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■ Diese Augen. Diese riesigen gelb-orangen Augen. Seit Juni starren sie mich an, von Plakatsäulen, an Bahnhöfen, im Bus, im Tram. Verfolgungswahn. Ich liess mich von den Uhuaugen hypnotisieren und musste den Sommernachtstraum sehen! Auf dem Theatergelände um das Burgerheim ist der Uhu wieder da und schaut die Theaterfreunde von Wegweisern, Speisek<strong>art</strong>en und Infotafeln an. Er sorgt für Ordnung und leitet das Publikum an den richtigen Ort. Doch die gute Organisation des Anlasses ist nicht lediglich auf den Uhu zurückzuführen. Die MitarbeiterInnen haben orange Staff-T- Shirts an und sind mit Walkie-Talkies ausgerüstet – das Gelände ist nun mal gross und die Kommunikation wird mit den technischen Hilfsmitteln gewährleistet. Mitten unter den Theaterbesuchern fällt ein Dreiergrüppchen auf. «Wie steht es mit dem Wetter? Werden wir abbrechen müssen?», fragt der Regisseur Rolf Schoch. Die Antwort bekommt er von der Heimleiterin des Burgerheims Marianne Reinhard und vom OK-Präsidenten Peter Küpfer. «Es wird eventuell gewittern.», «Für das Emmental gab es eine Hagelwarnung». «Wir bleiben in Kontakt», sagt der Regisseur und macht seinen letzten Kontrollgang, damit das Stück pünktlich beginnen kann. Bevor die ZuschauerInnen in den Rängen Platz nehmen, können sie das bereitstehende Mückenspray anwenden und sich eine Wolldecke gegen die Abendkälte mitnehmen. So werden die Tücken eines Freilichttheaters überspielt und das Publikum darf mit Spannung die Tribüne erobern. Doch bevor man sich auf seinen Stuhl setzt, gibt es ein Präsent: ein Zuckerbeutelchen zum 40. Jubiläum des Burgerheims – mit was wohl, ja natürlich mit den Uhuaugen drauf! In das saftige Grün des Waldstücks und rund um einen Teich wurde das abstrakte Bühnenbild platziert. Der Bühnenbildner Dany Rhyner hat die weissen geometrischen Elemente als Kontrapunkt zu der üppigen Natur des Burgerheim Parks gewählt. Zwischen den Bäumen sind riesige Kugeln und ein Würfel aufgestellt. Dazu kommt ein Stangenwald und kleinere Sitzwürfel. Das Bild soll von den Figuren, von den Kostümen und vom Licht belebt werden. Die SchauspielerInnen bringen bereits in der ersten Szene viel Farbe auf die Bühne. «Von Anfang an sah ich die Figuren in einer ganz klaren Farbzuteilung, gegeben durch ihre Symbolik. Auch um den Zuschauenden das Wirrwarr der Gefühle, das temporeiche Hin und Her, das sich Verwirren und wieder Entwirren als buntes und trotzdem klares Bild zu präsentieren», so Eveline Rinaldi, die Kostümbildnerin. Recht hat sie, die Kostüme helfen. Die parallelen Handlungen in Shakespeares Stück werden dank ihnen geordnet und leicht zum Nachvollziehen dargeboten. Da sind zum einen die Athener BürgerInnen, mit dem Königspaar und den beiden Liebespaaren, die durcheinandergeraten. Dann wird man in die zauberhafte Feen- und Koboldwelt um das Herrscherpaar Oberon und Titania entführt. Ein schöner Regieeinfall ist dabei die Teilung des Waldgeistes Puck in eine weibliche und eine männliche Figur. Als dritten Handlungsstrang wird das humoristische Spiel im Spiel einer Handwerkertruppe verfolgt. Obwohl sie manchmal in Pathos ausufern, vermögen die Darstellenden in den tragenden Rollen das Publikum zu überzeugen. Sehr positiv fallen die veranstaltungen BÜHNE der bunte traum einer heissen sommernacht Von Magdalena Nadolska – Shakespeares «Sommernachtstraum» auf Berndeutsch im Park des Burgerheims Bern Bild: zVg. beiden roten Pucks auf. Der männliche Puck, der an Mephisto erinnert und die weibliche Puck, die eher eine Bezaubernde Jinnie verkörpert, sind ständig in Bewegung, schwirren leicht über die Bühne und zeigen eine für Laien herausragende Bühnenpräsenz. Doch auch die Statisterie ist stets konzentriert und hält souverän den Blicken der Zuschauermenge Stand. Die kleinen Kinder als grüne Kobolde und gelbe Elfen sorgen für einen ausgiebigen Jöö-Effekt, doch die eindeutigen Publikumslieblinge sind die grauen Handwerker. Das Theater im Theater unterhält. Vor allem der als Thisbe verkleidete Flaut und Zettel, der mal als Esel mal als Pyramus agiert, bekommen Szenenapplaus und viele Lacher geschenkt. Wie dankbar das Stück für Laien ist, sieht man vor allem bei den Handwerkszenen. Das rund 50-köpfi ge Ensemble hat es geschafft einen Sommernachtstraum ohne unnötige Längen und mit fl iessenden Übergängen auf die Bühne zu bringen. Gewöhnungsbedürftig war die berndeutsche Textfassung von Laurenz Suter. Shakespeares Sprache übersetzt in Worte wie «Meitschi», «Giele», «Müntschi» oder «i dräie düre» sorgt für den Lokalkolorit, den das Publikum jedoch offenbar zu schätzen weiss. Am meisten wird man aber von der Stimmung im Burgerheim verzaubert. Der Abend wird von Vogelgezwitscher begleitet, plötzlich taucht ein Fisch im Teich auf, sogar eine Fledermaus schwirrt herum. Die Natur spielt mit. In sie hinein passen Schochs Regieeinfälle wie riesige Seifenblasen als Begleiterinnen der Elfen. Unterdessen ist es dunkel geworden. Die Mitternachtsglocke im Stück erinnert an die Geisterstunde. Die BürgerInnen Athens kehren nach Hause und ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07 9