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FINE Das Weinmagazin - 04/2018

Themenschwerpunkte der 43. Ausgabe sind unter Anderem: Die großen Taurasi aus der Campania: MASTROBERARDINO Weitere Themen sind: CAHORS Malbec: Schwarzer Wein aus dem Cahors BORDEAUX Château Biac: Das Weingut der Familie Asseily SAUTERNES Vierhundert Jahre Château Lafaurie-Peyraguey CHAMPAGNE Die Grande Cuvée Editions der Maison Krug CHAMPAGNE Wachwechsel bei Dom Pérignon WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase im Restaurant Steirereck in Wien DAS GROSSE DUTZEND San Leonardo, Trentino PRIORAT Der Celler Vall Llach in Porrera SÜDTIROL Hans Terzer und die Kellerei St. Michael-Eppan SÜDTIROL Hand aufs Herz: Die Tenuta Manincor TASTING Zehn Jahre danach: Rieslinge von 2008 DIE PIGOTT KOLUMNE An der schönen heißen Donau FRAUEN IM WEIN Mit eigenem Kopf: Die Quereinsteigerin Liv Vincendeau VINOTHEKEN Die K&U Weinhalle in Nürnberg GENIESSEN Süßes mit Reifem DIE WÜRTZ KOLUMNE Traumweine: Die Großen Gewächse 2017 WEIN UND ZEIT Die erste Saar-Mosel-Weinbaukarte WEINHAMMER Zeitenwende: Das Weinauktionsjahr 2018 MOSEL Nik Weis vom St. Urbans-Hof in Leiwen

Themenschwerpunkte der 43. Ausgabe sind unter Anderem:

Die großen Taurasi aus der Campania: MASTROBERARDINO

Weitere Themen sind:
CAHORS Malbec: Schwarzer Wein aus dem Cahors
BORDEAUX Château Biac: Das Weingut der Familie Asseily
SAUTERNES Vierhundert Jahre Château Lafaurie-Peyraguey
CHAMPAGNE Die Grande Cuvée Editions der Maison Krug
CHAMPAGNE Wachwechsel bei Dom Pérignon
WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase im Restaurant Steirereck in Wien
DAS GROSSE DUTZEND San Leonardo, Trentino
PRIORAT Der Celler Vall Llach in Porrera
SÜDTIROL Hans Terzer und die Kellerei St. Michael-Eppan
SÜDTIROL Hand aufs Herz: Die Tenuta Manincor
TASTING Zehn Jahre danach: Rieslinge von 2008
DIE PIGOTT KOLUMNE An der schönen heißen Donau
FRAUEN IM WEIN Mit eigenem Kopf: Die Quereinsteigerin Liv Vincendeau
VINOTHEKEN Die K&U Weinhalle in Nürnberg
GENIESSEN Süßes mit Reifem
DIE WÜRTZ KOLUMNE Traumweine: Die Großen Gewächse 2017
WEIN UND ZEIT Die erste Saar-Mosel-Weinbaukarte
WEINHAMMER Zeitenwende: Das Weinauktionsjahr 2018
MOSEL Nik Weis vom St. Urbans-Hof in Leiwen

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Im blauen Overall steht Pebeyre an einem Metalltisch<br />

