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FILM<br />

el camino de san diego<br />

Von Sonja Wenger Bild: zVg.<br />

■ Wenn einer eine Reise tut, da kann er was erleben<br />

– eine Weisheit, die so universell ist wie das Leben<br />

selbst. Wie bereits in früheren Werken hat der<br />

argentinische Regisseur Carlos Sorin auch in seinem<br />

neuen Film «El Camino de San Diego» hauptsächlich<br />

mit Laiendarstellern gearbeitet. Nach «Historias mínimas»<br />

aus dem Jahr 2002 und dem charmanten<br />

«Bombón, El perro» von 2004 setzt Sorin so einen<br />

erzählerischen Stil fort, der in jeder Szene die Authentizität<br />

durchschimmern lässt und jede Filmminute<br />

zum Genuss macht.<br />

Angesiedelt zwischen einer Semidokumentation<br />

und einem witzigen Road Movie erzählt «El Camino<br />

de San Diego» eine Geschichte, wie sie sich tatsächlich<br />

hätte zutragen können. Der Waldarbeiter Tati<br />

Benítez (Ignacio Benítez) ist ein glühender Anhänger<br />

des argentinischen Fussballheiligen Diego Maradona.<br />

Er weiss alles über sein Idol, trägt nur dessen<br />

hellblau-weisses T-Shirt mit der Nummer zehn und<br />

hat sich diese Nummer gar auf den Rücken tätowieren<br />

lassen. Sein uraltes Eintrittsbillett für ein<br />

Maradona-Spiel hütet er wie eine Reliquie. Für seine<br />

Freunde ist er ein sympathischer Spinner, aber ein<br />

anständiger Kerl, und heimlich beneiden sie ihn wohl<br />

auch ein bisschen um seine Leidenschaft.<br />

Doch das Leben meint es nicht nur gut mit Tati.<br />

Gerade als seine Frau (Paola Rotela, auch im echten<br />

Leben mit Benítez verheiratet) mit dem dritten Kind<br />

schwanger ist, verliert er seine Stelle. Als Hilfskraft<br />

für den alten Holzschnitzer Silva sucht er danach im<br />

Wald nach ausgefallenen Wurzeln und ungewöhnlichen<br />

Hölzern. Als er während eines Gewitters Unterschlupf<br />

sucht, glaubt er in einem Wurzelstrunk<br />

das Gesicht von Maradona zu erkennen. Danach<br />

beschäftigt ihn kaum noch eine andere Frage, als<br />

was er damit machen könnte. Genau zu jener Zeit<br />

wird Maradona mit einem Herzinfarkt in eine Klinik<br />

in Buenos Aires eingeliefert - die Medien berichten<br />

tagelang über nichts anderes, vor der Klinik versam-<br />

meln sich Tausende seiner Anhänger.<br />

Für Tati ist dieses Ereignis nicht nur ein Schock,<br />

sondern auch ein Wink Gottes. Er selbst muss die<br />

Wurzel zu seinem Idol in die Hauptstadt bringen, damit<br />

sie ihm Glück und Gesundheit bringt. Auch wenn<br />

das Geld hinten und vorne nicht reicht, Tati lässt sich<br />

durch nichts mehr von seinem Vorhaben abbringen.<br />

Was sich danach dem Publikum eröffnet, ist eine Reise<br />

von der nördlichen Region Misiones in Richtung<br />

Süden, die in vielerlei Hinsicht den Charakter einer<br />

Wallfahrt trägt. Durch sein ruhiges, offenes Wesen<br />

begegnet Tati allerlei Charakterköpfen, die ihm immer<br />

zur rechten Zeit das Richtige bieten können.<br />

Mal kann er in einem Ambulanzwagen zusteigen,<br />

mal auf einem Laster reisen, dann wieder in einem<br />

Bus voller fröhlicher Pilgerreisender. Schliesslich<br />

nimmt ihn der brasilianische Lastwagenfahrer Waguinho<br />

(Carlos Wagner La Bella) mit, auch wenn er<br />

sich eine Spitze gegen Maradona und für Pelé nicht<br />

verkneifen kann. Mit Waguinhos unerschütterlichem<br />

Humor und erfrischenden Gutmütigkeit schafft es<br />

Tati tatsächlich bis in die Hauptstadt. Doch die Odyssee<br />

ist noch lange nicht zu Ende. Bis Tati mit all den<br />

Begegnungen im Herzen zurückreisen kann, gilt es<br />

noch ein paar Hindernisse mehr zu überwinden.<br />

