Kulturfenster Nr. 01|2019 - Februar 2019
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Das Thema<br />
Chor ohne Noten<br />
Singen mit oder ohne Noten?<br />
Singen im Chor ohne Noten kann zu einem tieferen Erleben des Klangmoments führen.<br />
„Chor ohne Noten“ - dieses Thema wurde u.a. kürzlich in „Chorzeit“, dem Magazin des<br />
Deutschen Chorverbandes, diskutiert. Darin ging es vor allem um die Frage, ob beim Konzert<br />
mit oder ohne Noten gesungen werden soll. Interessant ist aber auch das Thema, ob<br />
schon in der Probe auf Noten verzichtet werden kann. Tatsächlich scheint es vielen Chorleitern<br />
und Musikpädagogen ein sinnvoller Ansatz, in der Chorprobe neue Stücke ganz<br />
ohne Unterlage einzulernen. Das traditionelle Bild der Chorprobe ist, dass neue Lieder<br />
mit Noten einstudiert werden. Im Konzert kann man dann immer noch auswendig singen<br />
oder wie es meist der Fall ist, sich an den Notenmappen orientieren.<br />
Es gibt Argumente, die für die diese traditionelle<br />
Vorgangsweise sprechen, in der<br />
Diskussion wurde aber auch klar, dass<br />
es Vorteile des Singens ohne Noten gibt.<br />
Grundsätzlich stellen viele Chorleiter<br />
und Musikpädagogen fest, dass Notenblätter<br />
eine Art von Sicherheit vermitteln,<br />
in vielerlei Hinsicht – dem Chorleiter und<br />
den Sängern. Sie haben etwas, woran sie<br />
sich „festhalten“ können, im wörtlichen<br />
wie im übertragenen Sinn.<br />
Wie bei jedem Vortrag, sei es ein literarisches<br />
Werk, ein Theaterstück o.a.,<br />
ist es etwa ein großer Vorteil, wenn man<br />
als Vortragender bzw. Sänger den Überblick<br />
über das ganze Stück hat und so<br />
von vorneherein sich mit dem Stück vertraut<br />
machen kann, eventuell auch in einer<br />
persönlichen Auseinandersetzung.<br />
Das machen Noten möglich. Der Sänger<br />
hält den gesamten Ablauf in seinen Händen<br />
und sieht die Einsätze der anderen<br />
und freilich auch seine Einsätze. Er kann<br />
den Text ablesen, nachlesen und natürlich<br />
auch Melodie und Rhythmus „lesen“,<br />
wenn er die Notenschrift beherrscht. Ein<br />
weiteres Argument ist, dass man mit Noten<br />
grundsätzlich schneller und unkomplizierter<br />
ein neues Stück einlernen kann.<br />
Die Noten sind die Grundlage für die Verständigung<br />
in der Probe: Sänger und Chorleiter<br />
können sich beim Einstudieren an<br />
den verschriftlichten Zeichen orientieren:<br />
Proben geht klarer und schneller als wenn<br />
keine Noten da wären. Voraussetzung dafür<br />
ist allerdings, dass die Chorsänger sich<br />
wirklich in den Noten zurecht finden. Und<br />
das ist in Laienchören gar nicht so selbstverständlich.<br />
Die Kehrseite<br />
Damit wird auch schon die Kehrseite der<br />
Notenblätter angesprochen. Noten geben<br />
Sicherheit und führen zum echten,<br />
freien Singen nur, wenn die Sänger die<br />
Noten auch wirklich beherrschen. In Laienchören<br />
ist dies oft nicht der Fall. Viele<br />
Sänger kennen die Noten überhaupt nicht<br />
oder nur oberflächlich und kommen mit<br />
Blättern mit vier Notensystemen nicht so<br />
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