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Essays zu egalitärer Vielfalt

Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Egalitäre Vielfalt und Differenz. SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY | Vol. 3 | 09/2018

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Kinder mit AD(H)S im schulischen Kontext<br />

Anna Berner<br />

Dieser Essay beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob Kinder mit AD(H)S im schulischen Kontext benachteiligt werden und dadurch<br />

schlechtere Ausbildungschancen haben. Kinder mit AD(H)S haben spezifische Bedürfnisse, die im Schulalltag aus verschiedenen<br />

Gründen oftmals schwer <strong>zu</strong> befriedigen sind bzw. fehlt das Wissen, wie diesen Bedürfnissen nachgegangen werden kann.<br />

In Österreich betrug der Anteil der früheren Schul- und Ausbildungsabbrecher*innen im Jahr 2014 laut dem Nationalen Bildungsbericht<br />

Österreich 2015 ca. 7%. Durch diese Zahlen stellt sich die Frage, warum es immer noch <strong>zu</strong> dieser hohen Zahl an Schulabbrecher*innen<br />

kommt? Hierfür gibt es viele verschiedene Gründe. Auf die Symptomatik AD(H)S, ein möglicher Grund dafür<br />

die Schule ab<strong>zu</strong>brechen, soll in diesem Essay näher eingegangen werden: Beeinflusst das Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivität)-Syndrom<br />

die schulische Bildung und wenn ja, wie beeinflusst AD(H)S das Lernen? (Bruneforth, Eder, Krainer, Schreiner, Seel<br />

& Spiel, 2016, S. 180)<br />

Einige Forschungsergebnisse zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen AD(H)S und Lesestörungen mit einer Komorbiditätsrate<br />

von 40% auf. Lesestörungen, die nicht gesondert behandelt werden, führen nicht nur im Deutschunterricht <strong>zu</strong> Schwierigkeiten,<br />

sondern auch in anderen Unterrichtsgegenständen. Durch die Lesestörung kann das Kind wesentlich in seinem schulischen<br />

Bildungsverlauf beeinträchtigt werden (Brandau & Kaschitz, 2013, S. 63-64).<br />

Laut Düre (2007, S. 236) ist ein Anteil von 25 bis 35% der Klassenwiederholer*innen unter den AD(H)S-Betroffenen. Hier<strong>zu</strong> gibt<br />

es zwar keine weiteren Ausführungen, dennoch ist es naheliegend, dass das Kind durch sein AD(H)S, bzw. durch die damit <strong>zu</strong>sammenhängenden<br />

Probleme, wie etwa Störungen des Soziallebens, Lernschwächen etc., soweit beeinträchtigt ist, dass es ihm<br />

nicht möglich ist, eine Klasse positiv ab<strong>zu</strong>schließen und somit in die nächste Schulstufe auf<strong>zu</strong>steigen (Düre, 2007, S. 236). Starck<br />

(1974, S. 57) resümiert: „So schließt sich der Kreis: Die Ungereimtheiten und Un<strong>zu</strong>länglichkeiten des gegenwärtigen Schulsystems,<br />

die nicht hinreichende Informiertheit des Lehrers und seine Abwehrhaltung gegenüber dem schlechten Schüler stehen in einem<br />

Wechselverhältnis.“ Dieses Problem kann darauf begründet werden, dass einerseits Lehrer*innen nicht adäquat ausgebildet sind<br />

um mit Schüler*innen, die an AD(H)S leiden, <strong>zu</strong> arbeiten. Andererseits stehen sie unter enormen Leistungsdruck und haben nicht<br />

die Kapazitäten <strong>zu</strong>r Verfügung um besondere Betreuungsangebote <strong>zu</strong> schaffen (Starck, 1974, S. 74).<br />

Eng mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom sind gewisse Begleiterscheinungen sowie Folgeerkrankungen verbunden, wie etwa<br />

Lese-Rechtschreibschwäche sowie emotionale Steuerungsschwäche. Diese Begleiterscheinungen und Folgeerkrankungen haben<br />

enorme Auswirkungen auf das Leistungsverhalten eines Kindes. Es beginnt ein „Teufelskreis“ aus dem das Kind mit AD(H)S ohne<br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng nicht aussteigen kann und sowohl das Lehrpersonal, als auch die Kindseltern alleine können diesen nicht durchbrechen.<br />

Es benötigt eine ganzheitliche Förderung, welche sowohl schulische Angelegenheiten, emotionale und soziale Aspekte, als<br />

auch das Kind in seiner Wahrnehmung einbezieht (Simchen, 2010, S. 26-30).<br />

Dabei gilt es <strong>zu</strong> berücksichtigen, dass Kinder mit AD(H)S so verschieden sind wie andere Schüler*innen auch: Sie brauchen feste,<br />

klare Regeln, Kontrolle, Konsequenz und viel liebevolle Zuwendung. Da diese Kinder sehr oft ein schlechtes Selbstbild haben, benötigen<br />

sie sehr viel Lob und es zeigt sich, dass sie bei hoher Motivation auch die gleichen Leistungen wie gesunde Schüler*innen<br />

erbringen können. Wichtig ist, dass sie das Arbeitsziel im Auge behalten und in Situationen, in denen sie den Überblick verlieren<br />

oder die Aufmerksamkeit schwindet, wieder strukturiert in das Unterrichtsgeschehen geholt werden. Da<strong>zu</strong> ist oft mehr Zeit, Geduld<br />

und die Kooperation des gesamten Kollegiums notwendig (Düre, 2007, S. 250).<br />

Es kann somit festgestellt werden, dass durch die Symptome, Begleit- und Folgeerkrankungen von AD(H)S das Lernen in der<br />

Schule erschwert wird. Um dem entgegen<strong>zu</strong>wirken sind einerseits die angemessene Betreuung und das Eingehen auf individuelle<br />

Bedürfnisse der Kinder mit AD(H)S unumgänglich und andererseits ist es auch erforderlich, dass nötige räumliche und finanzielle<br />

Ressourcen bereitgestellt werden und Lehrer*innen in dieser Hinsicht Weiterbildungen besuchen.<br />

Quellen:<br />

Brandau, Hannes & Kaschnitz Wolfgang, (2013). ADHS im Jugendalter. Lernstörungen und kognitive Probleme (2. Auflage). Weinheim und Basel: Beltz Juventa.<br />

Bruneforth, Michael, Eder, Ferdinand, Krainer, Konrad, Schreiner, Claudia, Seel, Andrea & Spiel, Christiane (2016). Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015. Fokussierte<br />

Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen. BIFIE. BMBF. Graz: Leykam Buchverlag.<br />

Düre, Gerhild (2007). ADHS kontrovers. Im Brennglas Schule (1.Auflage). Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.<br />

Simchen, Helga (2010). Die vielen Gesichter des ADS. Begleit- und Folgeerkrankungen richtig erkennen und behandeln (3. Auflage). Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.<br />

Starck, Willy (1974). Die Sitzenbleiber-Katastrophe. Tatsachen und erforderliche Sofortmaßnahmen. Stuttgart: Klett.<br />

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