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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 63 · 1 6./17. März 2019 – S eite 17<br />
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Berlin<br />
AM WOCHENENDE<br />
Auf Reisen:<br />
Wo die Pandas im Zoo wohnen<br />
Schönes Wochenende Seite 19<br />
Auf Rädern:<br />
Walzer im Rollstuhl<br />
Berlin bewegt sich Seite 20<br />
Ab in den<br />
Süden<br />
BERLIENR ZEITUNG/MARKUS WÄCHTER<br />
AUFGETISCHT<br />
Tina Hüttl<br />
warimCapperi.<br />
Hausmittel gegen<br />
schlechte Laune gibt es<br />
viele, ein Teil der Ratgeberliteratur<br />
lebt davon.<br />
Manchem hilft Musik, anderen<br />
RTL II, wieder anderen das Googeln<br />
von Cellulite an Prominenten-Pos.<br />
Bei mir ist es gutes Essen. Kürzlich<br />
war ich wieder einmal verblüfft, was<br />
es bei mir bewirken kann –vorausgesetzt<br />
,ich finde den richtigen Laden.<br />
Als ich an einem Freitagabend<br />
das Capperibetrat, war meine Laune<br />
miserabel. Auf dem Wegnach Neukölln<br />
hatte mich die Polizei angehalten,<br />
weil an meinem uralten Auto bei<br />
Feuchtigkeit hin und wieder der<br />
Blinker ausfällt. Ich<br />
musste es stehen<br />
lassen und lief den<br />
letzten Kilometer<br />
durch den Regen bis<br />
zum Capperi am<br />
Landwehrkanal –<br />
überzeugt, dass<br />
mich nicht mal<br />
mehr gutes Essen<br />
aufheiternkönnte.<br />
Zum Glück lag<br />
ich vollkommen daneben,<br />
der Abend<br />
wirkte wie ein Kurztrip<br />
in den Süden. Denn das Capperi<br />
versammelt so ziemlich alles, was<br />
man an Italien mag: nette Menschen,<br />
die einen beim Bedienen umsorgen;<br />
Pasta, die so schmeckt, als<br />
hätte sie einem die Mamma zur Stärkung<br />
hingestellt. Und tolle Weine,<br />
die von der Leidenschaft ihrer Winzerzeugen.<br />
In der Küche steht jedoch keine<br />
Mamma, sondern Thomas Mudersbach,<br />
ein deutscher Koch, der an diesem<br />
Ortbereits das MayamUfer betrieben<br />
hatte, bevor er sein Lokal in<br />
Capperi(Kapern) umbenannte.Sein<br />
Mann für die Zutaten wurde der Sizilianer<br />
PietroNicotra, der in Berlin einige<br />
Feinkostläden und Restaurants<br />
beliefert. Nun versorgt erauch das<br />
Capperi mit sizilianischen Tomaten,<br />
Wurst und Käse aus der Heimat, einer<br />
herrlich cremigen Burrata aus<br />
Kampanien und Olivenöl, das seine<br />
Familie herstellt. ZumTeam gesellte<br />
sich außerdem der Naturweinliebhaber<br />
Alessandro, einRömer,der mit<br />
seiner Frau einige Jahre lang den<br />
Neontaster im Wedding betrieben<br />
hatte, ein rein vegetarisches italienisches<br />
Restaurant, das ich gerne besucht<br />
habe.<br />
Kurzum, die herzliche, fast familiäre<br />
Stimmung im Capperi tut mir<br />
gut, vermutlich trägt auch der Wein<br />
dazu bei: Alessandro konzentriert<br />
sich –obwohl auch er ziemlich gut<br />
kochen kann –nur noch auf seine<br />
Leidenschaft für handgemachte Biound<br />
Naturweine. Er hat ein gutes<br />
Dutzend sehr spezieller Winzer ausgewählt<br />
und schenkt mir ein Glas<br />
Arneis von Sergio Ternavasio ein, einem<br />
Weinguru und Puristen aus der<br />
Region Piemont, der die Etiketten<br />
mit Hand entwirft und als einer der<br />
wenigen die sehr alte, säurearme<br />
Weißweinsorte Arneis anbaut.<br />
Dazu esse ich eine Caponata als<br />
Antipasto, die wunderbar süß und<br />
säuerlich zugleich schmeckt. Bekanntlich<br />
entfalten ja schon Farben<br />
auf dem Teller eine positiveWirkung.<br />
