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Reichswaldblatt Dezember 2017

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Mehr Toleranz für den Wolf<br />

„Eigentlich bin ich nur hier, weil ich wissen<br />

will, ob ich mit meinem Hund weiter im Wald<br />

spazieren gehen kann, wenn es hier Wölfe<br />

gibt.“ Diese Frage hörte man im Foyer der<br />

Reichswaldhalle vor dem Termin. Sie wurde<br />

beim Vortrag „Wölfe! Was kommt da auf uns<br />

zu?“ von Ulrich Wotschikowsky eindeutig<br />

beantwortet: ja, man kann.<br />

Der Wolfsexperte sagt: Bei Angriffen von Wölfen ist<br />

der Fehler immer beim Menschen zu suchen. Die<br />

Tiere sind grundsätzlich sehr scheu. Den beiden<br />

bekannten Fällen, in denen Menschen von Wölfen<br />

getötet wurden, gingen jeweils Fehlverhalten der<br />

Zweibeiner voraus: so darf man Wölfe keinesfalls<br />

füttern, denn hierbei fällt die natürliche Hemmschwelle.<br />

Gibt es plötzlich kein Nahrungsangebot<br />

mehr, erachten die Tiere den Menschen nicht mehr<br />

als uninteressant und gehen auf ihn los – was für<br />

diesen durchaus den Tod bedeuten kann.<br />

Wer dachte, einen romantischen Vortrag über den<br />

guten Wolf zu hören, war hier falsch aufgehoben.<br />

Mit Ulrich Wotschikowsky hatte der Umweltbeirat<br />

des Marktes Feucht einen versierten Experten<br />

nach Feucht geholt, der sachlich darstellte,<br />

weshalb sich Deutschland den Wolf leisten kann.<br />

Hier wäre Raum für ungefähr 440 Rudelterritorien<br />

von je 200 Quadratkilometern. 440 Rudel sind um<br />

die 4.000 Wölfe (in einem etablierten Rudel leben<br />

acht bis neun Wölfe, die jeweils ca. sechs Jahre<br />

alt werden). Dann wäre ein Viertel des Landes<br />

von residenten Wölfen besiedelt, die anderen drei<br />

Viertel wären lediglich Durchgangsland für die<br />

Tiere, da sie für eine Rudelbildung untauglich sind.<br />

Das Nürnberger Land ist mit seiner Mischung von<br />

Wald und Wiese übrigens sehr geeignet – laut<br />

Wotschikowsky wird es wohl nicht mehr lange<br />

dauern, bis sich hier Wölfe ansiedeln.<br />

Seit dem Jahr 2000 hat der Wolf einen Schutzstatus<br />

in Deutschland und seitdem sind 26 illegale<br />

Tötungen registriert worden. Im Moment leben<br />

um die 500 Wölfe in der BRD. Der Experte hofft<br />

auf noch mehr Toleranz den Tieren gegenüber:<br />

„Sie tragen einen kulturellen Rucksack und gehen<br />

mit ihm regelrecht in die Knie, bei dem, was man<br />

ihnen alles nachsagt.“ Politische Fragen wie<br />

„brauchen wir Obergrenzen für Wölfe?“, „brauchen<br />

wir wolfsfreie Gebiete?“ oder „müssen wir<br />

den Schutzstatus absenken?“ zielen laut dem<br />

studierten Förster und aktiven Jäger nur auf eines<br />

hin, und zwar darauf, Wölfe zu schießen. Wotschikowsky<br />

meint, die Menschen nähmen sich das<br />

Recht heraus, über die Tierwelt zu bestimmen –<br />

eine überhebliche Haltung. Die Population regle<br />

sich von selbst, wenn der Mensch die Finger still<br />

hält. Einzig die Forderungen der Nutz- und Weidetierhalter<br />

sind für ihn nachvollziehbar.<br />

Der Kleidung nach zu urteilen, waren im Publikum<br />

ganz offensichtlich einige Jagdfreunde, und nicht<br />

jeder der Zuhörer war Wotschikowsky positiv<br />

gewogen, das merkte man an einigen verhalten<br />

zum Ausdruck gebrachten Empörungen während<br />

dessen Vortrag. Allerdings gab es bei der anschließenden<br />

Fragerunde, die gut genutzt wurde, keine<br />

kritischen Töne.<br />

Ulrich Wotschikowsky bot einen Fachvortrag,<br />

bei dem auch der Humor nicht zu kurz kam. Gut<br />

gesetzte Pointen lockerten die informative Stunde<br />

auf. Als Ernst Klier, der Vorsitzende des Umweltbeirates,<br />

ihm zum Abschluss ein Glas Honig aus<br />

dem Imker-Ort Feucht überreichte, freute sich der<br />

Wolfsexperte: „Endlich mal kein Schnaps!“<br />

Ein Satz sei hier noch festgehalten: „Eine<br />

Wolfsspur beeindruckt schon allein durch ihre<br />

Zielstrebigkeit, die sie ausstrahlt.“ Der europaweit<br />

anerkannte Berater arbeitete viele<br />

Jahre u.a. für den Nationalpark Bayerischer<br />

Wald und die Wildbiologische Gesellschaft<br />

München. Seine Internetseite hat für Interessierte<br />

einiges zu bieten:<br />

http://woelfeindeutschland.de/<br />

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DEZEMBER <strong>2017</strong> • FEUCHT | MOOSBACH | SCHWARZENBRUCK | GSTEINACH | OCHENBRUCK | WINKELHAID | PENZENHOFEN | ALTDORF | BURGTHANN | RÖTHENBACH ST. WOLFG.<br />

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