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Essays zu egalitärer Vielfalt

Im Rahmen der Lehrveranstaltung Bildung: Egalitäre Vielfalt und Differenz. SCHRIFTEN ZU DISABILITY & DIVERSITY | Vol. 3 | 09/2018

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Lernbeeinträchtigung und Verhaltensprobleme<br />

bei Kindern und Jugendlichen<br />

Bettina Stermitz<br />

In diesem Essay geht es um die Frage, ob Kinder und Jugendliche durch ihre Lernbeeinträchtigung auch in ihrem Verhalten auffallen<br />

und womit dies <strong>zu</strong>sammenhängen könnte.<br />

Wenn es um das Wort LERNEN geht, fällt uns allen als erstes die Schule ein. Aber nicht nur in der Schule lernen wir, wir lernen von<br />

der Geburt an bis <strong>zu</strong>m Tode, Lernen ist ein lebenslanger Prozess. Lernen bedeutet, dass wir jeden Tag in unserem Leben Neues<br />

erkennen und begreifen. Das Lernen in der Schule ist ein Teilbereich dieses Prozesses: Hier können immer wieder Probleme auftreten,<br />

so kann jemand besser rechnen oder ist schlechter im Deutsch Unterricht. Dies gibt es sehr oft, kritisch wird es erst, wenn<br />

dieser Zustand nachhaltige negative Auswirkungen hat. Lernen hat den Mittelpunkt in der Schule und dort kann es massive Folgen<br />

mit sich bringen. Wernig und Lütje-Klose (2016, S. 14) meinen von gravierendem schulischen Lernversagen sind auch jene<br />

Schüler*innen betroffen, bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen diagnostiziert wurde. Lernerschwernisse<br />

sind so vielfältig wie die Lebenssituation der betroffenen Schüler*innen. (Wernig, Lütje-Klose, 2016, S. 18)<br />

Diese Beeinträchtigung kann auch an genetisch angeborenen Faktoren liegen, wie <strong>zu</strong>m Beispiel an Hirnschäden oder an Sauerstoffunterversorgung<br />

während der Geburt. Lernbeeinträchtigungen beginnen nicht mit dem Eintritt in die Grundschule und enden<br />

auch nicht nach Beendigung der Schulzeit. Vor der Schule wird es oft als Entwicklungsverzögerung eingestuft, die ihre Auswirkungen<br />

auf spätere Lernprozesse hat. (Lernbehinderung.com, 2018)<br />

Medizinisch wird Lernbehinderung mit Hilfe des ICD10 klassifiziert und folgende Diagnosen gestellt, die auch in Kombination<br />

auftreten können: Lese-Rechtschreibschwäche (Legasthenie) und Leserückstand (ICD10 F81.0), Isolierte Rechtschreibschwäche<br />

(ICD10 F81.1), Rechenstörung (Dyskalkulie) (ICD10 F81.2), Kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten (ICD10 F81.3), Sonstige<br />

Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (ICD F81.8), Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (ICD10 F 81.9).<br />

(Lernbehinderung.com, 2018)<br />

In Kombination mit der medizinischen Diagnose treten weitere Probleme im schulischen Alltag auf: „In drei westdeutschen Städten<br />

wurden Studien erstellt, die darstellten, dass Verhaltensprobleme in der Schule für Lernbehinderte [Anm: Schüler*innen mit<br />

Lernbehinderung] weit verbreitet und erhebliche Ausmaße haben“ (Becker, 2008, S. 59). Lernen und Verhalten hängen laut neurologischer<br />

Hinsicht eng miteinander <strong>zu</strong>sammen. Kinder mit Verhaltensstörungen leiden auch an Lernstörungen und Kinder mit<br />

Lernstörungen oder einer Lernbehinderung haben Auffälligkeiten im Verhalten. Bei etwa 75% der Schüler*innen mit Lernbeeinträchtigung<br />

wurden auch mangelnde soziale Kompetenzen bzw. Verhaltensschwierigkeiten festgestellt. Oftmals kommen diese<br />

Schüler*innen aus sogenannten „bildungsfernen Schichten“. Die soziale Lage der Eltern sowie die <strong>zu</strong>r Verfügung stehende schulische<br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng und Hilfestellung von Seiten der Eltern spielen eine wesentliche Rolle beim Lernen (Bundschuh, 2003, Kautter/<br />

Munz, 2004).<br />

In diesem Kontext ist die spezifische Lage von Kindern mit Migrationshintergrund <strong>zu</strong> erwähnen. Schüler*innen mit Migrationshintergrund,<br />

die die deutsche Sprache nicht beherrschen, stehen vor <strong>zu</strong>sätzlichen Herausforderungen. Sie werden teilweise in<br />

Sonderschulen unterrichtet, da sie in Regelschulen dem Unterrichtsstoff nicht folgen könnten. Auch die soziale Lage ausländischer<br />

Schüler*innen mit dem Schwerpunkt Lernen ist schlechter, als die der deutschen Schüler*innen mit diesem Förderschwerpunkt.<br />

Dies hängt mit deren Wohnverhältnissen, sowie höherer Kinder- bzw. Geschwisteranzahl und einem niedrigen Bildungsstand <strong>zu</strong>sammen<br />

(Klein, 2001, S. 51).<br />

Zusammenfassend kann eine enge Verbindung zwischen Verhaltensauffälligkeit und Lernbehinderung festgestellt werden. Der<br />

soziale Hintergrund und die Herkunft der Kinder und Jugendlichen spielen dabei eine große Rolle. Über die medizinische Diagnose<br />

hinaus müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden um Schüler*innen mit Lernbehinderung und Verhaltensauffälligkeiten<br />

adäquat <strong>zu</strong> unterstützen.<br />

Quellen:<br />

Becker, Ulrike (2008). Lern<strong>zu</strong>gänge Integrative Pädagogik mit benachteiligten Schülern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

Bundschuh, Konrad (2003). Emotionalität, Lernen und Verhalten, Ein heilpädagogisches Lehrbuch. Klinkhardt Julius Verlag.<br />

Klein, Gerhard (2001). Sozialer Hintergrund und Schullaufbahn. Zeitschrift für Heilpädagogik. Ausgabe 2001. S. 51-62.<br />

Lernbehinderung.com (2018): Definition Lernbehinderung, Zugriff am 07. Mai 2018 unter http://lernbehinderung.com/.<br />

Wernig, Rolf und Lütje -Klose, Birgit (2016). Einführung in die Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen. München, Basel: Ernst Reinhardt Verlag.<br />

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