Das Dunkelviolett der schmelzigen<br />
Auberginen etwa wirkt reinigend.<br />
Unddas herrliche Rot des Tomatensugo,<br />
der das weiche Gemüse, Kapern,<br />
Oliven und Rosinen geschmacklich<br />
zusammenhält,<br />
erzeugt in<br />
mir eine innere<br />
Wärme, obwohl die<br />
Caponata kalt serviertwird.<br />
Meine Laune ist<br />
jetzt ganz passabel,<br />
sprungartig steigt sie<br />
weiter, als ich die<br />
Pasta probiere. Vier<br />
verschiedene gibt es<br />
standardmäßig auf<br />
der kleinen Kartezur<br />
Auswahl. Ich will die<br />
sehr breiten Tagliatelle mit gezupftem<br />
Rinderragù empfehlen.<br />
Rein wissenschaftlich gelten Eierteigwaren<br />
tatsächlich als Glücksmacher:<br />
Eier fördern die Ausschüttung<br />
von Serotonin, dem Glückshormon,<br />
im Hirn. Außerdem liefern Nudeln<br />
Kohlenhydrate, die diesen Prozess<br />
beschleunigen. Schmecken sie auch<br />
noch so gut wie hier, geht das offensichtlich<br />
rasend schnell. Dieflutschigen<br />
Nudeln und das saftige Ragù mit<br />
in Rotwein eingeköcheltem Wurzelgemüse,<br />
garniert mit feinen Flocken<br />
Parmesan, erweisen sich als mein<br />
perfektes Trostessen. Das Schokotörtchen<br />
mit Orangennoten und<br />
zartschmelzendem Gianduia Nougat<br />
aus Turin ist dann der perfekte<br />
Abschluss für meine Glückstherapie.<br />
Capperi Pannierstraße 32, Neukölln, Mo–Sa<br />
17–13 Uhr,So11–23 Uhr,Tel.: 62 98 99 11<br />
Antipasti kosten7–11,50 Euro,Classics, Pasta<br />
und Secondikosten 12–21 Euro undDesserts<br />
4,50–6,50 Euro.<br />
Urbanstr.<br />
200 m<br />
Schönleinstr.<br />
Capperi<br />
Herrmannplatz<br />
Pannierstr.<br />
Weserstr.<br />
BLZ/REEG<br />
Durchnässt und mies gelaunt betritt Tina<br />
Hüttl das Capperi in Neukölln. Diesen<br />
Abend kann nichts mehr retten, denkt sie.<br />
Doch dann kommt die Caponata<br />
Familienausflug<br />
Mit Leib<br />
und Seele<br />
VonBarbaraWeitzel<br />
Gemeinsames Singen macht besondersglücklich.<br />
MAREN GLOCKNER<br />
Was macht noch froher,als Musik<br />
zu hören? Richtig, singen. Der<br />
eine trällertunter der Dusche,andere<br />
drehen gern das Autoradio auf und<br />
stimmen lauthals ein, und wieder andere<br />
stehen dabei am liebsten auf<br />
Bühnen. Sie alle eint: Unglücklich<br />
sieht niemand dabei aus, nicht einmal,<br />
wenn es ein trauriges Lied ist.<br />
Singen produziert Glückshormone,<br />
vertreibt die Stresshormone und ist<br />
so auch für den Körper gesund, für<br />
Herz,Kreislauf und Lungen. Am allergesündesten<br />
und beglückendsten ist<br />
jedoch das gemeinsame Singen.<br />
DieUniversität der Künste lädt regelmäßig<br />
Familien zum Mitsingkonzert.Das„Offene<br />
Singen“ ist eine Kooperation<br />
des Staats- und Domchores<br />
Berlin, des Mädchenchores der<br />
Singakademie und der „Neuen<br />
Nachbarschaft Moabit“, einem Begegnungsort<br />
für <strong>Berliner</strong> und Geflüchtete<br />
aus Afghanistan, Albanien,<br />
Irak, dem Tschad, Syrien und Tschetschenien.<br />
Seit 2017 werden dortKinderbücher<br />
gemalt, geschrieben und<br />
herausgegeben. Die musikalische<br />
Lesung eines Werkes von Amina Gisaevaaus<br />
Tschetschenien ist Teil des<br />
Konzerts und gibt der Veranstaltung<br />
ihren verheißungsvollen Titel: „Das<br />
Schwein, das Ostereier legen<br />
konnte“. Schließlich wird es Frühling.<br />
Dermacht auch glücklich.<br />
Das Schwein, das Ostereierlegenkonnte Offenes<br />
Singen für Familien. Universität der Künste, Probensaal,<br />
Bundesallee 1–12 ,Sa11Uhr,Eintritt frei