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MEDIAkompakt_MK_24

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34<br />

SOCIETY<br />

mediakompakt<br />

Foto: Saskia Heller<br />

Zero Waste in Stuttgart<br />

Ein Seepferdchen umschlingt ein Wattestäbchen. Seevögel verenden qualvoll<br />

am Strand. Inseln aus Plastik treiben im Meer. Bilder, die sich ins Gedächtnis<br />

brennen. Was kann jeder von uns tun, um die Vermüllung der Meere einzudämmen?<br />

VON SASKIA HELLER<br />

Jeder Deutsche produzierte im Jahr 2015<br />

laut einer Studie des Kölner Instituts der<br />

deutschen Wirtschaft 37 Kilogramm<br />

Plastikmüll. Die Recyclingrate betrug le -<br />

diglich 49 Prozent, der Rest wird zur<br />

Energiegewinnung verbrannt. Kritiker bemängeln<br />

schon lange die geschönten<br />

Zahlen der Abfallwirtschaft.<br />

So wird ein Großteil des<br />

Plastikmülls von China auf -<br />

gekauft, um daraus neue<br />

Produkte herzustellen. Und<br />

der Abfall wird nicht einmal<br />

direkt in Deutschland<br />

recycelt. Für dieses Jahr hat<br />

China eine Reform des Ab -<br />

fallkaufs angekündigt –<br />

minderwertiger Müllsoll<br />

nicht mehr von westlichen<br />

Na tionen gekauft werden.<br />

Al so: Die Abfallwirtschaft in<br />

un serem Land muss sich was<br />

einfallen lassen.<br />

Umso wichtiger ist es,<br />

dass jeder einzelne sich Gedanken um seinen Müll<br />

macht. Zum Beispiel darüber, ob Bananen im<br />

Supermarkt in einer Plastiktüte zur Kasse getragen<br />

werden müs sen. Oder ob man den Irrsinn von<br />

gepellten und wieder in Plastik verpackten Eiern<br />

unterstützen möchte.<br />

Eine ausgesprochen clevere Alternative zum<br />

Verpackungswahnsinn bietet der Supermarkt<br />

Schütt gut im Stuttgarter Westen. Dort macht man<br />

es sich seit drei Jahren zur Aufgabe, Produkte<br />

nach haltig, möglichst regional und biozertifiziert<br />

und unverpackt anzubieten. Der Kunde bringt<br />

dazu entweder sein eigenes<br />

Ver packungsmaterial mit oder<br />

er kann im Supermarkt<br />

ökologisch verträgliche Stoff -<br />

taschen und Behältnisse in<br />

unterschiedlichen Größen er -<br />

werben. Das rein vegetarische<br />

Sortiment reicht von über -<br />

wiegend saisonalem Obst und<br />

Gemüse über Nudeln, Körner,<br />

Joghurt, Eiern, Käse bis zu<br />

Backwaren.<br />

Auch ausgefallene Produkte<br />

wie Blütenpollen für das Müsli,<br />

Waldmeisterfruchtaufstrich<br />

oder als Highlight ganz frisch<br />

Foto: Saskia Heller gemahlenes Haselnussmus<br />

finden die Kunden in dem 53<br />

Quadratmeter großen Supermarkt. „Das Lieb -<br />

lingsprodukt der Kunden sind die Shampoos. Da -<br />

von wurden 5000 Stück in zwei Jahren verkauft“,<br />

sagt Jens-Peter Wedlich, Inhaber und Gründer<br />

von Schüttgut. Shampoos, die äußerlich eher<br />

Seifen ähneln, werden einzeln in Papier verpackt<br />

und verkauft. Auch andere Drogerieartikel wie<br />

Bambuszahnbürsten und Waschmittel erfreuen<br />

sich großer Beliebtheit.<br />

Allerdings: Ein Einkauf im Schüttgut-Markt<br />

will gut vorbereitet sein. So muss sich der Kunde<br />

schon vorab Gedanken machen, welche Menge er<br />

tat sächlich benötigt und wie er die Waren trans -<br />

portieren will. Genau dadurch werde laut Wedlich<br />

der Verschwendung entgegengesteuert. Das<br />

Konzept komme gut an. Nicht nur Stuttgarter kau -<br />

fen hier gern ein. „Wir haben ein riesiges<br />

Einzugsgebiet. Die Kunden fahren aus Heilbronn,<br />

Tübingen, Ludwigsburg zu uns, sogar aus<br />

Altensteig waren neulich welche da.“<br />

Doch was kann man nun tun, wenn die Fahrt<br />

zum Zero-Waste-Supermarkt zu weit ist? Mit<br />

selbstgenähten Stoffbeuteln, zum Beispiel aus al -<br />

ten Gardinen, lassen sich zumindest die<br />

Plastiktüten im Obst- und Gemüsebereich ein -<br />

sparen. Bei Joghurt, Milch, Senf, Öl und Essig wäre<br />

es vorstellbar, vollständig auf eine Plas -<br />

tikverpackung zu verzichten und dafür lieber<br />

Mehr weg-Gläser kaufen. Wurst, Käse und Brot<br />

bes ser an der Theke kaufen, so sind auch kleine<br />

Men gen möglich. Positiver Nebeneffekt: Es ent -<br />

stehen weniger Reste. Mit ein wenig Überlegung<br />

fallen jedem von uns sicher noch mehr Wege ein,<br />

Müll zu vermeiden.<br />

www.schuettgut-stuttgart.de

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