TRENDGUIDE IM GESPRÄCH MIT TRENDFORSCHER MATTHIAS HORX Herr Horx, zu Beginn eine ungewöhnliche Frage: Als Zukunftsforscher widmen Sie Ihr Leben zukünftiger Trends. Ist da noch Platz für die Vergangenheit? Das ist ein Missverständnis. Ich widme mein Leben GEGENWÄRTIGEN Trends. Diese sind nur „zukünftig“ weil sie die Zukunft formen. Aber im Grunde geht es um den HEUTIGEN Wandel. Und er ist natürlich tief mit der Vergangenheit verbunden. Es gibt, wie man so schön sagt, nichts wirklich Neues unter der Sonne. Alles entwickelt sich graduell aus dem Vergangenen und dem Gegenwärtigen. Wir berichten in dieser TRENDGUIDE-Ausgabe über Ihr Wohnprojekt „Future Evolution House“. Wie lebt es sich nach nunmehr einigen Monaten in diesem interessanten Objekt? Eigentlich ganz normal. Und das ist ja auch der Sinn des Projektes. Wir sind eine ganz normale Familie im 21. Jahrhundert, und wir hatten ja nicht vor, irgendeinen irren utopischen Platz zu bauen. Unser Projekt definiert Zukunftswohnen nicht als Vollautomatisierung, wie das oft der Fall ist, wenn über „Wohnen in der Zukunft“ geredet wird. Also unser Kühlschrank spricht nicht mit uns, er kühlt nur. Unser Haus geht auch nicht automatisch an und aus, wenn es schlecht gelaunt ist. Gestern war die Heizung kaputt, das kommt vor. Aber unser Elektroauto macht uns besonderen Spass, wir können es inzwischen mit der eigenen Solaranlage aufladen. Ist das Leben in Ihrem „Evolution House“ ein Experiment im Selbstversuch oder lebendige Wissenschaft? Beides. Wir haben uns in der Konzeption des Hauses sehr stark mit sozialen und soziographischen Trends auseinandergesetzt und aus diesen Überlegungen den Grundriss entwickelt. Was ist die Rolle von Frauen, von Männern? Wie beeinflusst die Alterung unser Wohnverhalten - oder könnte es später im Leben tun? Zum Beispiel die Frage der Work-Life-Balance: Wir arbeiten zu Hause, aber beim Arbeiten muss man sich manchmal konzentrieren Deshalb haben wir zwei Baukörper errichtet, die in etwa 50 Meter Abstand voneinander stehen. Wir beschäftigen uns, zum Beispiel, mit Medienverhalten. Wir haben nach einigen Experimenten festgestellt, dass wir keinen Fernseher mehr brauchen, Stattdessen laden wir Medieninhalte auf die IPads, wo wir auch mehr und mehr Bücher und Zeitschriften lesen. Deshalb gibt es jetzt keinen Papierkreislauf mehr im Haus, das ewige Schleppen zum Altpapiercontainer entfällt. Wir experimentieren aber auch mit Materialien, etwa mit Wänden, die man matt oder durchsichtig schalten kann oder Möbel aus einem 3-D-Drucker. Das „Evolution House“ ist gelebte Zukunft. Wo sehen Sie die aktuellen Trends, an denen sich <strong>Immobilien</strong>käufer orientieren können? Da ist zunächst mal die Energiefrage. Ein gutes Haus muss für eine Zeit gebaut sein, in der CO2 so gut wie ganz vermieden wird. Am besten sollte es mehr Energie erzeugen, als es verbraucht. Und das steht wiederum in Verbindung mit der Mobilität. Warum kann man nicht die starken Batterien eines Elektroautos als Backup im Falle eines Stromausfalles verwenden. Zweitens: Design. Im Haus- und Wohnungsbau gibt es immer noch unglaublich langweilige, normierte Formen. Man kann aus Glas und Beton, aber vor allem im Lichtdesign mit wenig Geld viel Individuelles machen, offene, lichtdurchflutete Architektur, pfiffige Details. Drittens: Der Garten, das umgebende Grün, bekommt eine immer grössere Bedeutung, man kann sagen, dass Architektur mit Natur regelrecht fusioniert. Viertens: Natürlich die Lage, aber auch dies eher im sozialen Sinne: ist die Stadt interessant auch in kultureller Hinsicht? Wohnen dort interessante, kreative Leute? Oder ist es eher eine verschlafene Waschbetonwüste? Der Trend geht zu „Kreativregionen“, in denen Gebildete und mobile Menschen wohnen. Das können durchaus auch interessante Mittel- und Kleinstädte sein, Hauptsache, der Ort hat einen Charakter. Vielen Dank für das Gespräch! Matthias Horx, Jahrgang 1955 - lebt und arbeitet in Österreich als Publizist und Trendforscher. Er berät Unternehmen und Institutionen über zukünftige Entwicklungen im Hinblick auf veränderte gesellschaftliche Aspekte (Lebensalter, Konsum, Freizeit, Arbeit, Leben). Zukunftsinstitut Horx GmbH | A- 1170 Wien | Promenadegasse 61 | Telefon +43 (0) 1 479 1455 | E-Mail adele.steiner@horx.com
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