Wiener Festwochen - Österreich Journal
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Foto: Jahn<br />
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 107 / 03. 05. 2012<br />
<strong>Österreich</strong>, Europa und die Welt<br />
Vom Zillertal ausgewandert<br />
Vor 175 Jahren haben sich Zillertaler Protestanten schweren Herzens entschlossen,<br />
ihrem Glauben treu zu bleiben und dafür ihre Heimat aufzugeben.<br />
Im hinteren Zillertal hatte sich der Protestantismus<br />
nach der Gegenreformation<br />
im 16. Jahrhundert gehalten, doch wurde er<br />
nicht öffentlich praktiziert. Auch die Ausweisung<br />
von 20.000 Salzburger Protestanten<br />
im Jahre 1731 hatte darauf keinen Einfluß.<br />
In Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark<br />
hatte der „Geheimprotestantismus“<br />
eine große Zahl von Anhängern, die dann<br />
1781/82 nach Verkündung des Toleranzpatents<br />
mit der Gründung von Toleranzgemeinden<br />
ihren Glauben öffentlich ausüben<br />
konnten. Grund dafür, daß sich der Protestantismus<br />
im Zillertal so hartnäckig halten<br />
konnte, war die Abgeschiedenheit der Gemeinden<br />
und hier ganz speziell der Berghöfe<br />
Von Helga und Horst Bast. *)<br />
Die Nachfahren der Zillertaler Protestanten zeigten zur 100-Jahr-Feier 1937 im<br />
Festzug in Zillerthal-Erdmannsdorf wie sie hier vor 100 Jahren in angekommen sind.<br />
*) Helga und Horst Bast haben im Cardamina Verlag,<br />
D-56637 Plaidt, das Buch „Die Familien der 1837<br />
ausgewanderten Protestanten aus dem Zillertal“<br />
herausgebracht. ISBN 978-3-86424-044-7<br />
http://www.cardamina.de/webshop/shop01.html<br />
und Weiler. Ebenso war das Zillertal durch<br />
seine Aufteilung in zwei Bistümer, Brixen<br />
und Salzburg, links und rechts vom Ziller, in<br />
der religiösen Betreuung nicht verwöhnt. Dazu<br />
kam noch, daß die Pfarreien im hinteren<br />
Zillertal bei den Priestern nicht als Wunschpfarreien<br />
galten und auch dementsprechend<br />
von den Bischöfen besetzt wurden.<br />
Die Zillertaler haben sich ihr Brot als<br />
Viehhändler, Sensenschmiede, Handschuhund<br />
Lederwarenverkäufer, Granatenhändler<br />
oder Ölträger verdient. Dabei sind sie weit,<br />
auch in protestantische Lande, gekommen.<br />
In Hamburg und Amsterdam gab es sogar<br />
Zillertaler-Handelsniederlassungen. Protestantische<br />
Bücher und Bibeln, mit denen sie<br />
ihren Glauben lebten, hatten sie dabei aus<br />
dem evangelischen Ausland mitgebracht.<br />
Weitere Exemplare gelangten durch fahrende<br />
Händler ins Zillertal. Versammlungen<br />
fanden heimlich statt, in der Regel auf entle-<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
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genen Bauernhöfen 1) . Deshalb durchsuchte<br />
die Obrigkeit des öfteren verschiedene Häuser<br />
und Höfe im hinteren Zillertal, um diese<br />
Bücher, Schriften und Bibeln zu finden und<br />
dann zu vernichten.<br />
Das Toleranzpatent wurde am 13. Oktober<br />
1781 in Wien von Kaiser Joseph II. verkündet.<br />
Es ermöglichte den protestantischen<br />
und anderen Kirchen in den Habsburger<br />
Kronländern wieder die freie Religionsausübung.<br />
Nach Ostern 1826 bekannten sich Andreas<br />
und Adam Egger sowie Josef Gredler<br />
beim Pfarrer Mayer von Hippach zur evangelischen<br />
Religion. Nach den vorgeschriebenen<br />
sechswöchigen Unterweisungen durch<br />
den Pfarrer konnte dieser an das Dekanalamt<br />
melden, daß Andreas Egger und die anderen<br />
ihren „Irrglauben“ widerrufen hatten; so wird<br />
es in der Dissertation von Dr. phil. Ekkart<br />
Sauser beschrieben. 2)