Berliner Zeitung 22.10.2018
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16 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 246 · M ontag, 22. Oktober 2018<br />
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Lokalsport<br />
Die<br />
Bayern lassen<br />
grüßen<br />
Der Tischtennis-Verein TTC Eastside will mit einem<br />
Trainingszentrum in neue Dimensionen vorstoßen<br />
VonMichael Jahn<br />
Ist von den Vorzügen Berlins überzeugt: Matilda Ekholm schlägt für Frauen-Bundesligist TTC Eastside auf.<br />
IMAGO/ZHENG<br />
Was haben die millionenschweren<br />
Fußballer<br />
des FC Bayern mit<br />
den Tischtennis-<br />
Frauen des TTC Berlin Eastside gemeinsam?<br />
Auf den ersten Blick gar<br />
nichts, aber immerhin gewannen<br />
beide Klubs schon die Champions<br />
League und mischen in ihrem jeweiligen<br />
Metier seit Jahren in der absoluten<br />
europäischen Spitze mit. WeitereVergleiche<br />
verbieten sich –wirtschaftlich<br />
liegen mehrere Welten<br />
zwischen den beiden Klubs.<br />
Dennoch zieht Andreas Hain, der<br />
in der internationalen Tischtennis-<br />
Szene glänzend vernetzte Manager<br />
des TTC Eastside, einen Vergleich<br />
mit dem FC Bayern,wenn es um die<br />
eigenen Zukunftsplanungen und Visionen<br />
geht. „Anfang und Mitte der<br />
Siebzigerjahre bewegten sich etwa<br />
Bayern und Borussia Mönchengladbach<br />
sportlich und finanziell auf Augenhöhe“,<br />
sagt Hain, „aber wo stehen<br />
die beiden Klubs heute?“ Seine<br />
Antwort: „Bayern ist allen anderen<br />
Konkurrenten, auch Mönchengladbach,<br />
meilenweit enteilt.“ Soll heißen:<br />
Auf dem Zenit der sportlichen<br />
Entwicklung müssen neue Ideen für<br />
die nahe Zukunft her. Hain meint,<br />
wenn man wie Bayern und eben<br />
auch Eastside sportlich ganz oben<br />
angelangt ist, muss man sich rechtzeitig<br />
fit für die kommende Zeit machen,<br />
„damit wir auch in fünf oder in<br />
zehn Jahren noch Spitzesind“.<br />
DerAufbau eines modernen Trainingszentrums<br />
auf dem Gelände an<br />
der Paul-Heyse-Straße in Prenzlauer<br />
Berg soll daher Gestalt annehmen.<br />
Dort befinden sich die Geschäftsstelle<br />
von Eastside, die Zentrale des<br />
<strong>Berliner</strong> Tischtennis-Verbandes,<br />
dazu die Große Spielhalle, die Eastside<br />
oft nutzen kann, und die Trainingshalle.<br />
Die für Sport zuständige<br />
Senatsverwaltung wird inden kommenden<br />
Jahren die Trainingsstätte<br />
des Vereins, die sogenannte Große<br />
Turnhalle, im Sportkomplex Paul-<br />
Heyse-Straße in wesentlichen Bereichen<br />
sanieren und modernisieren.<br />
Tischtennis wird wegen der intensiven<br />
Nutzung natürlich davon profitieren,<br />
wobei auch für Sportler,<br />
Sportlerinnen und Zuschauer eine<br />
größere Barrierefreiheit erzielt wird.<br />
Das betrifft zuvorderst die im Moment<br />
bestehende Trainingshalle,die<br />
später für sämtliche Tischtennis-Akteure<br />
– Spielerinnen von Eastside,<br />
Nachwuchsathleten wie Freizeitspieler<br />
–genutzt werden soll.<br />
Das Projekt befindet sich in der<br />
Planungsphase. Diese Vorstellungen<br />
werden mit den Ideen des <strong>Berliner</strong><br />
Tischtennis-Verbandes, des <strong>Berliner</strong><br />
Behindertensportverbandes und<br />
dem Aushängeschild TTC Eastside<br />
abgestimmt und in Einklang gebracht<br />
werden. Der TTC würde in<br />
