Wiener Festwochen - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 107 / 03. 05. 2012<br />
Ernennung zum Major beim Infanterieregiment<br />
Nr. 39 und der Geburt des ersten gemeinsamen<br />
Sohnes, Erzherzog Otto (1912-<br />
2011), verlegte die junge erzherzogliche<br />
Familie ihren Wohnsitz nach Wien, wo ihr<br />
das Schloß Hetzendorf zur Verfügung gestellt<br />
worden war.<br />
In Folge des Attentates von Sarajewo<br />
rückte Erzherzog Carl im Juni 1914 unmittelbar<br />
in der Thronfolge nach, wobei er<br />
auf diese Funktion keineswegs vorbereitet<br />
und daher auch in die engsten Entscheidungsfindungen<br />
zu diesem Zeitpunkt kaum<br />
involviert wurde. Die Einweisung in die Regierungsgeschäfte<br />
erfolgte eher nur am Rande<br />
seiner militärischen Pflichten, die ihm<br />
nicht zuletzt auch aus dem unmittelbaren<br />
Ausbruch des Ersten Weltkrieges erwuchsen.<br />
Im Auftrag des Kaisers unternahm er<br />
zahlreiche Frontbesuche und erhielt eine<br />
Vielzahl von Sondermissionen im Rahmen<br />
der militärischen Bündnisse. Auf politische<br />
Entscheidungen nahm er jedoch kaum Einfluß<br />
und erhielt hier auch keinerlei Mitsprache.<br />
Er lernte vielmehr an der Front selbst<br />
die Sinnlosigkeit und auch die Greuel des<br />
Krieges aus unmittelbarer Nähe kennen, wobei<br />
er sich – ab 1916 auch bereits als kommandierender<br />
General (XX. Armeekorps) –<br />
bei den Truppen dadurch besonderen Respekt<br />
verschaffte und ihm – ganz untypisch<br />
für seine Stellung – regelrechte Beliebtheit<br />
wiederfuhr. Ganz im Gegensatz zu der obersten<br />
Armeeführung, die dem jungen, vermeintlich<br />
unerfahrenen Thronfolger mit<br />
äußerster Skepsis und viel Argwohn gegenüberstand<br />
– allen voran dessen Generalstabschef<br />
Conrad von Hötzendorf.<br />
Als am 21. November 1916 Kaiser Franz<br />
Joseph I. nach einer Regierungszeit von<br />
knapp 68 Jahren verstarb, übernahm Kaiser<br />
Karl I. den Thron. Dieser Thronwechsel mitten<br />
im Krieg war sicherlich keine leichte<br />
Aufgabe, drängten doch viele der – aufgrund<br />
der langen Kriegsdauer auch zunehmend<br />
verstärkten – Probleme der Donaumonarchie<br />
auf eine unmittelbare Lösung. Von Anfang<br />
an bekundete der Kaiser sehr deutlich seinen<br />
festen Willen zum Friedensschluß. Allein<br />
diese Friedenbemühungen suchte er – letztlich<br />
vergeblich – im Gleichklang mit den<br />
Verbündeten zu finden. Zu seinem bekanntesten<br />
Friedensversuch zählte sicherlich die<br />
sogenannte „Sixtus“-Affäre aus dem Frühjahr<br />
1917, die jedoch ein Jahr später ein eher<br />
unrühmliches Nachspiel fand und wiederum<br />
zu einer unmittelbaren – außenpolitischen<br />
und militärischen – Abhängigkeit <strong>Österreich</strong>-<br />
Ungarns vom deutschen Bundesgenossen<br />
Foto: unbekannter Fotograf<br />
Foto: HGM<br />
Kultur<br />
Erzherzog Karl (l.) mit Generaloberst Erzherzog Leopold Salvator<br />
Letztes von Kaiser Karl I. genutztes Automobil – Gräf und Stift 40/45 HP mit<br />
dem Großportrait Kaiser Karl I. als Feldmarschall in Campagne-Uniform<br />
führte. Der Krieg ging indes an den Fronten<br />
in unverminderter Härte weiter.<br />
Karl versuchte auch innenpolitisch noch<br />
durch zahlreiche Reformen eine Versöhnung<br />
der nationalen Gegensätze herbeizuführen.<br />
Den Vielvölkerstaat selbst betrachtete er als<br />
unteilbar und untrennbar („Indivisibiliter ac<br />
inseparabiliter“). Doch bei all seinen Bemühungen<br />
scheiterte er auch hier unweigerlich<br />
an den bereits zunehmend offen zu Tage tretenden<br />
unterschiedlichen nationalen Bestrebungen<br />
seiner Völker bzw. an der ab dem<br />
Frühjahr 1918 von den Westmächten auch<br />
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klar als offizielles Kriegsziel deklarierten<br />
Schaffung unabhängiger Nationalstaaten.<br />
Karls letzter gewagter Versuch, zumindest<br />
die österreichische Reichshälfte in einen<br />
Bundesstaat von autonomen Nationalitäten-<br />
Einheiten umzuwandeln (Völkermanifest<br />
vom 16. Oktober 1918), beschleunigte diesen<br />
schon längst in Gang befindlichen Auflösungsprozeß<br />
der Donaumonarchie. Der Kaiser<br />
betrachtete seine 1916 übernommene<br />
Herrschaft primär jedoch als Gottesgnadentum,<br />
sah sich selbst durch den Willen Gottes<br />
hierzu legitimiert und fühlte sich aus diesem