Essays zu egalitärer Vielfalt
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Egalitäre Vielfalt und Differenz. SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY | Vol. 3 | 09/2018
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Egalitäre Vielfalt und Differenz.
SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY | Vol. 3 | 09/2018
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Persönlichkeitsbildung und Digitalisierung<br />
Irma Prošić<br />
Hentig (2004) beschreibt Bildung als Bildung der Persönlichkeit in seinem 1996 erstmals erschienen Essay (Hentig, 2004, S.<br />
37-39). 20 Jahre später wird der Begriff Bildung nach wie vor gesellschaftlich diskutiert. Peter Bieri (2017, S. 7) beschreibt gegenwärtig<br />
Bildung als etwas, das die Person für sich tut. Bildung passiert ihm <strong>zu</strong>folge aus Eigeninitiative und Überzeugung. Er<br />
betont die Wichtigkeit der menschlichen Neugierde, die es <strong>zu</strong> wecken gilt. Bieri (2017, S. 8-10) definiert den Gebildeten als<br />
jemanden, der die Genauigkeit schätzt und sich mit einer bestimmten Thematik tiefgreifend auseinandersetzt, um die Zusammenhänge<br />
und geschichtliche Entwicklung <strong>zu</strong> verstehen. Der Philosoph Kondrad Paul Liessmann (2017, S. 7-8) beschreibt die<br />
aktuelle Situation als Verfehlung des ursprünglichen Bildungsbegriffs. Es geht nicht mehr um individuelle Bildung oder „analoge<br />
Bildung“, sondern um das Aneignen von Kompetenzen. Die fortschreitende Digitalisierung hat immense Folgen auf die kognitive<br />
Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Welche Bedeutung haben daher Persönlichkeitsbildung und „analoge Bildung“<br />
im Zeitalter der Digitalisierung?<br />
Ausgehend davon, dass Bildung als Persönlichkeitsbildung <strong>zu</strong> verstehen ist, kann interpretiert werden, dass ein gebildeter<br />
Mensch jemand ist, der durch das Lesen und Reflektieren, da<strong>zu</strong> fähig ist, sich unter dem Einfluss digitaler Medien, eine eigene<br />
Meinung <strong>zu</strong> bilden. Der Gebildete ist da<strong>zu</strong> fähig, zwischen wahr und falsch <strong>zu</strong> unterscheiden und lässt sich nicht von Fake News<br />
manipulieren. Obwohl Bildung vom Individuum ausgeht, geschieht dies nie isoliert von der Gesellschaft. Großen Einfluss darauf<br />
hat das soziale Umfeld wie Eltern, Geschwister aber auch die Lehrer*innen. Kinder und Jugendliche verbringen einen Großteil<br />
ihrer Zeit in verschulten Bildungseinrichtungen. Deshalb findet Persönlichkeitsbildung <strong>zu</strong> einem Teil in der Schule statt. Es ist<br />
Aufgabe der Pädagog*innen, die Kinder und Jugendlichen für digitale Medien <strong>zu</strong> sensibilisieren. Es soll aufgezeigt werden, dass<br />
der Stellenwert eines gebildeten Menschen in einer digitalisierten Gesellschaft sehr hoch ist. Ein Griff <strong>zu</strong> einem Buch bereichert<br />
die Sprache und erleichtert das Ausdrücken von Gefühlen. Lesen hilft dabei, die Umwelt und die Dinge anders wahr<strong>zu</strong>nehmen.<br />
Das Kommunizieren von Gefühlen und das Lesen sowie Reflektieren sind Eckpfeiler, die das Menschensein ausmachen. Tatsache<br />
ist, dass digitale Medien aus dem Alltag der Menschen nicht weg<strong>zu</strong>denken sind. Die Digitalisierung ist nicht immer als<br />
etwas Negatives <strong>zu</strong> betrachten, wenn der richtige Umgang früh genug erlernt wird. In Deutschland ermöglicht Mobile Health<br />
(mHealth) Menschen am Land die ärztliche Versorgung. Dabei handelt es sich um virtuelle Sprechstunden. Seit 1. Juli 2017 übernehmen<br />
die meisten Krankenkassen die virtuelle Sprechstunde (Eichstedt, 2017, S. 53).<br />
Zusammenfassend ist unter dem Begriff Bildung die Persönlichkeitsentwicklung <strong>zu</strong> verstehen, die individuell und aus eigener<br />
Überzeugung stattfindet. Die „analoge Bildung“ ist auch im Zeitalter der Digitalisierung nach wie vor ein essentieller Bestandteil.<br />
Die Pädagog*innen tragen in der Schule <strong>zu</strong>r Bewusstseinsbildung im Umgang mit digitalen Medien bei. Auf diese Weise<br />
wecken sie bei den Kindern und Jugendlichen die Neugierde, digitale Medien im Unterricht und außerhalb von Schulbildungseinrichtungen<br />
sinnvoll ein<strong>zu</strong>setzen und <strong>zu</strong> gebrauchen. Das World-Wide-Web kann bei zweckmäßigem Einsatz <strong>zu</strong>r Inklusion im<br />
Alltag beitragen und <strong>zu</strong>r Überbrückung von Distanz dienen und ist in Ergän<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> „analogen Bildungsquellen“ <strong>zu</strong> sehen.<br />
Quellen:<br />
Bieri, Peter (2017). Wie wäre es, gebildet <strong>zu</strong> sein? München: Komplett-Media.<br />
Eichstedt, Astrid (2017). Land der Ideen. Aktion Mensch - Menschen Inklusiv leben, 2017 (2), 50-55.<br />
Hentig, Hartmut von (2004). Bildung - ein Essay. (5. Auflage). Weinheim und Basel: Beltz Verlag.<br />
Liessmann, Paul Konrad (2017). Bildung als Provokation. Wien: Paul Zslonay Verlag.<br />
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