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BADISCHE WEINSTRAß E<br />
JAKOB SCHNEIDER<br />
vieren, um an das Leistungsniveau der anderen Kaderathleten<br />
heranzukommen und zugleich auch den Weg ins Studium an<br />
der nahe gelegenen Ruhr-Universität in Bochum zu finden.<br />
Wieder gab es Gefährten, von denen ich mich trennen musste.<br />
Aber mit jeder Tür, die zuging, gingen auch neue Türen auf.<br />
Manche Gefährten trifft man auch mehrmals, so sitzt Johannes,<br />
einer der Gefährten aus dem U19-Vierer, nun mit mir im<br />
Deutschland-Achter. Wir haben ein paar Jahre in einer Ruderer-<br />
WG zusammengewohnt und holten 2014 den Vizeweltmeistertitel<br />
bei der U23-WM am Lago di Varese in Italien.<br />
Das sind für mich als Ruderer die wohl wichtigsten Weggefährten:<br />
die Bootspartner – meistens die Zweierpartner, mit denen<br />
man sich für eines der größeren Boote, die aus den Zweiern<br />
zusammengesetzt werden, qualifiziert und mit denen man<br />
manchmal mehr Zeit verbringt als mit der eigenen Freundin. Ich<br />
hatte bisher das Glück, immer wieder den richtigen „Gefährten“<br />
zu finden. Angefangen mit dem Breisacher<br />
Partner, mit dem ich ins Internat ging, bis zu<br />
meinem jetzigen Zweierpartner Hannes, der<br />
in unserem Boot Schlagmann ist. Gefährten<br />
sind Menschen, die mit mir im Boot sitzen<br />
und auf die ich mich für eine gewisse Wegstrecke<br />
verlassen kann und die sich genauso<br />
auf mich verlassen können.<br />
IN ZWEI JAHREN SIND DIE<br />
Der Rhein bei Breisach war immer wieder vor den großen Wettkämpfen,<br />
wie den Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen,<br />
auch Trainingsstätte für den Deutschland-Achter. So kam ich<br />
als Dreizehnjähriger an ein Poster mit allen Unterschriften des<br />
damaligen Achters, das von nun an in meinem Zimmer hing.<br />
Einmal in den Deutschland-Achter zu kommen, war zu dieser<br />
Zeit jedoch nie mein Ziel, dafür war der Abstand zu den Sportlern,<br />
die wir eher als Helden bewunderten, einfach noch zu<br />
groß.<br />
2017 war dann das Jahr, in dem der große Kraftaufwand belohnt<br />
wurde. Ich wurde für den Deutschland-Achter nominiert. Und<br />
ich weiß noch genau, wie zu der Freude über die Nominierung<br />
sich sogleich auch das Gefühl der Verantwortung einstellte: Du<br />
OLYMPISCHEN SPIELE IN TO-<br />
KIO. NATÜRLICH MÖCHTE ICH<br />
DABEI SEIN. UND DANACH AM<br />
KAISERSTUHL AUSSPANNEN.<br />
bist jetzt nicht im Boot, um dabei zu sein, sondern um dein<br />
Bestes zu geben – am besten, um zu gewinnen.<br />
Dann gab es die Siegesserie, wir gewannen den Gesamtweltcup,<br />
stellten eine neue Weltbestzeit auf, gewannen den Grand<br />
Challenge-Cup bei der traditionsreichen Henley-Regatta in England<br />
und wurden am Ende der Saison in Sarasota Weltmeister.<br />
Auch in der Saison 2018 habe ich mit meiner Leistung das Vertrauen<br />
der Trainer gewinnen können, um wieder für den begehrten<br />
Achter nominiert zu werden. Während wir in der letzten<br />
Saison mit unserer Leistung alle überraschen konnten, sind<br />
wir nun von Beginn an die Favoriten und damit auch die Gejagten.<br />
So schön es ist, in meinem Verein in Essen nach einer erfolgreichen<br />
Saison gefeiert zu werden, so schön ist es auch, beim Breisacher<br />
Ruderverein oder in meiner Geburtsgemeinde Ihringen<br />
zu sein. Die Besuche sind meist kurz und<br />
spontan und dauern selten länger als zwei<br />
Tage – nur an Weihnachten sind es dann<br />
auch mal vier Tage, bevor es ins Trainingslager<br />
in den Süden geht.<br />
An diesem Ab-und-Zu wird sich, solange ich<br />
vorne dabei sein möchte, nichts ändern. Aber<br />
dieses Ab-und-Zu heißt immer wieder auch<br />
Kraft tanken können, ob es bei den Eltern, den Freunden oder<br />
an einem Trainingstag mit dem Jugendachter des Breisacher<br />
Rudervereins ist. Der Rhein bei Breisach, geschützt hinter den<br />
Uferwegen, ist sicherlich eine der schönsten Ruderstrecken der<br />
Welt – mit an vielen Tagen wunderbar glattem Wasser. Um ganz<br />
nach vorne zu kommen, muss man aber auch in raueren Gewässern<br />
rudern lernen.<br />
In zwei Jahren sind die Olympischen Spiele in Tokio. Natürlich<br />
möchte ich dabei sein. Und danach am Kaiserstuhl ausspannen<br />
– auch um ein paar Gefährten oder eben auch mal den Zielturm<br />
am Rhein wieder zu sehen. Schön sind Zieltürme ja selten, aber<br />
beim Rennen, wenn es darauf ankommt, sind sie das Maß aller<br />
Dinge – auf jeden Fall für einen Ruderer.