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Berliner Kurier 17.03.2019

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14 JOURNAL BERLINER KURIER, Sonntag, 17.März2019<br />

Brecht 1931 in seiner Wohnung in Berlin –erflüchtete 1933<br />

mit seiner Familie und Freunden aus Deutschland.<br />

Brechts Sommerresidenz in Buckow,erbewohnte sie von<br />

1952 bis 1971. Helene Weigel (unten) war26Jahremit<br />

ihm verheiratet und verwaltete nach seinem Todsein Erbe.<br />

Fotos: WDR/Interfoto, WDR/Stefan Falke, WDR/Bavaria Fiction/Ludolph Weyer, WDR/Bavaria/Stefan Falke, Imago, imagno<br />

Ein Leben fürs Theater.<br />

TomSchilling als junger<br />

Brecht in einer Filmszene<br />

lernt Marianne Zoff kennen.<br />

Die Beziehung zu der Opernsängerin,<br />

die er in ihrer Rolle<br />

als „Carmen“ anbetet, entwickelt<br />

sich dramatisch. Sie ist<br />

seit Jahren mit einem Geschäftsmann<br />

und Verleger liiert;<br />

und Brecht reagiert rasend<br />

eifersüchtig, obwohl er selbst<br />

an Bi festhält.<br />

Brecht will alles haben: „Ich<br />

will Timbuktu und ein Kind<br />

und ein Haus und ohne Tür und<br />

will allein sein im Bett und mit<br />

einer Frau im Bett ...“<br />

Und warum?<br />

Das beantwortet er selbst:<br />

„Mit der Begründung, dass ich<br />

nur einmal vorhanden bin!“<br />

Marianne und er heiraten<br />

schließlich.<br />

Es folgen weitere Geliebte, es<br />

folgt Helene Weigel, die Brecht<br />

1927 in seiner <strong>Berliner</strong> Zeit kennenlernt.<br />

Sie will Schauspielerin<br />

werden. Er zieht in ihre<br />

Mansardenwohnung in der<br />

<strong>Berliner</strong> Spichernstraße 16 und<br />

heiratet sie nach dem Scheitern<br />

seiner Ehe mit Martina Zoff –<br />

sie ist später mit Theo Lingen<br />

zusammen.<br />

Helene Weigel wird Zeit ihres<br />

Lebens alles für Brecht regeln –<br />

und seine Liebschaften ertragen<br />

wie die zu der dänischen<br />

Schriftstellerin Ruth Berlau<br />

oder der deutschen Schriftstellerin<br />

Elisabeth Hauptmann.<br />

Natürlich ebenso seine letzte<br />

Geliebte Isot Kilian.<br />

Oder seine Verehrung für die<br />

Schauspielerin Regine Lutz, die<br />

1949 ans <strong>Berliner</strong> Ensemble<br />

kommt. Helene Weigel wird<br />

zeitlebens die „untragbaren<br />

Weibergeschichten“ beklagen.<br />

Die Weigel eben, wie sie oft<br />

genannt wurde. In dem Film<br />

wird sie von Lou Strenger (die<br />

Jahre 1927–1933) und später<br />

von Adele Neuhauser (die Jahre<br />

1947–1956) gespielt. Neuhauser<br />

über die einstige Intendantin<br />

des <strong>Berliner</strong> Ensembles,<br />

die 1971 starb: „Ihre langjährige,<br />

auch schmerzliche Beziehung<br />

zu Brecht hat sie auf ganz<br />

besondere Art geprägt.“<br />

Dabei hielt Brecht stets einen<br />

Blick als sich auf Privatperson<br />

für „überflüssig“. Breloer: „Er<br />

sprach nicht gerne über seine<br />

Person oder gar persönliche<br />

Probleme.“ Auffällig sei das vor<br />

allem nach 1945 gewesen.<br />

HeleneWeigel<br />

schimpfteüber<br />

seine„untragbaren<br />

Weibergeschichten“.<br />

Brecht wich gerne aus. „Ein<br />

junger Mann aus gutbürgerlichen<br />

Verhältnissen mit einem<br />

abgebrochenen Medizinstudium<br />

hatte bald vier Kinder von<br />

drei Frauen, aber gleichzeitig<br />

Hunderte bedeutender Gedichte<br />

und dazu einige Dramen verfasst.“<br />

Es sei daher die Widersprüchlichkeit<br />

dieser Person gewesen,<br />

die ihn gereizt habe, sagt Breloer.<br />

Dieses Mannes, der sich irgendwann<br />

eine harte Schale zulegte,<br />

der tobte, wenn jemand<br />

weinte, privat oder auf der Bühne,<br />

eines Mannes, der unter<br />

Herzanfällen und Todesangst<br />

litt.<br />

Acht Jahre arbeitete Heinrich<br />

Breloer an dem Film und an seinem<br />

Buch. Er erlebte bewegende<br />

Momente, wenn er beispielsweise<br />

an Brechts Schreibtisch<br />

saß –indessen letzter Wohnung<br />

(von 1953–1956) in der<br />

Chausseestraße 125. Dort hatte<br />

Brecht zwei Arbeitszimmer,<br />

ein kleineres mit Kachelofen,<br />

zwei Tischen für den Besuch<br />

und der Bibliothek sowie ein<br />

großes Zimmer, in dem mehrere<br />

Tische und ein Stehpult aufgestellt<br />

wurden.<br />

„So konnte Brecht an verschiedenen<br />

Projekten gleichzeitig<br />

arbeiten“, erklärt Breloer.<br />

Und er fügt hinzu: „Ich wollte<br />

Brecht aus seiner Zeit heraus<br />

verstehen, so nah wie möglich<br />

an ihn herankommen und zeigen,<br />

was man da sieht.“<br />

Berlin hat Mitte der 20er-Jahre<br />

rund 3,4 Millionen Einwohner<br />

und ist damit eine der größten<br />

Städte der Welt, Hauptstadt<br />

eines Landes, das nach dem Zusammenbruch<br />

der alten Ordnungen<br />

von Monarchie und Militär<br />

die neue liberale Demokratie<br />

ausprobiert. Berlin wird Zeitungs-<br />

und Kino-Metropole. In<br />

Potsdam-Babelsberg arbeiten

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