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der-Bergische -Unternehmer_0319

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Kleine Risse und Verfärbungen erzählen davon, was für eine Geschichte ein Buch<br />

o<strong>der</strong> Bild erlebt hat. Sie sind Zeugen dafür, dass das Papier schon mehrere Jahre,<br />

manchmal auch Jahrhun<strong>der</strong>te alt ist. Auf ihm sind Zeichnungen, Grafiken o<strong>der</strong> Gemälde<br />

zu sehen. An<strong>der</strong>e geben Auskunft über Familienstammbäume o<strong>der</strong> Buchführungen<br />

von Firmen. Es sind wertvolle Zeitzeugen, die den kommenden Generationen<br />

noch viel zu erzählen und über die Vergangenheit zu lehren haben. Doch <strong>der</strong> Zahn<br />

<strong>der</strong> Zeit, Licht und Feuchtigkeit, setzen ihnen stark zu. Damit sie <strong>der</strong> Nachwelt erhalten<br />

bleiben, müssen sie aufgearbeitet und konserviert werden. Genau das ist die<br />

Aufgabe von Marita Kuhn.<br />

Marita Kuhn, (r.)<br />

Diplom-Restauratorin,<br />

hat sich<br />

vor 20 Jahren als<br />

„Paperdoc“ mit<br />

dem Atelier für<br />

Papierrestaurierung<br />

selbständig<br />

gemacht.<br />

Izabella Waligorski,<br />

Diplom-Restauratorin,<br />

arbeitet<br />

seit einigen<br />

Jahren mit Marita<br />

Kuhn zusammen.<br />

Seit 2007 betreibt die Diplom-Restauratorin<br />

in <strong>der</strong> Altstadt von Remscheid-Lennep ihr<br />

Atelier für Papierrestaurierung „Paperdoc“,<br />

nachdem sie zuvor ihre Werkstatt<br />

sieben Jahre in Leverkusen hatte. „Ich kannte Lennep<br />

vorher gar nicht und habe es zufällig bei einem<br />

Neujahrssparziergang kennengelernt“, erzählt Marita<br />

Kuhn. Doch schnell sei ihr klar gewesen: Ihre Arbeit<br />

und <strong>der</strong> historische Stadtkern passen gut zusammen.<br />

Das Ambiente des alten Fachwerkhauses harmonisiert<br />

mit ihrer Werkstatt, die vor allem von Auftragsarbeiten<br />

von Museen, Archiven, Bibliotheken,<br />

Sammlern, aber auch Privatpersonen lebt. „Es gibt<br />

immer etwas zu tun“, sagt sie mit einem Lächeln.<br />

Familienbibeln und Kupferstiche<br />

Bevor sie ihr Studium „Restaurierung und Konservierung<br />

von Kunst- und Kulturgut“ mit Spezialisierung<br />

auf Papier an <strong>der</strong> Fachhochschule Köln begann, absolvierte<br />

sie neben verschiedenen vorbereitenden Praktika<br />

auch eine Lehre zur Buchbin<strong>der</strong>in. Diese wichtigen<br />

Handwerkskenntnisse nutzt sie nun, um die aufbereiteten<br />

Dokumente neu zu binden. Neben kleinen Buchreparaturen,<br />

wie die Erneuerung des Buchrückens, fertigt<br />

Kuhn auch Passepartouts für Originaldokumente<br />

an. Rund 1.000 Stück pro Jahr. Auch das Neueinrahmen<br />

eines Bildes zählt dazu. Außerdem werden viele<br />

alte Familienbibeln aus dem 18. Jahrhun<strong>der</strong>t sowie<br />

Kupferstiche zur Restaurierung ins Atelier gebracht.<br />

Aber auch Raritäten, wie ein neun Meter breites chinesisches<br />

Rollbild, gehörten bereits zu den Aufträgen.<br />

Viele Bücher stammen aus dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t, den<br />

Zeiten von Buchdruckerfin<strong>der</strong> Johannes Gutenberg.<br />

Mit Pinsel, Skalpell und Kleber<br />

Bei <strong>der</strong> Säuberung und Konservierung <strong>der</strong> Objekte gehen<br />

die Expertin und ihre Mitarbeiterin, die studierte<br />

Restauratorin für Buch- und Le<strong>der</strong>objekte Izabella Waligorski,<br />

mit Respekt vor. Das Team achtet darauf, alterungsbeständige,<br />

säurefreie Materialien und Hilfsmittel<br />

einzusetzen. Mithilfe eines Latexschwammes wird zum<br />

Beispiel vorsichtig Schmutz von alten Guckkastenbil<strong>der</strong>n<br />

entfernt. Risse werden durch den Einsatz von Japanpapier<br />

auf <strong>der</strong> Rückseite <strong>der</strong> unterschiedlichen Dokumente<br />

fast unsichtbar, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber das<br />

wünscht. Pinsel, Skalpell, Presse o<strong>der</strong> Kleber sind neben<br />

den verpflichtenden Handschuhen weitere Arbeitswerkzeuge.<br />

Zur Beseitigung von Schimmelsporen gibt<br />

es im Atelier eine Kabine als Son<strong>der</strong>anfertigung sowie<br />

einen Spezialsauger.<br />

Man merkt den beiden Restauratorinnen an, dass sie ihren<br />

Job mit viel Freude, Leidenschaft und auch Sorgfalt<br />

ausüben. Schon früh habe für Marita Kuhn festgestanden,<br />

dass sie beruflich in diese Richtung gehen will.<br />

„Ich hatte schon immer den Drang danach, diese Dinge<br />

aufzubewahren“, betont die gebürtige Kölnerin. „Das<br />

ist unser Traumberuf“, ergänzt Izabella Waligorski.<br />

Motivation für die Arbeit ist das Resultat. „Es ist schön,<br />

den Zustand hinterher zu sehen“, schwärmt Kuhn.<br />

Aufarbeitung für Firmenarchive<br />

Spezielle optische Spielereien auf Papier, wie bei den<br />

selten erhaltenen, aus gepresstem Papier hergestellten<br />

Lithophanien haben es <strong>der</strong> Expertin angetan. Beson<strong>der</strong>s<br />

war für sie aber auch die Aufarbeitung alter Akten<br />

einer Remschei<strong>der</strong> Firma, die heute nicht mehr<br />

existiert. Den ersten Buchungsvorgang von 1829, Auftragsbestätigungen<br />

und an<strong>der</strong>e Vorgänge aus dem Archiv<br />

bindet sie nach <strong>der</strong> Aufarbeitung zusammen und<br />

erhält sie so in neuem Gewand für die Nachwelt. Ganz<br />

beson<strong>der</strong>s sei auch die Arbeit an dem ältesten bekannten,<br />

handschriftlich geführten Geschäftsbuch des<br />

Remschei<strong>der</strong> Werkzeughandels gewesen.<br />

Text und Fotos: Anna Mazzalupi<br />

<strong>der</strong> <strong>Bergische</strong> <strong>Unternehmer</strong> 03|19 49

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