und sortiert frische Trüffeln: Ein kleiner Schnitt<br />

mit dem Messerchen zeigt die weiße Maserung der<br />

schwarzen Périgord-Trüffel mit dem lateinichen<br />

Namen Tuber melanosporum. Der Raum ist vom<br />

intensiven Aroma durchdrungen. Die besten und<br />

schönsten Trüffeln werden frisch an Liebhaber und<br />

Restaurants in aller Welt verschickt, die anderen zu<br />

Dosenware verarbeitet.<br />

Für schwarze Edeltrüffeln ist der Februar die<br />

beste Zeit, zu viele werden noch etwas unreif<br />

und auch zu teuer schon im Dezember und zu<br />

Weihnachten gegessen. Am Abend rührt Babette<br />

Pebeyre ihre köstliche Brouillade de Truffes, ein<br />

sahniges Trüffelomelette. »Cahors-Wein mit seinem<br />

kräftigen Tannin passt besonders gut zum etwas<br />

fetten Omelette«, sagt ihr Mann. Dann bereitet er<br />

Truffes sous la Cendre – Trüffeln in der Asche, die in<br />

Speck und Alufolie gewickelt an der Glut des offenen<br />

Kaminfeuers gegart werden. »Schwarze Trüffeln<br />

müssen anders als die weißen aus dem Piemont<br />

immer gegart verzehrt werden«, sagt Pierre-Jean<br />

Peybere. »Es ist einfach dumm, sie roh über Pasta<br />

zu reiben.«<br />

Während es im 20. Jahrhundert mit den Trüffeln<br />

in Frankreich und um Cahors bergab ging, etablierte<br />

sich der Cahors-Wein in der Region – bis er im Jahr<br />

1956 das zweite Desaster erlebte: Starker Frost vernichtete<br />

die Weinberge fast vollständig. Daher sind<br />

heute nur sehr wenige Rebstöcke älter als fünfzig<br />

Jahre. 1971 bekam das Anbaugebiet den Status der<br />

kontrollierten Ursprungsbezeichnung AOC. Seitdem<br />

muss ein Cahors mindestens siebzig Prozent<br />

Malbec enthalten. Der Wein blieb dennoch eine<br />

kleine regionale Spezialität. Mit Ausnahme der<br />

Erzeugnisse einiger weniger Spitzengüter galt er<br />

zu Recht als zu rustikal, zu gerbstoffreich und zu<br />

wenig fruchtig. Ganz anders der leicht zugängliche<br />

Malbec aus Argentinien, dessen Anbaufläche auf<br />

mehr als zwanzigtausend Hektar angewachsen ist.<br />

Eine erste Qualitätsoffensive für die Region<br />

unternahm vor der Jahrtausendwende Alain<br />

Dominique Perrin, der Präsident des Luxuskonzerns<br />

Cartier. Der feinsinnige Gründer der Cartierstiftung<br />

für zeitgenössische Kunst hatte zu Beginn der 1980er<br />

Jahre im Lot das seit einem halben Jahrhundert verlassene<br />

Château Lagrezette erworben, eine im 16.<br />

Jahrhundert erbaute wehrhafte Trutzburg, für die<br />

sich ein paar Jahre zuvor schon das dänische Königspaar<br />

interessiert hatte. Königin Margarethe und ihr<br />

aus Südwestfrankreich stammender und im vergangenen<br />

Februar verstorbener Prinzgemahl Henrik<br />

hatten dann aber doch das noch schöner über dem<br />

Fluss liegende Château de Cayx mit seinen Weinbergen<br />

zu ihrer Frankreich-Residenz erwählt.<br />

Alain Dominique Perrin hatte erst bei der Unterschrift<br />

unter die Kaufurkunde für Château Lagrezette<br />

von seinem Notar erfahren, dass sein schönes Schloss<br />

ehemals auch ein Weingut gewesen war. Er ließ<br />

mit viel Geld nicht nur das Schloss, sondern auch<br />

die Weinberge und Keller restaurieren, wurde zum<br />

Winzer und schuf mit Hilfe des Weinberaters Michel<br />

Rolland in wenigen Jahren einen der besten Cahors-<br />

Weine. Dann schlug er als Präsident des Weinbauverbandes<br />

vor, eine Klassifizierung der Cahors-Weine<br />

bis zum Grand Cru einzuführen. Sein Ansinnen,<br />

schlechte Lagen auf der untersten Terrasse am Fluss<br />

Lot einfach aufzugeben, stieß aber auf so großen<br />

Widerstand bei weniger begüterten Winzern, dass<br />

er 2002 enttäuscht zurücktrat.<br />

Danach zerstritt sich die Winzervereinigung,<br />

und die Preise für ihre Weine stürzten in fünf Jahren<br />

um fünfzig Prozent. Damit kam die Stunde für Jérémy<br />

Arnaud, einen agilen Marketingexperten aus der<br />

Provence, der Politologie, Weinrecht und Weinhandel<br />

studiert hatte. Vor zehn Jahren entwickelte<br />

der heute Dreiundvierzigjährige ein neues Konzept<br />

und eine neue Dynamik für das Cahors. Er lenkte<br />

den Blick der Winzer nach Südamerika und lehrte<br />

sie, nicht neidisch auf den Erfolg des argentinischen<br />

Malbec zu sein, sondern sich daran anzuhängen. Die<br />

neue Strategie – Cahors = Malbec = France – stellte<br />

Cahors als die historische Heimat des Malbec heraus.<br />

<strong>Das</strong> internationale Ansehen des argentinischen<br />

Malbec war in den 1990er Jahren kräftig<br />

gestiegen. Mit Hilfe von Ratgebern aus<br />

