Wiener Festwochen - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 107 / 03. 05. 2012<br />
Wirtschaft<br />
Haushalte tendierten auch 2011<br />
zu weniger Finanzinvestitionen<br />
Private Haushalte investierten im Jahr 2011 9,3 Mrd Euro neu in<br />
Finanzanlagen und damit um rund ein Fünftel weniger als noch 2010.<br />
Dieser Rückgang machte pro Haushalt im<br />
Durchschnitt 700 Euro aus. Damit setzt<br />
sich die seit 2007 begonnene Verlangsamung<br />
im Vermögensaufbau weiter fort. Dieser Trend<br />
wird auch von der geringeren Spartätigkeit<br />
stark beeinflußt. Der größte Teil der Neuveranlagungen<br />
entfiel mit rund 60 Prozent auf<br />
inländische Banken, für die die Haushalte<br />
weiterhin ein wesentlicher Kapitalgeber bleiben.<br />
Umgekehrt verschuldeten sich Haushalte<br />
2011 bei inländischen Banken mehr als<br />
doppelt so hoch wie noch 2010 – allerdings<br />
auf dem sehr geringem Niveau von 2,5 Mrd<br />
Euro.<br />
Gemäß den Daten der Gesamtwirtschaftlichen<br />
Finanzierungsrechnung der Oesterreichischen<br />
Nationalbank (OeNB) betrug der<br />
Vermögensaufbau privater Haushalte in Finanzanlagen<br />
im Jahr 2011 9,3 Mrd Euro gegenüber<br />
11,9 Mrd im Jahr davor. Die Finanzinvestitionen<br />
fanden in einem Umfeld unruhiger<br />
Kapitalmärkte und einer gegenüber<br />
2010 deutlich gestiegenen Inflation statt. Die<br />
mit „angezogener Handbremse“ durchgeführten<br />
Neuveranlagungen spiegeln die von<br />
der Statistik Austria ermittelte – gegenüber<br />
2010 weiter rückläufige – Sparquote von<br />
7,5 Prozent wider. Zusätzlich sorgten vor<br />
allem hohe Buchverluste in den Wertpapierportefeuilles<br />
der inländischen Privatanleger<br />
dafür, daß der Vermögensbestand auf dem<br />
Jahresendstand von 2010 in der Größenordnung<br />
von 469 Mrd Euro stagnierte.<br />
Private Kreditnehmer verschuldeten sich<br />
im Jahr 2011 im Ausmaß von 2,5 Mrd Euro<br />
neu (2010: 1,1 Mrd Euro). Der Anstieg ist<br />
auf eine vermehrte Inanspruchnahme von<br />
Wohnbaukrediten zurückzuführen. Die gesamten<br />
Verbindlichkeiten stiegen 2011 gegenüber<br />
dem Vorjahresendstand um 2 Prozent<br />
auf 164 Mrd Euro. Knapp zwei Drittel davon<br />
entfielen auf Wohnbaukredite in Höhe von<br />
108 Mrd Euro.<br />
Die geringeren Mittel für Finanzanlagen<br />
wurden von den privaten Haushalten 2011<br />
auch anders veranlagt als noch 2010: Wie<br />
schon im ersten Halbjahr 2011 beobachtbar,<br />
investierten private Anleger mit 4,2 Mrd<br />
Euro im gesamten Jahr 2011 deutlich mehr<br />
in Bankeinlagen als noch 2010 (1 Mrd<br />
Euro). Bedingt durch höhere Inflationsraten<br />
(Jahresdurchschnitt 2011: 3,3 Prozent) konnte<br />
die nominelle Verzinsung bei vielen Einlagenprodukten<br />
diese Preissteigerung nicht<br />
kompensieren. Dies galt insbesondere für<br />
täglich fällige Produkte oder Einlagen mit<br />
einer Bindungsfrist von bis zu maximal<br />
einem Jahr. Der weitere erwartete Rückgang<br />
der Inflation (März 2012: 2,4 Prozent) dürfte<br />
hier ein wenig Entspannung hinsichtlich<br />
der Realverzinsung bringen, wenn gleich<br />
auch die Neugeschäftszinsen der Banken seit<br />
Oktober 2011 im Durchschnitt der folgenden<br />
vier Monate tendenziell leicht rückläufig<br />
waren.<br />
Machten im Jahr 2010, insbesondere<br />
durch einen Einmaleffekt im Dezember<br />
2010, die Wertpapierveranlagungen fast<br />
40 Prozent der Geldvermögensbildung aus,<br />
so fiel das Interesse privater Anleger an handelbaren<br />
Wertpapieren im Jahr 2011 deutlich:<br />
Per saldo flossen nur 5 Prozent (500<br />
Mio Euro) der Finanzinvestitionen an neuem<br />
Kapital in Wertpapiertitel.<br />
Getrieben durch Primärmarkttransaktionen<br />
kam es im ersten Halbjahr 2011 zu einem<br />
überproportional hohen Erwerb von inländischen<br />
Bankanleihen und durch Tilgungen im<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
70<br />
vierten Quartal 2011 zu starken Verkäufen<br />
derselben Wertpapierkategorie. Insgesamt fiel<br />
im Jahr 2011 der Nettoerwerb von Bankanleihen<br />
mit rund 1,4 Mrd Euro doppelt so<br />
hoch aus wie im Jahr 2010. Weiterhin gefragt<br />
waren inländische Unternehmensanleihen<br />
mit einem Transaktionsvolumen von<br />
rund 500 Mio Euro. Hingegen sorgten vor<br />
allem die deutlichen Aktienkursrückgänge<br />
im dritten Quartal 2011 sowie die anhaltenden<br />
Unsicherheiten auf den Anleihemärkten<br />
für einen Verkauf von Investmentzertifikaten<br />
in Höhe von 1,5 Mrd Euro, während direkt<br />
erworbene Aktien netto sogar um rund 200<br />
Mio Euro zugekauft wurden. Das gesamte<br />
Wertpapierportefeuille mit einem aktuellen<br />
Marktwert in Höhe von 94 Mrd Euro Ende<br />
2011 fiel durch die starken Kursrückgänge<br />
des Aktien- und Investmentfondsbestands<br />
auf das Niveau vom März 2010 zurück.<br />
Die Geldvermögensbildung dürfte auch<br />
2012 durch eine im Vergleich zum langjährigen<br />
Durchschnitt geringere Sparquote eher<br />
moderat ausfallen. Erste Ergebnisse für die<br />
Veranlagungen zu Jahresbeginn zeigen, daß<br />
sowohl Einlagen als auch handelbare Wertpapiere<br />
tendenziell eher abgebaut bzw. verkauft<br />
wurden. �<br />
http://www.oenb.at