Zukunft gern eine Halle zur Verfügung<br />
haben, in der vielleicht gut 500<br />
Zuschauer beste Sicht bei Bundesligaspielen<br />
und internationalen Auftritten<br />
haben. Ob dies realisierbar ist,<br />
bleibt jedoch fraglich.<br />
Standortvorteil Berlin nutzen<br />
Verein: Beim TTC Eastside<br />
spielen vier Frauen- und sieben<br />
Männer-Teams vonder<br />
Bundesliga(Frauen) bis zur<br />
vierten Kreisklasse (Männer).<br />
DerVerein hat rund 300<br />
Mitglieder.Im2.Frauenteam<br />
(Regionalliga) spielen Irina<br />
Palina (Cheftrainerin) und<br />
Tochter Lilia.<br />
TTC-Präsident Alexander Teichmann<br />
sagt: „Wir haben in den zurückliegenden<br />
Jahren alles gewonnen,<br />
was es zu gewinnen gab: die<br />
Meisterschaft, den nationalen Pokal<br />
und die Champions League.Umdieses<br />
Level zu halten, müssen wir den<br />
für viele Spielerinnen attraktiven<br />
Standortvorteil, den die Stadt Berlin<br />
bietet, noch besser nutzen und ausbauen.“<br />
Eastside will einen Wegfinden,<br />
dass gestandene Spitzenspielerinnen<br />
und auch Nachwuchstalente<br />
vor Ort noch intensiver trainieren<br />
können. „In einem Trainingszentrum.<br />
Wir wollen<br />
zunehmend<br />
junge Akteure<br />
aus Berlin und<br />
dem Umland gewinnen<br />
und entwickeln.<br />
Der<br />
Schwerpunkt<br />
liegt auf Mädchen<br />
und<br />
Frauen.“<br />
Das folgt der<br />
Tradition des<br />
Vereins. „Eines<br />
Tages“, sagt der<br />
Präsident,„sollen<br />
die besten jungen<br />
deutschen<br />
Spielerinnen nicht nach Kolbermoor<br />
oder anderswohin gehen, sondern<br />
bei uns schmettern.“<br />
Noch sieht die gängige Praxis in<br />
der Bundesliga so ähnlich aus wie<br />
VIELFALT BEI EASTSIDE<br />
Spitzenkräfte: Die deutsche<br />
Nationalspielerin Nina Mittelham<br />
ist für Eastside am<br />
Ball. Bekannte ausländische<br />
Aktivewaren bisher u. a.<br />
Ruta Budiene (Litauen), Veronika<br />
Pawlowitsch (Weißrussland)<br />
sowie derzeit Matilda<br />
Ekholm (Schweden)<br />
und Gina Pota (Ungarn).<br />
Danziger Str.<br />
Kniprodestr.<br />
Große Spielhalle<br />
Conrad-Blenkle-Str.<br />
Event: Am 6. Januar kommenden<br />
Jahres ist der TTC<br />
wie schon 2017 im SportforumAusrichter<br />
des FinalFour<br />
des deutschen Pokals. Mit<br />
dabei sind: DJK Kolbermoor<br />
(deutscher Meister 2018),<br />
TTG Bingen/Münster-Sarmsheim,<br />
TuSBad Driburg und<br />
Eastside. (mj.)<br />
beim TTC. Zahlreiche ausländische<br />
Spielerinnen werden zu den Partien<br />
eingeflogen und verlassen die Stadt<br />
relativ schnell wieder. Als Eastside<br />
vor einer Woche<br />
in der Champions<br />
League ge-<br />
PANKOW<br />
gen Cartagena<br />
aus Spanien antrat<br />
und 3:0<br />
siegte, kamen<br />
etwa die drei<br />
Protagonisten<br />
Velodrom<br />
Matilda Ekholm<br />
Trainingshalle aus Stockholm,<br />
Gina Pota aus<br />
Landsberger Allee Budapest, aber<br />
auch die deutsche<br />
100 m<br />
National-<br />
Storkower Str.<br />
spielerin und<br />
BLZ/HECHER<br />
frisch gebackene<br />
Europameisterin<br />
Nina Mittelham aus Willich nahe<br />
Düsseldorf, wo sich das Leistungszentrum<br />
des DTTB befindet, für<br />
kurze Zeit nach Berlin. Eastside will<br />
in Zukunft in einem eigenen TT-Zentrum<br />
auch lokale Talente ausbilden.<br />
„Wann hatten wir zuletzt eine deutsche<br />
Meisterin aus Berlin?“ fragt<br />
