Altlandkreis Ausgabe September/Oktober 2018 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel
Erfüllter Kindheitstraum: Freizeit-Baggerpark bei Burggen - Charly Walter auf der Roten Couch. Ein Künstler, Musiker und Businessmann, der Schongau mitgeprägt hat - Life Kinetik: Gehirntraining mit Bewegung: am Anfang hat jeder Probleme - Bunte Bilder: Wein und Musik/Allerlei im Altlandkreis - Einsatzmonitoring bei Feuerwehren: ein Quantensprung in Sachen Alarmierung - Altenstadt feiert 200 Jahre Eigenständigkeit - Die türkische Leberkässemmel: Döneressen im Altlandkreis - Sattlerei Linder in Forst: Ausstatter der Münchner Brauereirösser - Das 158. Schongauer Volksfest: mit Riesenrad und Almhüttenbar - Die Stadt der Friseure: Schongau und die Friseurflut - Heißbegehrte Winterklamotten bei den Kinderkleiderbasaren in der Region - Peiting ist jetzt offizieller "Genussort", der einzige in der Region - Mit Hartnäckigkeit zur handgemachten Hirschlederhose: Besuch bei Trachten Stöger und seinem Auszubildenden - Mit Vollgas Richtung Herbst: Unser Veranstaltungskalender für September und Oktober
Erfüllter Kindheitstraum: Freizeit-Baggerpark bei Burggen - Charly Walter auf der Roten Couch. Ein Künstler, Musiker und Businessmann, der Schongau mitgeprägt hat - Life Kinetik: Gehirntraining mit Bewegung: am Anfang hat jeder Probleme - Bunte Bilder: Wein und Musik/Allerlei im Altlandkreis - Einsatzmonitoring bei Feuerwehren: ein Quantensprung in Sachen Alarmierung - Altenstadt feiert 200 Jahre Eigenständigkeit - Die türkische Leberkässemmel: Döneressen im Altlandkreis - Sattlerei Linder in Forst: Ausstatter der Münchner Brauereirösser - Das 158. Schongauer Volksfest: mit Riesenrad und Almhüttenbar - Die Stadt der Friseure: Schongau und die Friseurflut - Heißbegehrte Winterklamotten bei den Kinderkleiderbasaren in der Region - Peiting ist jetzt offizieller "Genussort", der einzige in der Region - Mit Hartnäckigkeit zur handgemachten Hirschlederhose: Besuch bei Trachten Stöger und seinem Auszubildenden - Mit Vollgas Richtung Herbst: Unser Veranstaltungskalender für September und Oktober
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Wie sah Ihr Arbeitsalltag in dieser<br />
Funktion aus?<br />
Ich habe in Schongau ein großes<br />
Team gehabt, die damals noch<br />
hauseigene Druckerei in Wien<br />
sowie jeweils zwei Leute in Fort<br />
Lauderdale und Singapur. Ich war<br />
überwiegend hier in Schongau,<br />
regelmäßig in der Schweiz, ab und<br />
an in Wien und zwischendrin immer<br />
wieder auf beruflicher Weltreise.<br />
<strong>Das</strong> Schöne an meinem Job<br />
war die Zusammenarbeit mit jungen<br />
Leuten, ob in meinem Team,<br />
ob bei der Mitarbeiter-Schulung,<br />
ob bei Messen und später bei „Jugend<br />
forscht“.<br />
Wie viele Sprachen beherrschen<br />
Sie?<br />
Deutsch, Französisch, Englisch<br />
und ein wenig Russisch. Englisch<br />
war unumgänglich <strong>für</strong> meinen<br />
Beruf – und anfangs auch meine<br />
Achillesferse. Ich habe dann<br />
über Hoerbiger einen Crashkurs<br />
bekommen, um das Ganze zu intensivieren.<br />
Der fand in San Diego,<br />
USA, statt. Eine schöne Zeit.<br />
Ihr prägendster Moment aus Ihrer<br />
Zeit bei Hoerbiger mit Hauptsitz in<br />
Zug, aktuell drei Werken in Schongau,<br />
140 Werken in 50 Ländern<br />
weltweit, 7 300 Mitarbeitern und<br />
einem Jahresumsatz von mehr als<br />
einer Milliarde Euro?<br />
Definitiv meine Abschiedsfeier Auf<br />
der Gsteig, zu der alle Vorstände<br />
und Verwaltungsräte mit ihren<br />
Frauen, Bürgermeister der Gemein<strong>den</strong><br />
aus der Region sowie<br />
Landrat, Schulleiter und Geschäftsführer<br />
einiger Firmen gekommen<br />