Europa hatte man begonnen, Qualitäts- statt Massenweine<br />

zu erzeugen. Französisch-argentinische<br />

Kooperationen wie die von Château Mouton<br />

Rothschild oder das 1999 begonnene Engagement<br />

von Château Cheval Blanc bei Terrazas de los Andes<br />

machten Furore. Jérémy Arnaud organisierte eine<br />

Argentinien-Reise mit Winzern, Händlern und Lokalpolitikern<br />

aus dem Cahors. In Luján de Cuyo in der<br />

Provinz Mendoza konnte er sie überzeugen, einerseits<br />

auf mehr Qualität und andererseits auf eine internationale<br />

Strategie zu setzen. Als neuer Brandname<br />

stand nun Cahors-Malbec auf den Etiketten. Zu den<br />

Internationalen Malbec-Tagen in Cahors wurden<br />

auch argentinische Winzer und Politiker aus Luján<br />

de Cuyo eingeladen. »The French Malbec« trat beim<br />

World Malbec Day der Argentinier und anderen<br />

großen Weinmessen auf. Schon nach wenigen Jahren<br />

zeigte sich der Erfolg: Die Exporte verdoppelten<br />

sich zwischen 2011 und 2016.<br />

Wir sind auf einer Rundfahrt durch das<br />

malerische Tal des Lot. »Dem südamerikanischen<br />

Sonnenwein, dem Vino del sol, stellen wir den<br />

französischen Vin du sol gegenüber, den Wein des<br />

Bodens und des Terroirs«, sagt Jérémy Arnaud. Er<br />

weiß, dass man in Konkurrenz zum fruchtigen Malbec<br />

aus Argentinien langfristig bei Kennern nur mit<br />

strukturreichen Weinen erfolgreich sein kann. Und<br />

da hat Cahors mit seinem vierzig Kilometer langen<br />

Anbaugebiet am Lot viel zu bieten. Im Tal des Flusses<br />

mit seinen fünfzehn Mäandern, den sanften Ebenen<br />

und karstigen Anhöhen gibt es unzählige Kleinlagen.<br />

Wein wird seit jeher am Flussufer angebaut, neben<br />

Tabak, Getreide, Pfirsichen oder Erdbeeren, dann<br />

auf den langsam aufsteigenden flachen Terrassen,<br />

den steilen Hängen mit zerklüfteten felsigen Einschnitten<br />

und auf dem bewaldeten Hochplateau,<br />

den Causses. »<strong>Das</strong> ist hier komplexer als das Barolo-<br />

Gebiet«, meint Arnaud.<br />

Von einem Aussichtspunkt blicken wir auf<br />

eine der großen Schleifen des Lot. Unten liegt eine<br />

Kapelle, in der man der Flussschiffer gedachte, die<br />

in früheren Jahrhunderten beim gefährlichen Transport<br />

der Weine ums Leben gekommen sind. Am Ufer<br />

liegen nur noch wenige Weingärten inmitten der<br />

Felder. Dort entstehen einfachere Weine. Auf den<br />

flachen Terrassen, den Steillagen und auf dem Plateau<br />

in zweihundertfünfzig bis dreihundertfünfzig Metern<br />

Höhe gewinnen die Trauben mit wachsendem Kalkgehalt<br />

und Mineralität mehr Intensität und Komplexität.<br />

Wir fahren an alten und an neu gepflanzten Weingärten<br />

vorbei und an einer mit einem bemoosten<br />

Steinwall geschützten Truffère mit älteren Trüffel-<br />

Eichen.<br />

Inzwischen kommen sogar Weinmacher aus<br />

Argentinien ins Tal des Lot zurück. Ein prominentes<br />

Beispiel ist Hervé Joyaux, ein Weinhändler aus<br />

Bordeaux, den ich zum Trüffelomelette in einem<br />

einfachen Landgasthaus treffe. Zu Beginn der 1990er<br />

Jahre hatte er sich in Argentinien engagiert, um dort<br />

als einer der Ersten besonders hochwertige Malbec-<br />

Weine zu erzeugen. 2017 ging er den umgekehrten<br />

Weg und kaufte zusammen mit einem Partner für<br />

seine Handelsgesellschaft drei Weingüter im Cahors.<br />

Und nun, fünfzehn Jahre nach der ersten<br />

Initiative von Alain Dominique Perrin, steht auch<br />

die Klassifizierung der Cahors-Weine wieder auf der<br />

Diametral: Le Pigeonnier, der Spitzenwein von Château<br />

Lagrézette, ist ein reiner Malbec, der hoch gehandelt wird.<br />

Während der schwarze Wein des Cahors aus der Krise<br />

herausgefunden hat, steckt die schwarze Trüffel der Region<br />

mit verschwindend geringen Erträgen mittendrin.<br />

Tagesordnung. Alle Beteiligten sind sich klar darüber,<br />

dass es sehr lange dauern wird, bis die französischen<br />

Weinbehörden solch einen Schritt vollziehen und<br />

sich die besten Gewächse Crus oder Grand Crus<br />

nennen dürfen. Für den Strategen Jérémy Arnaud<br />

und die Spitzenwinzer geht es deshalb vor allem<br />

darum, Qualität und individuelle Stilistik der Weine<br />

weiter auszubauen, auch ohne neue Rangordnung.<br />

Arnaud gibt historische Studien in Auftrag, lässt<br />

Lagen und Terroirs noch intensiver erforschen. »Es<br />

gilt, den Cahors zu einem der großen Terroir-Weine<br />

der Welt zu machen.« Einige Winzer sind diesem<br />

Ziel schon sehr nahe gekommen.<br />

C A H O R S<br />

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