Teichmann und weiß keine Antwort.<br />
„Vielleicht kommt diese 2024 aus der<br />
Hauptstadt undvom TTC…“<br />
Erst der tiefe Blick ins Archiv bringt<br />
Aufschluss. 1979 war es Gabriele<br />
Geißler vomeinem der Eastside-Vorgänger,der<br />
BSG Außenhandel Berlin,<br />
die DDR-Meisterin wurde. Aus dem<br />
Westteil der Stadt holte 1962 Uschi<br />
Fiedler-Matthias (Grün-Weiß Berlin)<br />
den deutschen Titel im Einzel. Daniel<br />
Gansen, der Präsident des <strong>Berliner</strong><br />
Verbandes, sagt: „Wir begrüßen die<br />
Eastside-Pläne, dasie unseren Sport<br />
voranbringen wollen und bessere<br />
Möglichkeiten des Trainings vor Ort<br />
bringen.“<br />
Internationale Zugkraft<br />
Es geht auch darum, international<br />
konkurrenzfähig zu bleiben. Manager<br />
Hain sagt: „Im Moment rüsten<br />
viele Vereine in der Champions<br />
League sportlich und wirtschaftlich<br />
auf. Einige haben längst einen höherenEtatals<br />
wir.“ Dazu zählen der Titelverteidiger<br />
Dr. Casl Zagreb aus<br />
Kroatien, Tarnobrzeg aus Polen und<br />
sämtlicheVereine aus Frankreich wie<br />
Étival-Clairefontaine, St. Quentin<br />
und Metz. DerTTC Eastside, der am<br />
Wochende aber schon mal klar im<br />
zweiten Gruppenspiel der Champions<br />
League mit 3:0 in Étival-Clairefontaine<br />
siegte, will sich auf drei<br />
Schwerpunkte konzentrieren: a)<br />
Aufbau des Trainingszentrums, b)<br />
Weiterentwicklung der Mannschaft,<br />
c) Ausrichtung vonEvents wie das Final<br />
Four oder die Deutschen Meisterschaften.<br />
In Sachen Aufbau eines Trainingszentrums<br />
ist der international<br />
renommierte Trainer Peter Engel involviert.<br />
Engel, einst als Aktiver auch<br />
Deutscher Meister im Einzel und mit<br />
40 Länderspielen für Deutschland in<br />
seiner Vita, trainierte später u. a. die<br />
Frauen-Nationalmannschaften der<br />
Niederlande, von Spanien und Indien.<br />
Viele Jahre arbeitete er erfolgreich<br />
im Tischtennis-Leistungszentrum<br />
inBarcelona. „Durch unseren<br />
guten Ruf inder Szene und die Zugkraft<br />
der Metropole Berlin besteht<br />
international großes Interesse, bei<br />
Eastside zu trainieren“, sagt Alexander<br />
Teichmann, „auch unsere Aktiven<br />
bekommen dann im Gegenzug<br />
unterschiedliche Sparringspartner,<br />
Abwehr- und Offensivspieler oder<br />
Penholder-Spieler. Das bringt alle<br />
sportlich enormvoran.“<br />
Eine erste internationale Einheit<br />
gab es bereits in der Paul-Heyse-<br />
Straße, die nächste ist für Januar<br />
2019 geplant. Manager Hain: „Die<br />
Spielerinnen, die uns als Sparrings-<br />
Partner zur Verfügung standen, kamen<br />
aus Tschechien, Indien, den<br />
Niederlanden, Deutschland, Schweden<br />
und Serbien. Dazu melden sich<br />
einzelne Spitzenleute aus weiteren<br />
Ländern.“ Den Machern des TTC<br />
Eastside schwebt vor, dass an der<br />
Paul-Heyse-Straße ein Treffpunkt<br />
der besten Tischtennis-Spielerinnen<br />
aus vielen Ländern entsteht und<br />
durch die harte Konkurrenz während<br />
des Trainings möglichst viele<br />
Aktiveaus Berlin an die Spitzegelangen.<br />
Ein starker Plan, der aber einen<br />
langen Atem braucht.<br />
Michael Jahn<br />
begleitet das ehrgeizige<br />
Projekt des TTC Eastside.<br />
VomEnde des Tiefstapelns<br />
Der Rugbyklub 03 siegt nur knapp gegen Schlusslicht St. Pauli, verständigt sich aber dennoch auf ambitionierte Saisonziele<br />
