Die jetzige polnische Regierung<br />

investiert in die Familie und man spürt schon<br />

erste positive Tendenzen. Mit einer guten Infrastruktur<br />

beispielsweise kann man Frauen und<br />

Müttern helfen, damit Berufliches und Familiäres<br />

nicht miteinander kollidieren – dass Frauen<br />

gleiche Rechte wie Männer haben, ist für mich<br />

selbstverständlich.<br />

CURRICULUM<br />

VITAE<br />

I.E. Mag. Jolanta Roza<br />

Kozlowska war nach ihrem<br />

Studium 1992 zunächst<br />

als Ministerialrätin für<br />

die Angelegenheiten der<br />

deutschen Minderheit im<br />

polnischen Ministerium für<br />

Kultur und Nationalerbe<br />

zuständig. 1994 wurde<br />

sie als Vizekonsulin nach<br />

München entsandt, mit den<br />

Aufgaben der Kulturkonsulin<br />

betraut und war<br />

von 1998 – 2002 in den<br />

Bundesländern Bayern<br />

und Baden-Württemberg<br />

als Generalkonsulin tätig.<br />

Von 2003 bis 2005 übernahm<br />

sie den Posten der<br />

Direktorin des Beethoven-<br />

Oster-Festivals in Krakau<br />

und Warschau. In den<br />

Folgejahren beteiligte<br />

sie sich an internationalen<br />

Kulturprojekten des<br />

Adam-Mickiewicz-Instituts<br />

in Polen. Aufgrund ihrer<br />

Erfahrung im diplomatischen<br />

Dienst wurde sie<br />

wiederholt für den Auslandsdienst<br />

beauftragt und<br />

2009 als Generalkonsulin<br />

nach Köln entsandt. 2014<br />

wurde sie im Amt des Marschalls<br />

der Woiwodschaft<br />

Vorkarpaten als Beraterin<br />

für Außenbeziehungen<br />

angestellt. Zwei Jahre arbeitete<br />

sie als Präsidentin<br />

der Universitätsstiftung der<br />

Katholischen Universität<br />

Lublin. Am 30. September<br />

2017 übernahm Frau Mag.<br />

Kozlowska als Botschafterin<br />

der Republik Polen die<br />

Leitung der Botschaft in<br />

Wien.<br />

»(...) dass Frauen<br />

die gleichen<br />

Rechte wie<br />

Männer haben,<br />

ist für mich<br />

selbstverständlich.<br />

«<br />

Jolanta Roza<br />

Kozlowska<br />

WOMEN AMBASSADORS<br />

INTERVIEW POLEN<br />

Wien hat eine starke polnische Community<br />

mit einer eigenen polnischen, katholischen Kirche,<br />

ist die Botschaft viel in dieser Community<br />

involviert? Und wie groß ist die polnische Diaspora<br />

in Wien?<br />

Die Botschaft ist natürlich involviert. Wir haben<br />

eine Konsularabteilung, die für Kontakte zuständig<br />

ist. Die polnische Diaspora ist groß, laut den letzten<br />

Zahlen leben ca. 75.000 polnische Staatsbürger in<br />

Österreich. Während des Zeiten Weltkriegs waren<br />

in den KZs auf dem österreichischen Staatsgebiet<br />

zigtausende polnische Staatsbürger, auch jüdischer<br />

Abstammung, gefangen. Viele sind ums Leben gekommen<br />

und tausende von Zwangsarbeitern sind<br />

hiergeblieben, da sie ihre Heimat verloren hatten.<br />

Auch die polnische Kirche ist hier sehr lebendig, es<br />

gibt viele aktive katholische Orden und die Zentrale<br />

der polnischen Gemeinde am Rennweg. Es gibt<br />

aber auch viele polnische Priester, die in österreichischen<br />

Gemeinden tätig sind.<br />

Ich möchte hier erwähnen, dass <strong>2018</strong> (am 12.<br />

September) der 335. Jahrestag des Entsatzes von<br />

Wien am Kahlenberg gefeiert wird. Der Befehlshaber<br />

war der damalige polnische König Jan III.<br />

Sobieski. Diese Schlacht gehört zu den wichtigsten<br />

in der europäischen Geschichte — im militärischen,<br />

aber auch im geopolitischen Sinne. Ich<br />

würde mich freuen, wenn in Wien endlich ein<br />

Denkmal für König Sobieski entsteht. Es wäre<br />

eine Ehre für den König, der diese Stadt gerettet<br />

hat. Er ist jemand, der uns historisch verbindet,<br />

unsere gemeinsame österreichisch-polnische,<br />

unsere europäische Geschichte. Es ist interessant,<br />

wie Geschichte eine Wirkung auf die Gegenwart<br />

haben kann. Wien ist eine besondere Stadt, hier<br />

finden Kulturen und Einflüsse zueinander. Die<br />

Sympathien aus diesen alten Zeiten spielen auch<br />

heutzutage eine wichtige Rolle.<br />

Sie waren bereits als Kulturkonsulin in München<br />

tätig...<br />

Erst Kultur-, dann Generalkonsulin. Ich persönlich<br />

finde, dass Kultur unheimlich wichtig ist.<br />

Viele Menschen und Länder verstehen die Kulturpolitik<br />

als eine der wichtigsten Aufgaben der Diplomatie.<br />

Das ist das Universelle. Wenn man die<br />

Musik versteht, wenn man die Kunst versteht, den<br />

Sinn, die Idee, dann versteht man auch die Politik.<br />

Ich habe meinen Magister in Freiburg gemacht<br />

und diese Erfahrung hat mir in der diplomatischen<br />

Karriere sehr geholfen. Wien ist ein interessanter<br />

Ort, um Politik zu betreiben. Gerade<br />

in diesem kulturellen, fantastischen Umfeld ist<br />

es schön, andere Kulturen zu erleben. Es ist eine<br />

wichtige Aufgabe für jeden Botschafter hier in<br />

Wien kulturell präsent zu sein – nicht nur politisch.<br />

Auf der einen Seite sind hier die internationalen<br />

Organisationen usw. aber schauen Sie, wie<br />

wichtig auch die Bälle oder Konzerte sind.<br />

Würden Sie sich, wenn man Ihnen einen besonderen<br />

Titel geben könnte, gerne als Kulturbotschafterin<br />

bezeichnen lassen?<br />

Schon. Ich würde sagen, dass ich einen guten<br />

Sinn für Kultur habe und das hilft mir bei vielen<br />

menschlichen Kontakten. Ich glaube, dass<br />

ich immer auf Menschen treffe, bei denen ich<br />

mich wohlfühle. Ich finde es wunderbar, die unterschiedlichen<br />

Kulturinstinstitutionen zu besuchen.<br />

Ich freue mich auf jede bilaterale Kooperation.<br />

Wir hatten z.B. eine tolle Ausstellung über<br />

König Sobieski im Belvedere Museum in Wien. •<br />

I.E. Jolanta Roza Kozlowska mit Gerti Tauchhammer<br />

<strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2018</strong> | 61

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