sind. <strong>Das</strong> allerschönste an diesem<br />
Abend war die Rede von Herrn Dr.<br />
Komischke, dem aktuellen Präsi<strong>den</strong>ten<br />
des Verwaltungsrates des<br />
Hoerbiger Konzerns. Er hat derart<br />
wunderbare Worte gewählt, dass<br />
ich <strong>den</strong> Tränen nahe war. Und<br />
dann haben Kollegen auch noch<br />
einen alten Bauernschrank herein<br />
gerollt, vollgepackt mit Büchern.<br />
Ich dachte erst, was soll das <strong>den</strong>n?<br />
Bis ich erkannte, dass es nicht irgendwelche<br />
Bücher waren, sondern<br />
114 Kunstbücher aus aller<br />
Welt. Genau genommen aus fast<br />
allen Ländern, in <strong>den</strong>en Hoerbiger<br />
einen Standort hat.<br />
Eine rein regionale Geschichte ist<br />
„Jugend forscht“, dessen Regionalwettbewerb<br />
„Alpenvorland“ seit<br />
vielen Jahren von Hoerbiger veranstaltet<br />
wird. Erzählen Sie…<br />
Dr. Komischke hatte stets unglaublichen<br />
Weitblick und mich gefragt,<br />
ob der Firma „Jugend forscht“ gut<br />
zu Gesicht stehen würde. Ich sagte<br />
sofort: Besser geht’s nicht. Vor<br />
allem, weil es das hier in unserer<br />
Gegend weit und breit nicht gab,<br />
sondern nur in <strong>den</strong> großen Städten<br />
wie München, Augsburg oder<br />
Dingolfing. Als wir allerdings Interesse<br />
bekundet hatten bei <strong>den</strong><br />
Verantwortlichen, machten die<br />
großen Firmen wie BMW dicht.<br />
Es hieß: „Wir haben genug Firmen<br />
als Paten, was will <strong>den</strong>n der<br />
kleine Hoerbiger dort draußen in<br />
der Provinz von uns.“ <strong>Das</strong> hat mich<br />
dazu animiert, nach Hamburg zu<br />
Frau Dr. Uta Krautkrämer-Wagner,<br />
ehemalige Geschäftsführerin<br />
von „Jugend forscht“, zu fliegen.<br />
Der habe ich sprichwörtlich ein<br />
bisschen Honig um <strong>den</strong> Mund<br />
geschmiert, sie später auch nach<br />
München zum Essen eingela<strong>den</strong><br />
und im Rahmen guter Gespräche<br />
erreichen können, dass sie eine<br />
Sondersitzung mit allen Landesdelegierten<br />
des Bewerbs einberufen<br />
hatte. Dort wurde dann demokratisch<br />
abgestimmt: Für oder gegen<br />
Hoerbiger? Weil faktenmäßig<br />
überhaupt nichts gegen unser Engagement<br />
gesprochen hatte, wurde<br />
tatsächlich <strong>für</strong> uns gestimmt.<br />
Wir haben dann unter dem<br />
Eigennamen „Voralpenland“ –<br />
von Oberstdorf über Rosenheim<br />
bis nach Starnberg – dieses große<br />
Gebiet bekommen, das wir seit<br />
2005 bist heute erfolgreich mit<br />
unserem Regionalwettbewerb abdecken.<br />
Heißt: Ohne Sie gäbe es hier kein<br />
„Jugend forscht“?<br />
Ganz genau. Ich bin nach der Zusage<br />
der Delegierten überall in<br />
unserer Region hingefahren, um<br />
Teilnehmer zu gewinnen.<br />
Warum haben Sie sich damals so<br />
sehr ins Zeug gelegt <strong>für</strong> die „Erfinder<br />
von morgen“?<br />
Die jungen Menschen, die da dabei<br />
sind – gigantisch. Wie die an<br />
einer Sache Blut lecken und dann<br />
am Ball bleiben, sich bis zur Präsentation<br />
durchbeißen auf Biegen<br />
und Brechen. <strong>Das</strong> sind alles Macher,<br />
meist hochintelligent. Da<br />
sind immer wieder unvorstellbar<br />
geniale Erfindungen von zum Teil<br />
sogar extrem jungen Menschen<br />
dabei. <strong>Das</strong> hat mich von Beginn an<br />
fasziniert und mir sehr viele prägende<br />
Momente beschert. Unter<br />
anderem habe ich mal gemeinsam<br />
mit meiner Frau einen Schüler<br />
aus Polling zum Bundesfinale<br />
begleitet, wo – ganz nebenbei<br />
bemerkt – der damalige Bundespräsi<strong>den</strong>t<br />
Horst Köhler eine ziemlich<br />
schlechte Rede gehalten hat.<br />
