Altlandkreis Ausgabe September/Oktober 2018 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel
Erfüllter Kindheitstraum: Freizeit-Baggerpark bei Burggen - Charly Walter auf der Roten Couch. Ein Künstler, Musiker und Businessmann, der Schongau mitgeprägt hat - Life Kinetik: Gehirntraining mit Bewegung: am Anfang hat jeder Probleme - Bunte Bilder: Wein und Musik/Allerlei im Altlandkreis - Einsatzmonitoring bei Feuerwehren: ein Quantensprung in Sachen Alarmierung - Altenstadt feiert 200 Jahre Eigenständigkeit - Die türkische Leberkässemmel: Döneressen im Altlandkreis - Sattlerei Linder in Forst: Ausstatter der Münchner Brauereirösser - Das 158. Schongauer Volksfest: mit Riesenrad und Almhüttenbar - Die Stadt der Friseure: Schongau und die Friseurflut - Heißbegehrte Winterklamotten bei den Kinderkleiderbasaren in der Region - Peiting ist jetzt offizieller "Genussort", der einzige in der Region - Mit Hartnäckigkeit zur handgemachten Hirschlederhose: Besuch bei Trachten Stöger und seinem Auszubildenden - Mit Vollgas Richtung Herbst: Unser Veranstaltungskalender für September und Oktober
Erfüllter Kindheitstraum: Freizeit-Baggerpark bei Burggen - Charly Walter auf der Roten Couch. Ein Künstler, Musiker und Businessmann, der Schongau mitgeprägt hat - Life Kinetik: Gehirntraining mit Bewegung: am Anfang hat jeder Probleme - Bunte Bilder: Wein und Musik/Allerlei im Altlandkreis - Einsatzmonitoring bei Feuerwehren: ein Quantensprung in Sachen Alarmierung - Altenstadt feiert 200 Jahre Eigenständigkeit - Die türkische Leberkässemmel: Döneressen im Altlandkreis - Sattlerei Linder in Forst: Ausstatter der Münchner Brauereirösser - Das 158. Schongauer Volksfest: mit Riesenrad und Almhüttenbar - Die Stadt der Friseure: Schongau und die Friseurflut - Heißbegehrte Winterklamotten bei den Kinderkleiderbasaren in der Region - Peiting ist jetzt offizieller "Genussort", der einzige in der Region - Mit Hartnäckigkeit zur handgemachten Hirschlederhose: Besuch bei Trachten Stöger und seinem Auszubildenden - Mit Vollgas Richtung Herbst: Unser Veranstaltungskalender für September und Oktober
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Schongau | Charly Walter, geboren<br />
im tschechischen Teplice, kommt<br />
im Alter von drei Jahren nach Peiting.<br />
Mit 18, kurz vor dem Abitur,<br />
verliert er seinen Vater. Ein halbes<br />
Jahr später begeht seine Mutter<br />
Suizid. „<strong>Das</strong> hat mich ganz schön<br />
mitgenommen“, sagt der heute<br />
75-jährige Schongauer, der sich<br />
vom Zeitpunkt dieser Schicksalsschläge<br />
an alleine durchzubeißen<br />
hat. Täglich fährt er mit dem ersten<br />
Zug nach München, studiert<br />
Grafik und Design. Nachmittagsvorlesungen<br />
lässt er bewusst<br />
sausen, um Geld zu verdienen als<br />
Zeichner bei Architekt Ulmer, am<br />
Abend dann als Eisdielen-Kellner,<br />
Sänger und Schlagzeuger. Karriere<br />
macht der preisgekrönte Hobby-<br />
Künstler schließlich bei Hoerbiger,<br />
wo er es als Kommunikationsleiter<br />
und „Jugend forscht“-Initiator sogar<br />
zum „Mr. Hoerbiger“ schafft.<br />
Einen mit viel Sport und Leben<br />
erfüllten Ruhestand hätte er sich<br />
