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magazin<br />
INSOMNIA<br />
HEIMAT?<br />
Von Eva Pfi rter<br />
■ Mitternacht auf meinem Berner Balkon. Es<br />
ist still. Grillen zirpen leise, irgendwo raschelt<br />
ein Tier im G<strong>art</strong>en unter mir, ab und zu fährt ein<br />
Auto vorbei – langsam, zivilisiert, ohne viel Gas<br />
zu geben. Und dann ist’s wieder still Die Mittellinie<br />
der Strasse leuchtet grellweiss ins schwarze<br />
Nichts. Ein Glas Rotwein steht auf dem Tisch,<br />
das Kräutergärtchen gedeiht, die Wäsche an der<br />
Leine duftet frisch. Die Luft ist wunderbar; kühl<br />
und vollgesogen mit Feuchtigkeit und dem leichten<br />
Duft verspäteten Frühlings. Über dem Gurten<br />
hängt eine graue Wolke. Ein altes Velo quietscht<br />
in der Kurve. Der Nachbar nebenan hustet und<br />
rückt einen Stuhl zurecht. Die Nachbarin über<br />
mir lacht am Telefon. Teenager schlendern vorbei,<br />
lachend, rauchend, fl irtend. Dann sind sie<br />
weg und es ist wieder ruhig. Die Nacht strahlt<br />
alles aus, was die Schweiz ausmacht: Wohlbefi<br />
nden, Sicherheit, Raum für mich. Raum, den<br />
niemand antastet. Ich könnte ewig sitzen bleiben,<br />
ins Dunkel hinausschauen und wohlig vor mich<br />
hin schlummern. Ich könnte schlafen. Wunderbar<br />
schlafen. Doch ich kann nicht.<br />
Mitternacht auf meinem Römer Balkon. Die<br />
Luft ist schwer und warm. Der laue Wind streicht<br />
über mein Gesicht. Er duftet nach Aufwachen,<br />
Leben, junger Nacht. Eine Autotür knallt und eine<br />
zweite. Stöckelschuhe tänzeln über den Asphalt<br />
und jemand ruft «Aspetta!». In der Strasse unter<br />
meinem Balkon sitzt eine Gruppe Studenten<br />
auf Automotorhauben, lachend, diskutierend, in<br />
der einen Hand den Aperitivo haltend. Der letzte<br />
Bus brummt vorbei, laut und schwer wie ein alter<br />
Walfi sch. Meine Mitbewohnerin rennt zur<br />
Tür, begrüsst eine Freundin und rauscht hinaus,<br />
eine Duftwolke zurücklassend. Der M<strong>art</strong>ini auf<br />
der staubigen Balkonbrüstung ist schon fast zu<br />
warm. In der Küche klappert Emma mit Töpfen<br />
vom Nachtessen. Zwischendurch klingelt eines<br />
ihrer beiden Handys. An meinen Schuhen hängt<br />
noch etwas Sandstaub.<br />
Ich könnte ewig so stehen bleiben. An meiner<br />
Balkonbrüstung. Aufs Kino hinabschauend, das<br />
Leben ist. Die warme Luft ist alles, was mir Italien<br />
bedeutet: Lebenshunger, Überschwang, Leichtigkeit.<br />
Süss und gleichzeitig schwer. Es ist zu laut<br />
zum Schlafen. Es ist beinahe zu hell, auch wenn<br />
es eigentlich dunkel ist. Ich könnte bleiben. Ewig<br />
bleiben. Doch ich kann nicht.<br />
26<br />
LESERBRIEFE / FORUM<br />
leserbrief@ensuite.ch<br />
Thema: L‘ Aubier - Oase der Sinne<br />
ensuite, Juni 54/55, S. 34<br />
■ Ich bin zwar Abonnent, weiss aber nicht, ob Ihr<br />
so eine Leserseite habt - habe bis an noch nicht darauf<br />
geachtet, ausser auf Eure so genialen Artikel<br />
(wie den letzten mit dem Stadttheater) ... bin jetzt<br />
aber schon ein paar Seiten weiter und beim Artikel<br />
«l´aubier - oase der sinne» stecken geblieben.<br />
Als langjähriger Ökofutterer (nicht erst seit<br />
es in Hollywood in ist) hatte ich mich wie doll darauf<br />