VonChristian Schlodder<br />
Das beschauliche Klubhaus des<br />
Rugbyklub 03 in Weißensee<br />
platzte am vergangenen Dienstag<br />
aus allen Nähten. Knapp 45 Herrenspieler<br />
des Vereins saßen zwischen<br />
den gerahmten Trikots vergangener<br />
Jahrzehnte, analysierten die letzten<br />
Spieltage und bestimmten die Zielstellung<br />
für den Rest der Saison.<br />
Vor allem aber wurde an den<br />
Teamgeist appelliert, der zuletzt etwas<br />
auseinanderzugleiten drohte.<br />
Auch der verletzte Kapitän Falk<br />
Duwe nahm wahr, dass die interne<br />
Verbindung schon einmal fester war.<br />
„Das Treffen war wichtig. Nunhaben<br />
wir wieder alle den richtigen Fokus“,<br />
sagte er.<br />
Mit der großen Aussprache im<br />
Rücken sollte am Sonnabend auch<br />
ein sportliches Statement beim letzten<br />
Heimspiel im Jahr 2018 gegen<br />
den FC St. Pauli gesetzt werden.<br />
Doch trotz des gemeinschaftlichen<br />
Appells an den oft beschworenen<br />
„Spirit“ drohte das lange sehr ernüchternd<br />
auszufallen. Zur Pause<br />
sahen sich die Hausherren einem<br />
5:20-Rückstand gegen das bisher<br />
sieglose Schlusslicht aus dem Norden<br />
gegenüber. „Das war phasenweise<br />
schon eine Katastrophe“, sagte<br />
Duwe,den ein Wadenbeinbruch aus<br />
dem September noch immer zum<br />
Zuschauen verdammt. Man konnte<br />
ihn dennoch fast über den ganzen<br />
Platz wild schimpfen hören.<br />
Aufins Halbfinale<br />
Die potenzielle Katastrophe wurde<br />
am Ende dank einer beherzten<br />
Mannschaftsleistung im zweiten<br />
Durchgang noch mit 27:23 abgewendet.<br />
„Für die Zuschauer ist so ein<br />
Spiel natürlich klasse. Für uns als<br />
Team hätte es aber gern anders laufen<br />
dürfen“, erklärte der Nationalspieler<br />
Duwe.Soblieb zumindest die<br />
Erkenntnis,dass das gemeinsam anvisierte<br />
Ziel nicht aus den Augen verloren<br />
wird: das Halbfinale um die<br />
deutsche Meisterschaft.<br />
Im bisherigen Verlauf der Saison<br />
wurde diese Ambition auf die Runde<br />
der letzten vier, für die der RK am<br />
Ende der Saison mindestens auf<br />
Platz zwei der Bundesliga Nord landen<br />
müsste, nicht wirklich offensiv<br />
kommuniziert. Auch, weil man den<br />
ein oder anderen Abgang und einige<br />
schmerzlicheVerletzungen vonLeistungsträgern<br />
verkraften musste.<br />
Aber: „Wir müssen auch nicht<br />
krampfhaft tief stapeln. Natürlich<br />
sollten wir auf Dauer auch attraktiv<br />
sein. Vor allem für die Jungen, die<br />
man nicht ewig mit einem Platz im<br />
Mittelfeld zufrieden stellt“, weiß Kapitän<br />
Duwe.<br />
Da sich die drei noch besser positionierten<br />
Teams –Hannover78, der<br />
<strong>Berliner</strong> Rugby Club und Germania<br />
List –andiesemWochenende entweder<br />
gegenseitig die Punkte abnahmen<br />
oder selbst patzten, bleibt auch<br />
der ganz große Sprung nach oben für<br />
den RK nicht ausgeschlossen.<br />
An dem will auch Falk Duwe so<br />
schnell wie möglich wieder mitwirken.<br />
Im November hofft er,wieder fit<br />
zu sein. Schon in zwei Wochen wartet<br />
beim RC Leipzig eine schwere<br />
Aufgabe auf fremdem Platz, bevor es<br />
nur eine Wochespäterbeim Lokalrivalen<br />
vom BRC um die letzte Standortbestimmung<br />
vor der nächsten<br />
großen RK-Veranstaltung geht −die<br />
Weihnachtsfeier.