Hinz&Kunzt 307 September 2018
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Marion Göttsches<br />
Fischgaststätte in der<br />
Tunnelstraße 70<br />
hat Montag bis Freitag<br />
von 11–17.45 Uhr<br />
geöffnet.<br />
In alter Treue<br />
Fünf Gerichte, Sinn für Tradition und Stammgäste,<br />
die ein Leben lang bleiben – das macht die historische<br />
Veddeler Fischgaststätte zum Kultlokal.<br />
Hier ist alles original, von der<br />
Eckbank bis zum Kartoffelsalat-Rezept<br />
von 1932. So<br />
lang ist es her, dass Louis Matthes auf<br />
der Veddel seine „Fischbratküche“ eröffnete.<br />
„Feinkost Tiedchen & Worbis“<br />
lag damals in der Tunnelstraße, ebenso<br />
„Ulrich’s Tanzdiele“ und das Kabarett<br />
an der Ecke. „Hier war richtig Highlife“,<br />
schwärmt Renate Puttfarken. Die<br />
gebürtige Veddelerin sitzt mit ihrem<br />
Mann Berni am „Stammtisch“, wo nur<br />
die treuesten Gäste Platz nehmen dürfen.<br />
„Ich komme seit 1952 hierher – damals<br />
mit meinen Eltern und sechs Geschwistern“,<br />
erzählt sie. „Einmal die<br />
Woche haben wir uns das geleistet.“<br />
Heute fährt das Ehepaar von seinem<br />
Zuhause in Rothenburgsort jeden<br />
Donnerstag zum Fischessen aufs frühere<br />
Zollgelände, umtost vom Verkehr.<br />
Nicht leicht zu finden, räumt Betreiberin<br />
Marion Göttsche ein. Vor zwölf<br />
Jahren übernahm sie mit ihrem damaligen<br />
Mann das Lokal von Gerhard und<br />
Anneliese Matthes. Fast 40 Jahre standen<br />
Sohn und Schwiegertochter von<br />
Louis Matthes damals schon hinterm<br />
Tresen, hegten die Kundschaft und<br />
pflegten den Gasbräter, der seit 1947<br />
seinen Dienst tat. „Das Herzstück“, wie<br />
Marion Göttsche sagt. Die Göttsches<br />
waren 2006 selbst Stammgäste, beide<br />
ohne Arbeit und auf der Suche nach einem<br />
Geschäft. „Nehmt doch unseres“,<br />
riet die Wirtin. Man kannte sich ja.<br />
Als das kleine Lokal hinter Bauzäunen<br />
verschwand, war die Treue der<br />
Stammgäste die Rettung des Traditionslokals.<br />
Anderthalb Jahre lang umkreisten<br />
Bagger die Fischgaststätte, rissen<br />
die Straße auf und machten Staub<br />
und Dreck. Die Stammgäste kamen<br />
trotzdem und riefen medienwirksam zu<br />
Retter-Essen auf. Jetzt sind die Bagger<br />
weg, und Marion Göttsche blickt gelassen<br />
dem 100-jährigen Jubiläum entgegen:<br />
„Ich habe grünes Licht vom Verpächter,<br />
dass ich hier weitere 15 Jahre<br />
bleiben kann.“ ATW<br />
•<br />
Chefin Marion<br />
Göttsche vor ihrer<br />
Gaststätte (oben)<br />
und mit ihren<br />
Mitarbeiterinnen.<br />
Renate Puttfarken<br />
kommt seit<br />
1952 hierher –<br />
inzwischen<br />
mit ihrem<br />
Ehemann Berni.<br />
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