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IM KW 08

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Im Bann des Magyaren<br />

Umjubelter Jazzknödel mit dem László Demeter Quartett<br />

(tamt) Abermals eine musikalische Jazzknödel-Delikatesse<br />

wurde jüngst im Imster Gasthof Hirschen mit dem mitreißenden<br />

László Demeter Quartett aufgetischt, das mit Eigenkompositionen<br />

des Namensgebers dem Publikum im wahrsten Sinne des<br />

Wortes die Sprache raubte.<br />

Kopf und Herz des Quartetts: László<br />

Demeter, lebend im Außerfern<br />

Am Anfang war das tierhafte<br />

Schnauben des Didgeridoos, dem<br />

eigenwilligen und fordernden Holzblasinstrument<br />

der australischen Ureinwohner.<br />

Meisterhaft beherrscht von<br />

Martin Seeliger, scheint der ausgehöhlte<br />

Eukalyptusstamm eine hypnotische<br />

Ur-Kraft, weckt Assoziationen, lässt<br />

denken an Lovecraft-Schlummermonster<br />

Cthulhu oder die hinduistische<br />

Götterschlange Anantashesha, die in<br />

den Tiefen des bengalischen Golfs das<br />

Ende der Zeit erwartet. Tatsächlich ist<br />

es aber die „Kyrie“, ein Gruß an die<br />

Toten, ein Gebet für jene, die vor uns<br />

kamen und unserer unvermeidlichen<br />

Heimkehr harren, erklärt László Demeter<br />

– und er muss es wissen, stammt<br />

das Stück doch ebenso wie alle anderen<br />

Genüsse des Abends aus seiner<br />

Feder. Der in Lechaschau lebende Maestro<br />

mit dem sympathischen Akzent<br />

aus Ungarn, dem Land der Magyaren,<br />

nimmt seinen Platz am Schlagzeug<br />

ein, ist Zeremonienmeister seiner eigenen<br />

Kompositionen, verewigt auf drei<br />

Silberscheiben, gewiss nur darauf wartend,<br />

zu Standards zu werden. Neben<br />

Der Herr und Gebieter der Aerophone:<br />

Martin Seeliger<br />

dem auf allerhand Blasinstrumenten<br />

versierten Seeliger begleiten Demeter<br />

der virtuos in Sphären schwebenden<br />

Pianist Clemens Ebenbichler und<br />

Bassist Reinhard Kröss, bekannt und<br />

geschätzt in vielerlei Formationen. Zusammen<br />

nehmen sie die Zuhörer an<br />

der Hand, tanzen mit „Time Space“<br />

am Ereignishorizont des Schwarzen<br />

Lochs inmitten der Milchstraße, gehalten<br />

nur von den Fäden einprägsamer,<br />

mitreißender Melodien. Dann geht es<br />

mit „Home“ zurück an das prasselnde<br />

Kaminfeuer des eigenen Zuhauses,<br />

nur um ein Stück später anhand von<br />

„Manhattan Walk“ in die Hektik an<br />

den Ufern des Hudson River einzutauchen,<br />

wo der Tod im endlosen Verkehr<br />

an jeder Kreuzung auf Ungestüme<br />

lauert und so doch zur Lebensfreude<br />

ermahnt. Die gemeinsame Reise ist<br />

geprägt von Respekt. Das Publikum<br />

hört aufmerksam zu, hüllt sich in<br />

Schweigen, lediglich durchbrochen<br />

vom Applaus für die Solisten. Das<br />

erfreute Quartett dankt wiederum mit<br />

musikalischen Höchstleistungen und<br />

sprühender Leidenschaft.<br />

Die Protagonisten des 71. Jazzknödels: Martin Seeliger, László Demeter, Reinhard<br />

Kröss und Clemens Ebenbichler<br />

RS-Fotos: Matt<br />

ABSCHIED. Doch jede Fahrt,<br />

jede noch so in Ewigkeit schwelgende<br />

Odyssee muss irgendwann<br />

ans Ziel führen, ebenso wie dieser<br />

bescheidene Bericht eines Ohrenzeugen,<br />

der sich den tatsächlichen<br />

Begebenheiten vielleicht annähern,<br />

aber niemals gerecht werden könnte.<br />

Am Ende steht wieder das Didgeridoo,<br />

zitternd erfüllt vom Odem des<br />

Lebens. Ein Lebewohl an das Publikum,<br />

das nun das Schiff verlassen<br />

und wieder in den Alltag zurückkehren<br />

muss, während Cthulhu sich in<br />

der verlorenen Stadt R’lyeh wieder<br />

seinen Träumen hingibt und Anantashesha<br />

zufrieden den Kopf in den<br />

Sand legt. Doch auch dieses Mal<br />

ist es ein Gruß, ein Gebet für jene,<br />

die nach uns kommen und die Fackel<br />

weiter tragen werden. Demeter<br />

und sein Quartett verbeugen sich im<br />

stürmischen Beifall, danken herzlich<br />

für die Aufmerksamkeit. Doch<br />

da, eine Zugabe: Noch ein letztes<br />

Mal spielt der Schöpfer seiner eben<br />

gehörten Werke mit jeder Faser seines<br />

Körpers, seine Mitstreiter folgen<br />

ihm mit demselben Enthusiasmus,<br />

bis sich schließlich der letzte Ton im<br />

Wintergarten des Gasthofs verliert.<br />

Ein Fest für Augen und Ohren, das<br />

auch den gastgebenden Hirschen-<br />

Wirt Hannes Staggl um ein Mikrofon<br />

bitten lässt – für Worte des<br />

Dankes, des Respekts und die Einladung,<br />

doch noch ein wenig bei Wein<br />

und gutem Essen zu verweilen.<br />

Auch hier ein unverzichtbares Element:<br />

Reinhard Kröss<br />

20./21. Februar 2019<br />

Begeisternd in Solo und Begleitung:<br />

Clemens Ebenbichler<br />

RUNDSCHAU Seite 39

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