Essays zu egalitärer Vielfalt
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Egalitäre Vielfalt und Differenz. SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY | Vol. 3 | 09/2018
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Egalitäre Vielfalt und Differenz.
SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY | Vol. 3 | 09/2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Chancengleichheit in der schulischen Bildung<br />
für Kinder aus sozial schwächeren Familien<br />
Monja König<br />
Theoretisch, wie es auch in der österreichischen Verfassung Art. 14 steht, ist die Chancengleichheit gegeben. Artikel 14 (5a) besagt:<br />
„Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen sind Grundwerte<br />
der Schule, auf deren Grundlage sie der gesamten Bevölkerung, unabhängig von Herkunft, sozialer Lage und finanziellem<br />
Hintergrund, unter steter Sicherung und Weiterentwicklung bestmöglicher Qualität ein höchstmögliches Bildungsniveau sichert.<br />
Im partnerschaftlichen Zusammenwirken von Schülern, Eltern und Lehrern ist Kindern und Jugendlichen die bestmögliche geistige,<br />
seelische und körperliche Entwicklung <strong>zu</strong> ermöglichen, damit sie <strong>zu</strong> gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten,<br />
pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen<br />
Werten orientiert Verantwortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Generationen <strong>zu</strong> übernehmen. Jeder<br />
Jugendliche soll seiner Entwicklung und seinem Bildungsweg entsprechend <strong>zu</strong> selbständigem Urteil und sozialem Verständnis geführt<br />
werden, dem politischen, religiösen und weltanschaulichen Denken anderer aufgeschlossen sein sowie befähigt werden, am<br />
Kultur- und Wirtschaftsleben Österreichs, Europas und der Welt teil<strong>zu</strong>nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen<br />
Aufgaben der Menschheit mit<strong>zu</strong>wirken.“<br />
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Chancengleichheit in der schulischen Bildung für Kinder aus sozial schwächeren<br />
Familien vollständig gegeben ist.<br />
Auch das Bundesministerium für Unterricht Kunst und Kultur hat sich als Wirkungsziel die „Erhöhung des Bildungsniveaus der<br />
Schülerinnen und Schüler“ (Bruneforth, Weber & Bacher, 2012, S. 191) definiert. Es „zielt mit der Erhöhung der Bildungsbeteiligung<br />
implizit auf eine Reduzierung des Anteils früher Schulabbrecher/innen und damit gegen die Bildungsarmut insgesamt ab (RV BFG<br />
2013, Anlage I Bundesvoranschlag 2013, Zif. 302)“ (Bruneforth, Weber & Bacher, 2012, S. 191).<br />
Praktisch sieht die Sache anders aus: Wie bereits die Fragestellung verrät, ist die Chancengleichheit aufgrund der sozialen Herkunft<br />
nicht immer gegeben. Viele Forschungen wurden darüber angestellt. Sie kommen <strong>zu</strong> dem Ergebnis, dass der soziale Hintergrund<br />
und die familiäre Situation für die schulische Laufbahn ausschlaggebend sind. Es wird hierbei zwischen dem primären und sekundären<br />
Effekt unterschieden. Die primären Effekte beziehen sich auf die Leistungsunterschiede, die aufgrund der sozialen Herkunft<br />
entstehen. Kinder aus einem Elternhaus, in welchem die Eltern keinen höheren Abschluss haben, haben ein geringeres „Startkapital“.<br />
Dadurch werden mit geringerer Wahrscheinlichkeit höherbildende Schulen besucht. Die sekundären Effekte bedeuten, dass<br />
sich Schüler*innen aus unterschiedlichen Sozialschichten, trotz gleicher Leistungen, unterschiedlich für die weitere Schullaufbahn<br />
entscheiden. Die Kosten für den Besuch einer höherbildenden Schule werden unterschiedlich bewertet und von sozial schwächeren<br />
Familien meist als <strong>zu</strong> teuer eingestuft. Der Schulbildung selbst wird auch ein geringerer Wert <strong>zu</strong>gesprochen, da in diesem<br />
Milieu das Hauptaugenmerk nicht auf einer höheren schulischen Ausbildung liegt (Relikowski, 2012).<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die soziale Herkunft mitunter ausschlaggebend für die Schullaufbahn ist. Kindern<br />
aus sozial und ökonomisch schwächeren Familien sind nicht die gleichen Chancen gegeben wie Kindern aus Familien mit hohem<br />
sozialen und kulturellen Kapital. Bisherige politische Maßnahmen <strong>zu</strong>r Angleichung von Ausbildungschancen haben nicht den gewünschten<br />
Erfolg gezeigt. Demnach bleibt noch einiges <strong>zu</strong> tun.<br />
Quellen:<br />
Bruneforth, Michael, Weber, Christoph & Bacher, Johann (2010). Chancengleichheit und garantiertes Bildungsminimum in Österreich. In: Herzog-Punzenberger, Barbara<br />
(Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht Österreich 2012, Band 2. Graz: leykamverlag, 189-229.<br />
Zugriffen am 13.06.2018 unter https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/unterricht/ba/nbb_2012_b02_kapitel05_23889.pdf?61ec4d<br />
Relikowski, Ilona (2012). Primäre und sekundäre Effekte am Übertritt in die Sekundarstufe I. Wiesbaden: Springer VS.<br />
22