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7,1-5; Lk 6,27-42). Wenn im NT von <strong>de</strong>r<br />
endgerichtlichen „Rache“ bzw. „Vergeltung“<br />
Gottes die Re<strong>de</strong> ist bzw. von<br />
ihm erbeten wird, dann nicht im Sinne<br />
einer anthropomorph gedachten Befriedigung<br />
von göttlichen Rachegelüsten,<br />
son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>r Wahrung und Durchsetzung<br />
<strong>de</strong>r Heiligkeit und Wahrheit<br />
Gottes willen bzw. um <strong>de</strong>r Rettung und<br />
Wür<strong>de</strong> aller Opfer und lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kreaturen<br />
willen (Offb 6,10-11; 19,2).<br />
6. Gott <strong>als</strong> Feind <strong>de</strong>s Menschen?<br />
Die Theodizeefrage<br />
In <strong>de</strong>n jüngeren Schriften <strong>de</strong>s Alten<br />
Testaments (vgl. nur Hiob; Kohelet)<br />
bricht mit großer Vehemenz die Frage<br />
nach <strong>de</strong>m Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Gerechten auf:<br />
Wie verhält sich Gottes Güte zum ungezählten<br />
Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Frevler wie <strong>de</strong>r<br />
Gerechten? Wer ist verantwortlich für<br />
die alltäglich erfahrbare Ungerechtigkeit?<br />
Warum muss <strong>de</strong>r Gerechte lei<strong>de</strong>n?<br />
Der biblischen Gottesbotschaft sind<br />
zwei Auswege, diese Fragen zu beantworten,<br />
verwehrt:<br />
(a) die dualistische Delegation aller Verantwortlichkeit<br />
für das Böse an ein auf<br />
gleicher Höhe mit Gott stehen<strong>de</strong>s „böses<br />
Prinzip“ (einen kosmologischen Gegenspieler<br />
Gottes). <strong>Diese</strong>s Weltbild wi<strong>de</strong>rspricht<br />
<strong>de</strong>r alleinigen Schöpfertätigkeit<br />
und Allmacht Gottes wie sie das<br />
monotheistische Bekenntnis Israels,<br />
das sich nachexilisch wirksam artikulierte,<br />
einschließt 17 ;<br />
(b)die Verharmlosung und Relativierung<br />
<strong>de</strong>s Lei<strong>de</strong>ns: <strong>Diese</strong>r Ausweg wi<strong>de</strong>rspricht<br />
<strong>de</strong>r Schöpferliebe zu seinen<br />
Geschöpfen, Gottes Güte und Gerechtigkeit.<br />
Die biblischen Schriften bieten<br />
keine systematische Lösung 18 für diese<br />
bohren<strong>de</strong>n Fragen; letztlich führt<br />
kein Weg daran vorbei, die Frage nach<br />
<strong>de</strong>r Verantwortlichkeit Gottes für das<br />
Böse offen zu halten – um <strong>de</strong>r Wür<strong>de</strong><br />
und Größe Gottes selbst wie <strong>de</strong>r Menschen<br />
willen.<br />
So führen manche biblischen Aussagen<br />
auch das Unheil auf Gott zurück.<br />
Bei Deuterojesaja heißt es:<br />
Jes 45,5: Ich (bin) JHWH und keiner<br />
sonst;<br />
außer mir (gibt es) keinen<br />
Gott. …<br />
Jes 45,7: <strong>de</strong>r gebil<strong>de</strong>t hat das<br />
Licht<br />
und erschaffen hat die<br />
Finsternis,<br />
<strong>de</strong>r gemacht hat Heil<br />
und erschaffen hat Unheil.<br />
Ich bin YHWH, <strong>de</strong>r gemacht<br />
hat all dies.<br />
Hier, am Übergang vom Alleinverehrungsanspruch<br />
Jahwes (Monolatrie)<br />
zum Einzigkeitsanspruch Jahwes<br />
(Monotheismus) stellt Jahwe sich<br />
selbst <strong>als</strong> Urheber von Licht und Finsternis,<br />
von Heil und Unheil vor. Er<br />
übernimmt die Verantwortung für alles<br />
Geschehen unter <strong>de</strong>m Himmel.<br />
Auch die Krankheiten <strong>de</strong>s Menschen<br />
können mitunter auf Gott zurückgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n (vgl. Ps 88; Hiob<br />
5,18: „Denn er schlägt Wun<strong>de</strong>n, aber<br />
er verbin<strong>de</strong>t (sie auch); er zerschmettert,<br />
aber (zugleich) heilen seine Hän<strong>de</strong>“).<br />
Bei diesen verstören<strong>de</strong>n Aussagen<br />
<strong>de</strong>r Bibel, die Gott <strong>als</strong> Feind <strong>de</strong>s<br />
Menschen anzusehen scheinen, ist<br />