nach einem harten Arbeitsleben<br />
mit vielen Geschäftsreisen, unzähligen<br />
14-Stun<strong>den</strong>-Tagen und stets<br />
dunkelblauen Augenringen mehr<br />
als verdient. Doch sein Rentnerdasein<br />
dauert keine zwei Wochen,<br />
ehe das Schicksal erneut einprügelt<br />
auf <strong>den</strong> begnadeten Aquarellmaler.<br />
Seither folgt eine schwere<br />
Krankheit der nächsten. Und noch<br />
immer stellt sich Charly Walter<br />
an manchen Tagen die Sinnfrage:<br />
„Warum? Warum ich?“ Aufgeben<br />
ist <strong>für</strong> <strong>den</strong> Kämpfer aber keine<br />
Option. Ehefrau, Sohn, Enkelkinder,<br />
Musik und Malerei halten <strong>den</strong><br />
1960er-Revoluzzer bei Laune.<br />
Herr Walter, Sie lieben Kunst. Warum?<br />
Während des Studiums in Grafik<br />
und Design habe ich alle Maltechniken<br />
gelernt und in diesem Fach<br />
auch sehr gut abgeschnitten. Die<br />
damals zu erreichende Höchstpunktzahl<br />
war 15, ich habe 15 plus<br />
zwei bekommen. Mit diesem Ergebnis<br />
konnte ich nach dem Studium<br />
auch gleich Geld verdienen<br />
10 | altlandkreis<br />
Zeigt, wie es geht: Die meisten Bilder malt Charly Walter bei sich zuhause im Atelier. Hier bekommt<br />
„altlandkreis“-Redakteur Johannes Schelle einen kurzen Crashkurs zum Thema Farblehre.<br />
bei einem amerikanischen Unternehmen.<br />
Wie viele Bilder haben Sie in ihrem<br />
bisherigen Leben gemalt?<br />
<strong>Das</strong> ist eine gute Frage. Neulich<br />
bin ich an <strong>den</strong> Computer, weil alle<br />
meine Werke abfotografiert und<br />
digitalisiert sind, und habe angefangen<br />
zu zählen. Bei rund 700<br />
hörte ich auf. Aber ich <strong>den</strong>ke, dass<br />
es knapp 1 000 sein dürften von<br />
Jugend an.<br />
Wow. Wie lange brauchen Sie <strong>für</strong><br />
ein Bild?<br />
<strong>Das</strong> kommt unheimlich auf das<br />
Motiv und die Malart an. Wichtig<br />
ist, sich nicht zu vergraben, nicht<br />
anzufangen, mit sich zu hadern<br />
oder ständig hin und her zu überlegen.<br />
Die schnellsten Bilder sind<br />
oft die schönsten.<br />
Welche Motive bevorzugen Sie?<br />
Landschaftsbilder, allen voran<br />
Wald. Der lässt hoffen, gibt Kraft<br />
und Ruhe. Wobei ich auch sehr<br />
gerne architektonische Motive<br />
wähle – Großstädte aus aller Welt.<br />
Und nicht zu vergessen: Tiere. Zum<br />
Beispiel Hunde von ziemlich vielen<br />
Leuten in der Region. Hier<strong>für</strong><br />
muss ich mindestens einen halben<br />
Tag mit dem Vierbeiner zusammen<br />
sein, damit ich weiß, ob es<br />
eher ein frecher oder gemütlicher<br />
Hund ist.<br />
Ihr selbstgemaltes Lieblingsbild?<br />
„Der Hummer“, ein Aquarell.<br />
Weil ich sehr gerne koche, habe<br />
ich auch viele Gourmet-Bilder<br />
gemacht. An dieser Stelle fällt<br />
mir auch der Salatkopf ein. Nur<br />
der Kopf mit Wasserperlen. Meine<br />
Frau und ich bereuen es noch<br />
heute, dieses geniale Bild verkauft<br />
zu haben. Abnehmer war damals<br />
ein Franzose.<br />
Können Sie <strong>den</strong> durchschnittlichen<br />
Wert ihrer Bilder beziffern?<br />
Ein Münchner hat mal freiwillig<br />