Geschickt hat der Regisseur eine Vielzahl von Ereignissen<br />

miteinander verwoben. Schon die kleinsten<br />

Auftritte der Nebendarsteller lassen ganze Welten<br />

und Lebensgeschichten entstehen. Sorin zeigt zudem<br />

ein vollkommen unpathetisches Bild der streckenweise<br />

öden Landschaft Argentiniens, nur um<br />

mit wenigen Sätzen, reduzierten Musikklängen oder<br />

echten Gesichtern gleichzeitig eine Liebeserklärung<br />

dafür zu verkünden. Mit all diesen Elementen versprüht<br />

«El Camino de San Diego» dann auch einen<br />

ansteckenden Optimismus und ist ein wohltuendes<br />

Plädoyer für das Reisen.<br />

Der Film dauert 98 Minuten und kommt am 6.9.<br />

in die Kinos.<br />

cinéma<br />

TRATSCHUNDLABER<br />

Von Sonja Wenger<br />

■ Da ist man mal einen Monat weg und schon<br />

verliert man die Übersicht. Also da war doch die<br />

Hilton erst drin, dann draussen, dann wieder rein<br />

und das Paris jetzt frei ist, hatte vor sechzig Jahren<br />

auch noch einen anderen Beiklang als vor<br />

sechzig Tagen. Vor kurzem konnte man nun bei<br />

der britischen BBC lesen, dass die US-Behörden<br />

herausfi nden wollen, ob die Hilton im Gefängnis<br />

besser behandelt wurde als andere – also muss<br />

sie vielleicht sogar wieder rein.<br />

Gleichzeitig beklagte sich Victoria Beckham<br />

nach ihrer Ankunft in Los Angeles allen Ernstes,<br />

dass ihr Promileben schon sehr anstrengend sei.<br />

Ständig rein in die Zeitungen, dann wieder raus<br />

aus dem Fernsehen. Umbarmherzig wurde ja ihre<br />

Ich-komme-in-Amerika-an-und-gebe-viel-Geldaus-Dokuserie<br />

auf eine Stunde gekürzt, worauf<br />

die «New York Post» den Becks trotzdem noch<br />

eine «Orgie der Genusssucht» vorgeworfen hatte<br />

- also wieder rein.<br />

Defi nitiv raus aus allem ist wohl der ehemalige<br />

«Lüthi & Blanc»-Darsteller Hans Schenker, nachdem<br />

er im «Blick» Anfang Juni die Schweizer<br />

Promis «alle fertig» gemacht hatte. Eigentlich<br />

schade. Da ist Stoff drin für fetzende Drehbücher,<br />

denn in Schenkers Wortwitz sind durchaus Qualitäten<br />

zu fi nden - ganz im Gegensatz zu den verschnupften<br />

Retourkutschen in derselben «Blick»-<br />

Ausgabe. Da meinte der «350-Tage-Fasnächtler»<br />

Victor Giacobbo (seines Zeichens immerhin Komiker<br />

und Satiriker): «Schenker ist ein tragischer<br />

Soap-Darsteller.» Wie garstig - und defi nitiv out!<br />

Neuerdings ist ja «grün sein» bei den Promis<br />

super in, also grün im ökologischen Sinne, nicht<br />

als Metapher vom Obst. So weiss das «In Style»<br />

genau, was die Promis denn alles für die Natur<br />

tun: Courtney Love beispielsweise braucht nur<br />

Recycling-Toilettenpapier, «auch wenn es nicht<br />

das Weichste ist». Die Brosnans benutzen «ein<br />

geschlossenes Wassersystem für die Toilette»<br />

- ausserdem setzen sie nützliche Links auf ihre<br />

Webseite. Und Alicia Silverstone hängt ihre Wäsche<br />

zum Trocken im Freien auf - auch sie also<br />

raus!<br />

Damit man sicher drin bleiben kann, macht es<br />

«Wii» nun möglich, von der Couch aus Holz zu<br />

hacken und Tennis zu spielen. Zumindest in der<br />

Werbung fi nden das alle lustig. Der letzte Schrei<br />

des Monats fi ndet sich allerdings auf www.littlelily.com.<br />

Dort kann man sich die «Oscar»-Outfi ts<br />

der Stars für Hunde bestellen: Red-carpet-Collection<br />

für Diva-Dogs, besonders gut kommt der<br />

Smoking von Leonardo DiCaprio. Vielleicht ist<br />

das was für Tinkerbell Hilton, zur Feier, wenn<br />

Frauchen das nächste Mal raus kommt?<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07 21

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