sehr genau auf <strong>de</strong>n Zusammenhang zu<br />
achten: In <strong>de</strong>r existenziellen Bedrohung<br />
durch Krankheit und Leid wen<strong>de</strong>t<br />
sich <strong>de</strong>r Klagen<strong>de</strong>, Flehen<strong>de</strong> und<br />
Beten<strong>de</strong> an eben diesen Gott, <strong>de</strong>n er<br />
haftbar macht für seine Situation und<br />
von <strong>de</strong>m er sich in letzter Auswegund<br />
Hoffnungslosigkeit wirksame<br />
Hilfe erwartet. 19<br />
Ein analoger Fall ist die Rückführung<br />
<strong>de</strong>r Verstockung, genauer <strong>de</strong>r<br />
Herzensverhärtung <strong>de</strong>r Menschen auf<br />
Gott (vgl. Jes 6,1-11 20 ; Mk 4,10-12;<br />
Röm 9-11; Apg 28,25-28). An<strong>de</strong>rs <strong>als</strong><br />
von Gott verursacht, können und mögen<br />
sich die biblischen Autoren die<br />
für sie sonst unverständliche Glaubensverweigerung<br />
<strong>de</strong>r Menschen<br />
nicht erklären. 21<br />
7. Das Kreuz Jesu –<br />
mächtige Ohnmacht<br />
Aus kulturellen und religiösen Grün<strong>de</strong>n<br />
ist für Ju<strong>de</strong>n wie für Griechen und<br />
Römer <strong>de</strong>r Kreuzestod Jesu anstößig<br />
und die Verkündigung <strong>de</strong>s Gekreuzigten<br />
<strong>als</strong> Messias ein gewaltiger Skandal<br />
bzw. eine Torheit (1 Kor 1,23). 22 In<br />
existenziell eindrucksvoller Weise hat<br />
<strong>de</strong>r Apostel Paulus, bedingt durch seine<br />
eigene Biographie vom Christenverfolger<br />
zum glühen<strong>de</strong>n Christusboten, <strong>de</strong>r<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Kreuzesto<strong>de</strong>s Jesu nachgespürt.<br />
Unter <strong>de</strong>n neutestamentlichen<br />
Autoren ist er zweifellos <strong>de</strong>rjenige Autor,<br />
<strong>de</strong>r uns in seinen Briefen <strong>de</strong>n tiefsten<br />
Einblick gewährt in seine eigenen<br />
Glaubenserfahrungen. Die Paulusbriefe<br />
<strong>als</strong> die ältesten erhaltenen Schriften<br />
<strong>de</strong>s Urchristentums gehören nicht zur<br />
leichtgewichtigen Erbauungsliteratur<br />
(vgl. schon <strong>de</strong>n Hinweis in 2 Petr 3,16).<br />
In ihnen spiegelt sich das Ringen <strong>de</strong>s<br />
Apostels Paulus mit <strong>de</strong>n Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
und Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>n, auf die er bei<br />
seinen Missionsreisen trifft. Entwicklungen<br />
innerhalb und außerhalb seiner<br />
neugegrün<strong>de</strong>ten christlichen Gemein<strong>de</strong>n<br />
zwingen ihn zur evangeliums- und<br />
situationsgerechten Reflexion seiner<br />
Verkündigung. Paulus entwickelt und<br />
formuliert seine Theologie nicht am<br />
Schreibtisch, son<strong>de</strong>rn in konfliktträchtigen<br />
Kontroversen. Im 1. Korintherbrief<br />
entfaltet Paulus die Kreuzestheologie<br />
<strong>als</strong> Schlüssel seiner gesamten theologischen<br />
Reflexion (vgl. 1 Kor 1,10-2,16). 23<br />
Vom Kreuz Jesu her gewinnt Paulus<br />
seine theologischen Maßstäbe und Kriterien<br />
zur Beantwortung <strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
seiner Zeit; vom Kreuz Jesu<br />
gewinnt er die Paradoxie <strong>als</strong> elementare<br />
Denk- und Sprachform seiner Theologie.<br />
24 „Die am Kreuz konstituierte<br />
Weisheit Gottes ist die Krisis aller weltlichen<br />
und menschlichen Weisheit. ...<br />
Gera<strong>de</strong> die Paradoxie <strong>de</strong>s Kreuzes macht<br />
<strong>de</strong>utlich, daß Gott nicht <strong>de</strong>n Bedingungen<br />
<strong>de</strong>r Menschen gehorcht und nicht<br />
zu Bedingungen menschlicher Weisheit<br />
zu erreichen ist.“ 25<br />
Der Dreh- und Angelpunkt <strong>de</strong>r paulinischen<br />
Theologie, das Bekenntnis zu<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
BEITRÄGE<br />
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