Je<strong>den</strong>falls waren das Erlebnisse,<br />
die ich nie vergessen werde.<br />
Sie mussten als 18-Jähriger verdammt<br />
viel wegstecken, haben Ihr<br />
ganzes Leben hart gearbeitet, gehen<br />
in wohlverdienten Ruhestand<br />
und bekommen nach nur 14 Tagen<br />
die Schockdiagnose „Gehirntumor“<br />
mitgeteilt. Wie haben Sie diese<br />
harte Nachricht aufgefasst?<br />
Ich habe mich gefragt: Was habe<br />
ich verbrochen? Ist das der Lohn<br />
<strong>für</strong> all die Jahre harter Arbeit? Ich<br />
habe wirklich viel gearbeitet. Acht,<br />
zehn, 14 Stun<strong>den</strong> am Tag. Und ich<br />
war immer gesund gewesen, habe<br />
meine Arbeit auch immer gerne<br />
gemacht. Es hat mir nichts ausgemacht.<br />
Nicht mal dann, als ich <strong>für</strong><br />
Hoerbiger 17 Städte in nur 15 Tagen<br />
mit elf Gepäckstücken bereist<br />
habe, um bei Firmen und Kun<strong>den</strong><br />
mit der großen Kamera zu drehen.<br />
München, Frankfurt, New York, Mt.<br />
Halten zusammen wie Pech und Schwefel: Charly Walter mit Ehefrau Barbara<br />
und einem edlen Tropfen Weißwein.<br />
Vernun, Fort Lauderdale, Robstown,<br />
Houston, Los Angelos, San<br />
Francisco, Hawaii, Tokio, Narita,<br />
Osaka, Nagoya, Singapur, Bangkok,<br />
Frankfurt, München. Mein<br />
Sohn war als „Gepäckträger“ und<br />
Kameraassistent dabei und hat wie<br />
ich überhaupt nichts gesehen von<br />
diesen prachtvollen Städten. Wir<br />
sind raus aus dem Flughafen, rein<br />
ins Taxi, zur Firma gefahren, ins<br />
Hotel, Tagebuch führen und Akkus<br />
la<strong>den</strong>, am Abend noch zum Kun<strong>den</strong>essen<br />
und dann nach ein paar<br />
Stun<strong>den</strong> Schlaf ging’s auch schon<br />
wieder zum Flughafen und auf zur<br />
nächsten Stadt. Von daher habe<br />
ich mit Beginn der Rente auch<br />
keinen großartigen Drang zum<br />
Verreisen verspürt. Aber: Ich hätte<br />
natürlich sehr gerne viel Sport<br />
gemacht. Golfen habe ich kurz vor<br />
der Gehirntumor-Diagnose angefangen.<br />
Beim Bund war ich Skilehrer<br />
gewesen. Da habe ich mir<br />
natürlich oft die Frage gestellt, als<br />
ich beim Fenster hinausgeschaut<br />
habe: Der fährt regelmäßig zum<br />
Skifahren, der zum Golfen, und<br />
mir ist es versagt. Warum ich? Warum,<br />
warum, warum? Natürlich<br />
darf ich mir diese Frage nicht stellen.<br />
Aber es gibt halt doch immer<br />
wieder Tage, an <strong>den</strong>en alles hochkommt<br />
– und meine Frau natürlich<br />
auch mitleidet, was mir schon<br />
sehr schwerfällt und auch wehtut.<br />
Der „Gehirntumor“ wurde erfolgreich<br />
operiert, doch die Liste anderer<br />
schwerer Krankheiten wurde<br />
seither immer länger, ist inzwischen<br />
seitenlang. Unter anderem lei<strong>den</strong><br />
Sie an MS und Parkinson und haben<br />
sich bei einem Sturz <strong>den</strong> Halswirbel<br />
gebrochen. Wie verändern diese<br />
ständigen Rückschläge einen so begabten,<br />
lebensfrohen und wissbegierigen<br />
Menschen wie Sie es sind?<br />
Kranke Leute, <strong>den</strong>en man es vielleicht<br />
nicht ansieht, wer<strong>den</strong> oft<br />
ungerecht und fordernd. Wenn ich<br />
was will, möchte ich es gleich. Da<br />
ist meine Frau manchmal einem<br />
ganz schönen Hagel ausgesetzt.<br />
Wir sind jetzt seit 53 Jahren verheiratet,<br />
haben also die Gol<strong>den</strong>e<br />
Hochzeit schon hinter uns. Und<br />
trotzdem brauche ich meine Frau<br />
von Tag zu Tag mehr als je zuvor.<br />
Socken anziehen, Unterhose anziehen.<br />
<strong>Das</strong> kann ich nur noch<br />
mit ihrer Hilfe. Ist das geschafft,<br />
ist meistens alles gut. Wir bekom-<br />
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