gefreut, dass erstens meine Frau und ich von<br />
Freunden in das Hotel «Le café Hotel» (gehört<br />
zusammen mit dem in Montezillon) eingeladen<br />
wurden und dass on top of it ich noch von meiner<br />
Frau ins Les Murailles 5 zum Znacht eingeladen<br />
wurde.<br />
Das Hotel in Neuchâtel ist sehr schön, die Zimmer<br />
herrlich einladend und die Ambiance in den<br />
Stockwerken einmalig. Die Leute lieb! Einzig beim<br />
Frühstück vermisste ich ein wenig Musik und die<br />
Verbindung zum Bauernhof ... es war da nicht viel<br />
zu spüren von einem Unterschied (ich bin ca. 150<br />
bis 200 Nächte pro Jahr in Hotels).<br />
Aber das mit dem l´aubier! Am Abend, nach einer<br />
Entdeckungstour durch Neuchâtel, ging‘s los.<br />
Man kommt auch mit dem Zug dorthin! Das Herantreten<br />
ist super... diese Aussicht! Wahnsinn... und<br />
der herzig einladende kleine G<strong>art</strong>en vor dem Haus.<br />
Aber, wie Sie erkannt haben (oder Andrea Baumann),<br />
musste man aber sofort die Kamera zücken,<br />
weil dies die einzig wertvolle Ansicht von der<br />
Liegenschaft ist.<br />
Ein hässlicher Winterg<strong>art</strong>enanbau zerstört<br />
schnell die innere Ruhe des Gebäudes. Weder modern<br />
noch romantisch. Weder cool noch warm!<br />
Chance verpasst. Die Einrichtung könnte von einen<br />
billigen Möbelhaus, welche es entlang der A1<br />
zu Massen gibt, stammen. IKEA hätte da Wärmeres<br />
und Moderneres zu bieten. Wenn schon bei IKEA<br />
... überall stehen, hängen oder liegen Gegenstände<br />
oder Möbel herum, die eine Ambiance vorspielen<br />
sollen. Weil sie aber ganz offensichtlich nicht gebraucht<br />
werden, auch die Schränke nicht, strahlen<br />
sie soviel Charme aus, wie die hohlen Bücher in<br />
den Ausstellungswohnwänden bei Hubacher.<br />
Und so geht es weiter mit dem Essen dann. BIO<br />
muss doch nicht einfallslos sein! Auch nicht grau!<br />
Wie Vegi auch nicht mehr nur Bohnen und Braun<br />
ist! Wo ist das Gefühl, der Bauernhof sei grad nebenan?<br />
Warum habe ich Salate auf dem Teller,<br />
die sicher nicht von dem Hof sind, sondern wahrscheinlich<br />
von einem Bio-Bauern in Kenia? Bio<br />
heisst auch Saison ... ok, ich hatte auch Spargeln,<br />
aber auch den Verdacht, dass die aus einen Bio-<br />
Glas kommen. Ok, vielleicht bin ich ein zu extremer<br />
Gourmet - darum gehe ich halt auf den Berner<br />
Markt (der beim Münster) und mache meine Freuden<br />
für uns und Freunde selber. Kochen kann ich.<br />
Und Lust für Bio habe ich auch - weil dies ein Motivator<br />
ist, die volle Natur auf dem Gaumen zu spüren<br />
und das mit gutem Gewissen.<br />
Also, ein paar weniger Auszeichnungen<br />
und aber viel mehr Gefühl und LUST - bitte!<br />
Auf ein andermal - früher waren die Bio-Weine<br />
ja auch alle schlecht, so als Erkennungszeichen.<br />
Und heute von Weinliebhabern aber ganz an die<br />
Spitze gebracht. Das dauerte, aber es lohnt sich. In<br />
diesem Sinne ... ich freue mich auf die Geniesser in<br />
der BIO-Gastro-Branche ;-) Es gibt solche ... habe<br />
ich auch schon entdeckt!<br />
Thomas Kaupert; Bern<br />
Kultur geht<br />
uns<br />
alle was an!<br />
abo@ensuite.ch<br />
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ensuite - kulturmagazin Nr. 56 | August 07