mehr bezahlt, weil er sagte, in<br />
München müsste er das Doppelte<br />
oder Dreifache bezahlen. Heißt:<br />
Kunst ist immer so viel Wert, wieviel<br />
die Liebhaber bereit sind, da<strong>für</strong><br />
auszugeben. Der Wert meiner<br />
Werke liegt heute zwischen 100<br />
und 1 500 Euro.<br />
Lieber Aquarell oder Acryl?<br />
Aquarell ist viel anspruchsvoller.<br />
<strong>Das</strong> Weiß im Aquarell ist das Papier,<br />
worauf Schicht <strong>für</strong> Schicht<br />
aufgebaut wird. Manches Mal 14,<br />
15, 16 Lasuren. <strong>Das</strong> ist entsprechend<br />
schnell totgemalt. Da noch<br />
ein bisserl was, da noch ein bisserl<br />
was. Für die Aquarellmalerei muss<br />
man sich echt disziplinieren, das<br />
Bild richtig aufbauen. Gol<strong>den</strong>er<br />
Schnitt, gol<strong>den</strong>er Schnitt, gol<strong>den</strong>er<br />
Schnitt. <strong>Das</strong> habe ich meinen<br />
Schülerinnen und Schülern immer<br />
wieder vor Augen gehalten und<br />
gepredigt. Außerdem ganz wichtig:<br />
Weniger ist meist mehr. Und<br />
schließlich <strong>den</strong> weißen Hintergrund<br />
fleckweise um alles in der<br />
Welt freihalten. Ja, Aquarellieren<br />
ist oft ein steiler, steiniger Weg.<br />
Aber je höher man kommt, desto<br />
mehr sieht man.<br />
Trotzdem haben Sie Aquarell immer<br />
bevorzugt…<br />
Gerade deshalb. Ich habe früher<br />
auch gerne mal spöttisch über Acrylmalerei<br />
geredet.<br />
Warum?<br />
Wenn meinen Schülern Aquarell<br />
zu schwer war, haben sie oft<br />
gewechselt auf Acryl, worauf ich<br />
sie durchaus mal als „ihr Farbpantscher“<br />
kritisiert habe. Acryl<br />
erlaubt einfach mehr Fehler. Wenn<br />
der Ton hier nicht gefällt? Wieder<br />
eine Schicht drauf, und noch eine,<br />
und noch eine. Beim Aquarell<br />
dagegen reicht ein kleiner Fehler<br />
aus, und das komplette Bild ist tot.<br />
Sie sprechen von Schülern?<br />
Ich habe viele Jahre als Dozent<br />
<strong>für</strong> Aquarellmalerei gearbeitet.<br />
Angefangen mit Kursen bei <strong>den</strong><br />
Volkshochschulen in Schongau,<br />
Garmisch und Weilheim. Als ich<br />
schließlich einen deutschlandweiten<br />
Preis gewonnen habe, entwickelte<br />
sich meine Arbeit als Dozent<br />
zum Selbstläufer. Hohenaschau<br />
am Chiemsee, St. Pölten, Wien –<br />
ich habe an diversen Kunstakademien<br />
unterrichtet, was mir sehr<br />
gefallen hat. Malreisen dagegen<br />
waren oft recht anstrengend.<br />
Was war <strong>den</strong>n an <strong>den</strong> Malreisen so<br />
furchtbar?<br />
Nur ein Beispiel: Ich bin mit 16<br />
Mädels im Schlepptau nach Prag.<br />
Rein in die Trambahn, raus aus<br />
der Trambahn. Rein ins Lokal, raus<br />
aus dem Lokal. Fürchterlich. Meine<br />
Frau war immer dabei, musste die<br />
Seelen trösten. Dann kamen die<br />
Mädels am allerletzten Tag dieser<br />
Reise auch noch auf die Idee, da<br />
hinten im Ju<strong>den</strong>viertel zu malen.<br />
Ich sagte mehrmals: „Da kann<br />
man nicht malen, da gibt es keine<br />
guten Plätze, keinen Schatten, keinen<br />
guten Sonnenstand – ihr wollt<br />
da doch nur zum Shoppen hin.“